Zen, Koan und die Weisheit des Nicht-Tuns

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Marco Moll

Mitglied
Koan:

1.
Es war einmal ein Erleuchteter,
der berühmt war,
ob seiner Weisheit.

Und es kamen viele Menschen zu ihm,
und sie fragten ihn,
was sie tun
sollen, um Erleuchtung
zu finden.

Und der Weise sagte nichts.

Doch es wurde keiner erleuchtet,
da keiner seine weisen Worte
verstand.




Da wurden die Menschen sehr traurig,
und sie baten ihn,
sein Schweigen
zu deuten.


Da erhob sich der Weise voll Mit-leid
und sprach die erleuchteten Worte:

Der Weg der Weisheit ist kein Tun
was aber nicht bedeutet
dass wir nichts tun
denn nichts bleibt ungetan

Der
der bei seinem Tun
von seinem Tun loslässt
ist dem Geheimnis näher
das unser Tun erfüllt.
 

Zarathustra

Mitglied
Ein schönes Koan, muss ich sagen;-
aber experimentell ist es nicht.
Vielleicht unter "ungereimtes" oder als Kurzgeschichte

LG Hans
 
B

Beba

Gast
Experimentell ist zumindest, Zen-Philosophie hier in einer Art Lyrik zu präsentieren. Abgesehen davon, dass ich, selbst Zen-Interessierter, diese Plattform als eher unpassend ansehen würde, ist mir die Art der Präsentation doch zu sehr Predigt. Und ich finde es etwas anmaßend, diesen Text einen Koan zu nennen. Das ist er ganz gewiss nicht, dafür ist er viel zu sehr mit Worten bemüht, den Leser in eine bestimmte Richtung zu lenken.

Sorry, hier hast du dir zu viel zugemutet und ein Eisen angefasst, dass für dich in der Rolle des Autors doch zu heiß zu sein scheint.

LG
Beba
 
B

Beba

Gast
Ich habe erst jetzt, nach meinem Kommentar, dein Profil gelesen. Und ich bin froh, dass ich es vorher nicht gelesen habe. Aber es bestätigt für mich meinen Kommentar und macht mir deinen Beitrag verständlicher.

LG
Bernd
 
B

Beba

Gast
Ich habe erst jetzt, nach meinem Kommentar, dein Profil gelesen. Und ich bin froh, dass ich es vorher nicht gelesen habe. Aber es bestätigt für mich meinen Kommentar und macht mir deinen Beitrag verständlicher. So wirklich aus dem Zen-Bereich schien er mir nicht zu sein. Doch immer wieder gibt es Bemühungen aus dem christlichen Bereich, sich dem Zen bzw. seiner Methoden anzunähern. Inwieweit das möglich ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber eines möchte ich doch anmerken, und das macht deinen Text eben zu einem christlichen und lässt einen Zen-Interessierten eher zweifeln:

Im Zen wird darauf Wert gelegt, dass das Verarbeiten und anschließende Verstehen eines Textes (z.B. Koans) beim Schüler selbst geschieht, d.h. er hat sich mit der Verarbeitung eines Textes selbst zu beschäftigen. In der christlichen Tradition ist es doch eher so, dass dem Menschen ein Glaubensweg vorgegeben wird, z.B. als Predigt (und dein Text ähnelt einem solchen), und dieser soll das dann glauben, um glücklich zu werden.

Wer hier zweifelt oder nicht versteht und doch interessiert ist, der sollte mal Zen-Koans lesen. Stichwörter sind Mumonkan un Bi Yän Lu, traditionelle Koan-Sammlungen. Der wird ggf. auch Verständnis für meine etwas ausführlichere Kritik haben.



LG
Bernd
 

Marco Moll

Mitglied
Hallo Bernd,

Deine Kritik ist ganz recht. Ich sprach nicht als Anhänger der Zen-Philosophie, auch nicht als Christ, sondern war nur an der Dialektik der "Erleuchtungserfahrung", und der aus ihr geschöpften Weisheit interessiert. Dabei greife ich gerne auf religiöse Traditionen zurück und spiele mit ihnen, aber frei und ohne Autoritätsbindung. Meine eigene Philosophie ist eindeuting LINKS und steht im Dienst des Befreiungskampfes in der Postmoderne. Sie knüpft besonders an dem Existenzialismus, der Kritischen Theorie und der Dekonstruktion an.

Mein Theologiestudium habe ich zwar sehr genossen, aber ob der von Dir schon kurz umrissenen Autoritätsbindung habe ich es doch trotz Bestleistungen, aufgegeben, da ich mich grundsätzlich keiner religiösen Autorität unterstelle möchte. Dennoch habe ich im Theologie und Philosophiestudium so viel gelernt, dass ich gerne mit meinen erworbenen Wissen über religiöse Traditionen spiele. Spielen heißt hier, dass ich es nicht theologisch oder philosophisch erörtere, sondern frei in neue Sinnzusammehänge stelle. Demzufolge wollte ich keinen Koan schreiben, sondern nur an die Dialektik des Koans anknüpfen.

Ich werde aber den Titel Koan nun in Anführungszeichen setzen um den Spiel- und Zitatcharakter stärker hervorzuheben.

Liebe Grüße

Marco
 

Marco Moll

Mitglied
"Koan"

1.
Es war einmal ein Erleuchteter,
der berühmt war,
ob seiner Weisheit.

Und es kamen viele Menschen zu ihm,
und sie fragten ihn,
was sie tun
sollen, um Erleuchtung
zu finden.

Und der Weise sagte nichts.

Doch es wurde keiner erleuchtet,
da keiner seine weisen Worte
verstand.




Da wurden die Menschen sehr traurig,
und sie baten ihn,
sein Schweigen
zu deuten.


Da erhob sich der Weise voll Mit-leid
und sprach die erleuchteten Worte:

Der Weg der Weisheit ist kein Tun
was aber nicht bedeutet
dass wir nichts tun
denn nichts bleibt ungetan

Der
der bei seinem Tun
von seinem Tun loslässt
ist dem Geheimnis näher
das unser Tun erfüllt.
 

Madeira

Mitglied
Hallo Marco,
eigentlich wolle ich nur mal gucken, was hier so unter "experimentell" gefasst wird. Muss jetzt aber doch "spontan assoziieren", dass ich den Hinweis, wie "Tun" und "Lassen" zu vereinbaren sind, sehr interessant finde, muss dem aber noch nachgehen. Denn ich fand/finde die religiöse Gelassenheit und das Annehmen des Gegebenen als sinnvoll (Karma oder Wille Gottes) immer unvereinbar mit sozialer Empörung und Veränderungswille.
Und beim Lesen der Komm. habe ich mich dann noch gewundert, wie du Kritische Theorie und Die Linke zusammenbringst...
Grüße von Madeira
 



 
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