Wortmilch (entrahmt, pastiorisiert)

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Svalin

Mitglied
X. [ Mutartefakte: Armut ]

Herzkrankestes Groschengrab. Du willst noch was?
Wuchs Befeuerung, Wirbelkanalspital? Trog Pastoralspinat?
Modeweiten schluchzen, weiße Scheibe!
Boykottiert Monde aus Weitblick. Andenkenschinder
vor Felsinseln klau. Heimgesucht: germanisch Patente.
Bei Arretierung Zeh weg. Nur per Körperkastratsubstanz!
Aufschlagverlust ist Lustverschlag auf Tanzsubstrat.
Kasperkörper, nur Wegzehrung! Tiere arbeiteten panisch
Magersucht-Geheimklauseln in Felsvorderschinken.
Den Anblick weitaus demontiert, Kotboy, bescheiße
Weizen, Schluchten, Weidemonat, Spiraltopas, Trogtal.
Spinalkabelwirrung: Efeubewuchs.
Was noch willst du grabschen? Groteskes Kranherz.


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Stern

Mitglied
Hallo Martin,

ich bin ganz stolz, dass ich diesmal ohne Nachhilfe hinter das Prinzip kam. Es ist genial und ich frage mich, wie du das machst und wann und warum...??? Nur um dir den einen oder anderen Kommentar einzufangen? Macht es wirklich Spass? Ist es nicht ein unglaubliches - Gegrübel?

Fasziniert, wie immer,

Natalie
 

Tassilo

Mitglied
Hallo Martin,

mit deinen Werken muss ich mir immer ein bisschen mehr Zeit lassen.
Und je mehr ich mich dann hineinlese, umso faszinierter bin ich. :)
Wie du mit Silben umgehst, sie findest und zusammenfügst, mutet manchmal schon sehr waghalsig an, und erinnert tatsächlich an Klettern auf einem Grat.
An anderer Stelle erwähntest du die dünne Luft beim Erklimmen deiner Ideen und ich muss gestehen, dass mir auch als Leser manchmal förmlich die Luft wegbleibt angesichts dieser Textschöpfung.

Unbegreiflich ist auch mir, wie du das machst. Man muss schon einen besonderen Blick, ein besonderes Gefühl für Sprache haben, um so etwas zustande zu bringen.

Glückwunsch! :)

Viele Grüße von
Tassilo
 

Svalin

Mitglied
Hallo Stern und Tassilo,

Schön, euch wieder dabei zu wissen ;)

> ich frage mich, wie du das machst und wann und warum...???

Tolstoi schrieb einmal: "Die Kunst ist das Mikroskop, das der Künstler auf die Geheimnisse seiner Seele einstellt, um diese allen Menschen gemeinsamen Geheimnisse allen zu zeigen." Ich möchte das ein wenig umdeuten. Ist man bereits den Umgang mit einem solchen Instrumentarium gewöhnt und nur der Seelendurchleuchtung ein wenig überdrüssig geworden (Strahlenschutz?) - dann ist eine solche "Zweckentfremdung" irgendwie naheliegend ;) Auch, dass ersatzweise die Sprache selbst herhalten muss.

Insofern ist diese "Mikrochirurgie" auch nicht neu. Es waren Forscher wie Oskar Pastior, die sich da vorgetastet und vieles überhaupt erst denkbar gemacht haben. Seine Silbenpalindrome(*) z.B. dienten bei diesem Text als Experimentiervorlage. Eine gute Freundin hatte mich darauf aufmerksam gemacht (Danke, fenestra!) und ermuntert, es doch selbst einmal zu versuchen. Vom Objektiv her gewissermaßen nur einen Schwenk weiter - von den Buchstaben hin zu Silben. Die Auswirkung hingegen ist nach meinem Empfinden gewaltig. Statt spröder Atomgitter nun erstmals so etwas wie Eigenbewegung: Moleküle, die sich zu organischen Gebilden ordnen. Dem beiwohnen zu können, ist der maßgebliche Grund, sich tagelang hinters Mikroskop zu klemmen ;)

Das Erstaunliche dabei: Eigentlich sind die Palindrome bereits vorangelegt. Sie ruhen verzweigt und langgezogen im Felsmassiv der Sprache, tief verborgen wie eine Goldader. Dieser konsequent nachspürend hilft man eigentlich nur noch, sie freizulegen. Ihr seht: ein reizvoller Rollenwandel für den Autor - vom Selbstdurchleuchter hin zum Mikrochirurgen, Bergmann und Hebamme ;) Das rechtfertigt meiner Meinung nach hinreichend den (für mich vertretbaren) Aufwand, der damit verbunden ist.

Und dieser ist noch gar nichts im Vergleich zu Oskar Pastior: Für sein Palindrom-Buch "Kopfnuß Januskopf" hat dieser über Jahre systematisch das 20bändige dtv-Lexikon von Hand durchgearbeitet! Heutzutage stehen einem da Datenbanken zur Verfügung, die in Sekundenschnelle ein "Geröll" geeigneter Bruchstücke heranschaffen. Oft hunderte bis tausende. Wer einmal einen Anagramm-Generator benutzt hat, wird dieses Phänomen kennen. Trotz des technologischen Fortschreitens bleibt es m.E. im Kern beim Alten: unter einem Berg vieler Möglichkeiten der poetischen, der Goldader nachzuspüren.

Viele Grüße
Martin

(*) Beispiel
 
S

Stoffel

Gast
Hi,

nun,ich denke mal, der Svalin ist für sein ausgrprägtes Sprachgefühl bekannt.*smile*
Mich erstaunt es auch, ich bewundere das auch, und manchmal insgeheim, wünsche ich mir diese Sprachgewandtheit auch.
Ok, mich tröstet, dass andre in andrem vielleicht "besser" sind.

Also, das nenne ich echt experimentell.

Allein das...."Herzkrankestes"...das steckt die Groteske drin.Und das ist es sicher fast auch schon manchmal.
Viel mit einem Wort ausgesagt.
oder "Kasperkörper"...

Ich halte das hier schon fast als genial.(fürmich) :)

lG
Sanne
 



 
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