Zeilenfresser

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Walther

Mitglied
Zeilenfresser


Es fragt sich selbst die Welt nach ihrem Grund,
Wenn Greife schreiend durch die Winde jagen.
Es fragt sich der die Frage aller Fragen,
Der Verse reimt so schwer zu später Stund.

Ins Wort gegossen scheinen schön die Klagen,
Es laufen Metrum, Sprache, Endung rund.
Dem Leser wird das Klagen bald zu bunt:
Der Text will nicht den Durchschnitt überragen.

Doch spät am Abend reimt sich einfach besser,
Wenn man die Trauer und den Schmerz besingt.
Die Analyse schneidet scharf wie Messer,

Der harte Tonfall wie gehämmert klingt.
Der Rest, er dient doch nur als Zeilenfresser,
Der diesen Vers zum letzten Reim bezwingt.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
liebe gemeint,

ich las dein werk und musste an Robert Gernhardt denken.

Sonette find ich sowas von beschissen,
so eng, rigide, irgendwie nicht gut;
es macht mich ehrlich richtig krank zu wissen,
daß wer Sonette schreibt. Daß wer den Mut

hat, heute noch so’n dumpfen Scheiß zu bauen;
allein der Fakt, daß so ein Typ das tut,
kann mir in echt den ganzen Tag versauen.
Ich hab da eine Sperre. Und die Wut

darüber, daß so’n abgefuckter Kacker
mich mittels seiner Wichsereien blockiert,
schafft in mir Aggressionen auf den Macker.

Ich tick nicht, was das Arschloch motiviert.
Ich tick es echt nicht. Und wills echt nicht wissen:
Ich find Sonette unheimlich beschissen.


In diesem Sinne

alles Liebe Otto

P.S. nachdenklich stimmt die melodie deiner worte.
 

Walther

Mitglied
Lieber Otto,

Du solltest diesen obigen Reimsalat bitte nicht mit Robert Gernhardt vergleichen. :) Das ist nun wirklich zuviel der Ehre.

Im Ernst: Ein tolles Sonett über das Sonetten, das sich selbst ad absurdum führt. Denn der Inhalt und das souveräne Beherrschen der Form stehen in totalem Gegensatz zum Inhalt. Einfach einsame Spitze!

Ich kenne es natürlich, weil bekennender Gernhardt Fan und im Besitz vieler Bücher dieses Autors. Dessen manchmal feine, manchmal krachlederne Ironie konnte man ja auch in der Titanic genießen, so gesehen ein echter Nachfolger der Dichter um den Simplizissimus, aber auch von Heine und Morgenstern.

Oben habe ich mich in ähnlicher Mission versucht. Es freut natürlich, daß es gefällt, aber man sollte das nicht überbewerten. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.

Gruß W.
 



 
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