Zu und

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Montgelas

Mitglied
Du - suchende (Emp) Findung !

lieber lap,

in deinen zeilen spricht der resignative meister
der reduktion, der ohne illusionen im fahlen nebel stochert,
um einerseits im "und zu"schließung zu konstatieren
und andrerseits zaghaft zu hoffen.


herzlich

montgelas

p.s. ganz fein sind die worte gesetzt und wundervoll sparsam.
 
S

Sandra

Gast
Lieber Ralf,

vielleicht experementierst du hier wieder mit der Reduktion. (Ich erinnere mich an ein Gedicht von dir, welches diese Intention hatte) Ich las die Worte von vorne nach hinten, vermutete Wortspielereien, Doppeldeutigkeiten, aber wurde nicht fündig. Zwischen Du und Mein und Wir finde ich nicht viel. Leider. Verdichtete Gedichte, Reduktionen sind oft sehr spannend und fast immer ist weniger mehr. Hier kann ich jedoch weder zwischen noch in die Zeilen eintauchen, noch einen Weg finden, der mich zu etwas führt.

Lieben Gruß
Sandra
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber lapsi,

wie Du das Anfangswort der ersten Zeile als Schlusswort der zweiten Zeile in jeder Strophe gleichgesetzt hast, das hat eine kanonartige Wirkung. Auch, dass das erste Wort immer mit dem letzten Wort übereinstimmt, gibt diesem schmalen Gebilde eine Kontur.
Wie eine Silhouette steht es da, und das stimmt für mich auch mit dem Inhalt überein. Das Du wird nicht recht gefüllt,es bleibt dem Protagonisten als etwas Hauchähnliches:
"Traum, Wind, fahl"

das "und zu" läßt mir mehrere Deutungsmöglichkeiten:
1. Nur weiter so. Der Protagonist findet sich mit diesem Aggregatszustand dieser Beziehung ab.

2. Der Protagonist möchte sich nicht weiter äußern. Alles, was jetzt noch gesagt werden könnte, soll ein Geheimnis bleiben.

Ich finde Deinen Text sehr kunstvoll. Minimalismus ist nicht so meine Sache, aber Dir ist hier etwas Gutes gelungen.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 
S

Sandra

Gast
wie Du das Anfangswort der ersten Zeile als Schlusswort der zweiten Zeile in jeder Strophe gleichgesetzt hast, das hat eine kanonartige Wirkung
Ja, das ist mir auch aufgefallen, jedoch blieb bei mir die Wirkung aus.
Es ist jedoch schön, wenn es anderen gelingt, in diesen Text einzutauchen.
Was ich oben sagen wollte war "experimentierst", was ich jedoch oben geschrieben habe ist irgendetwas anderes ;)

LG
Sandra
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo,

nun Montgelas, ein Meister bin ich nicht.
:)

Ja, Sandra, ein Experiment hat keine Erfolgsgewähr.
Reduktion ist immer auch das Obduzieren eines großen Inhalts.
In diesem Fall schnitt das Skalpell vielleicht gerade jene Dinge heraus, die Dir Zugang zum Text verschaffen könnten.
Der Inhalt ist aber nur ein Aspekt.

Spannend ist bei einer derartigen Minimalisierung von Sprache ihr Bezug zur Form. Wenn die normale Grammatik mit Absicht zerstört wird, kann der Leser gezwungen werden, normale Lesformen zu verlassen.
In gewisser Hinsicht ergeben die Strophen hier einen Sinn, vermitteln Inhalt. Sie sind aber nur bedingt reguläre Sätze, die zweite Strophe überhaupt nicht.
Dennoch transportieren sie Etwas.
Vera-Lena erkennt in der Form einen Kanon, der in seiner Art tatsächlich durch bewusste Wiederholung Eindringlichkeit erzeugt und natürlich der Funktion leichte Erlernbarkeit zu gute kommt.
Die Mittel mögen hier billig sein. Auch der bilinguale Reim in der zweiten Strophe ist vielleicht eher ein Joke, als eine thematische Verknüpfung, das liegt im Leseempfinden und das kann ich als Autor kaum beeinflussen.

Dieser Text transportiert seinen Inhalt mehr über den Leser, als durch seine Worte. Ähnlich einer Assoziativkette...
Wenn Du, Sandra, hier keinen Zugang findest, ist das ja nicht falsch, ich habe auch keinen gelegt oder gebaut.

Der Schluss bildete sich dann intuitiv, ich konnte der Versuchung nicht wiederstehen, da er ja tatsächliche mehrere Möglichkeiten öffnet, Vera-Lena schrieb es auf.

Ein Experiment, das aus meiner Lust am Sprachspiel herrührt.

Danke für Eure Kommentare!

cu
lap
 

Stern

Mitglied
hallo lapismont,

das finde ich unglaublich spannend. Dein Kommentar nimmt dem Ganzen (für mich im positiven Sinn) ein wenig diese "Heiligkeit", die Werke, die ich inhaltlich nicht oder nicht sofort verstehe, oft für mich haben. Mir zeigen sich jetzt vor allem die Spielarten von stilistischem Ausdruck, mit denen du hier experimentierst, und was sie bewirken (können). Vieles ist mir anfangs nicht aufgefallen. Vera-Lena's Kommentar hat mir das eine oder andere Auge geöffnet, wiederholtes Lesen liess mich dies und jenes entdecken. - Wie auch immer das mit dem Inhalt ist, jedenfalls haben mich deine Zeilen bereichert. Danke!

Liebe Grüsse,

Stern *
 

Mirko Kussin

Foren-Redakteur
Sprachauflösung

Hallo Lap,
dies ist wieder so ein Text, den man mehrfach lesen muss, dem man eine Chance geben sollte.
Bein ersten Lesen banal, zeigt er anschließend immer deutlicher seine Stärke.
Hier geht es nicht um Inhalt, zumindest nicht im herkömmlichen Sinn. Hier geben Form und Struktur den Inhalt vor. Das Aussehen des Textes sagt mehr, als seine Worte.
Hat mich in seiner Funktion an Beckett´s "Der Namenlose" erinnert.
Schwierig für den Leser allemal, ohne die Kommentare und deine Ausführungen hätte ich den Text anders gelesen.
Was haben wir denn da?
Also vier "Strophen" mit jeweils vier Zeilen und vier Worten in der Mitte jeder Strophe...
Schon aus Gründen der Konsequenz würde ich den Anhang "und zu" weglassen.
Wir haben vier Kreuzreime(?) die von sich wiederholenden Personalpronomen eingerahmt werden. Auch hier ist die Konsequenz wieder etwas aufgebrochen, schlüssiger und stimmiger wäre ein "Ich" statt des "Mein".
Es gibt die große Klammer des "Du", die den ganzen Text schön einfasst.
Weiter schön: der Anfang der zweiten Zeile ist das Ende der Dritten. Wieder ein Rahmen mehr.
Einzig der bilinguale Reim stört mich etwas. Das passt irgendwie nicht.
Der Text hier ist ein schönes Experiment des Verschachtelns.
Die Konsequenz könnte noch strenger sein, sicher nicht der Endpunkt von Sprache, aber ein guter Weg anders an sie heranzugehen.
Respekt und Lob für den Mut!
Gruß Mirko
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo,

nun hab ich Mirkos Idee aufgegriffen und die zweite Strophe geändert. Der Reime waren da viele Bart, smart, start...
Die Schlusszeile mag ich dabehalten, sie ist ein Ende nach dem Ende, eine Wiederholung des Musters, nur im Abschluss.
Der Titel passt ja dazu.

cu
lap

Zu und

Du
ein Traum
kaum ein
Du

Ich
so zart
wart so
Ich

Wir
im Wind
sind im
Wir

Du
noch mal
fahl noch
Du

und zu
 

DayDreamer

Mitglied
hi :)

... i bin ehrlich: ich kann damit nichts anfangen. das ist eine art von lyrik, die mir weder gefällt noch, so muss ich zugeben, sich mir erschließt.

eine ansammlung von worthülsen, die den verzweifelten versuch wagen, sich geschlossen gegen jegliche sinndeutung zu stellen. kein harmonisches abbild, keine lesemelodie, keine träumerischen metaphern - es fehlt hier einfach alles, was für mich lyrik und poesie ausmacht.

aber das dürfte wohl auch daran liegen, dass für mich heine einer der wenigen wahren lyriker war und ich viel zu vieles an ihm messe, schon klar.

schöne woche noch :)
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo DayDreamer,

Danke dass Du vorbeigeschaut hast!

eine ansammlung von worthülsen, die den verzweifelten versuch wagen, sich geschlossen gegen jegliche sinndeutung zu stellen.
Eine Ansammlung von Worthülsen...
Mhm. Ich verwende "Worthülse" immer eher für Begriffe, die sich mir nicht erschliessen, da ein erklärender Kontext fehlt.
Etwa Seelenhaut, Traumverzierung oder dergleichen.
Derartig erklärungsbedürftige Worte habe ich gar nicht verwendet. Sie stehen für das, was sie bedeuten.

Der verzweifelte Versuch...
Ja, da werden die Worte selbständig tätig. Als Ratschlag kann ich Dir nur anbieten, die Worte in ihrer gewohnten Bedeutung zu lesen. Das ergibt einen Sinn. Ob dieser einer Deutung bedarf, mag ich als Autor nicht festlegen, denn mir ging es um ein Experiment.

kein harmonisches abbild, keine lesemelodie, keine träumerischen metaphern - es fehlt hier einfach alles, was für mich lyrik und poesie ausmacht.
Eine durchaus verständliche und auch gängige Beschränkung. Aber dafür sind Experimente ja auch da, die Grenzen weiter hinaus zu treiben, Neues zu erforschen.

aber das dürfte wohl auch daran liegen, dass für mich heine einer der wenigen wahren lyriker war und ich viel zu vieles an ihm messe, schon klar.
Auch hier kann ich nur sagen, dass es für Deine Haltung eine Berechtigung gibt. Mich an Heine zu messen, ist natürlich gewagt und auch zu viel erwartet. Vergleichbares wirst Du hier kaum finden, bei mir erst recht nicht.
Andereserseits schränkt es Dich sehr ein, nur Heine als Lyriker zu betrachten.
Schau mal hier. Vielleicht erweitert das etwas Deine Lyrik-Sicht.

cu
lap
 

Walther

Mitglied
Guten Abend,

die Diskussion ist, wie ich meine, jetzt in die richtige Richtung gekommen. Nicht daß ich nicht auch für Lob empfänglich wäre. Das nimmt jeder gerne auf, das Lob. Schließlich liegt es nicht einfach auf der Straße herum, und Kritik ist eher wohlfeil.

Hier ist sie, wie DayDreamer zurecht bemerkt, allerdings sehr notwendig. Denn je mehr der Autor sich und seinen Text erläutert, desto mehr wird die Schwäche des Werkes klar: Es kann die Frage aller Fragen, nämlich: "Was will dieses Werk uns sagen?", nicht beantworten. Und zwar, das ist das Thema, nicht nur NICHT, sondern GAR NICHT.

Nun ist bei experimenteller neuer Lyrik die Beantwortung dieser Frage eher eine randständige Thematik, wird man einwenden. Dann aber soll schon Wortwitz aufblitzen, also in der Kombination der Wortsetzung und -wahl etwas aufscheinen, das das Lesen interessant macht und die Augen wie Gedanken verweilen läßt. Das ist nun sicherlich Geschmacksache, versteht sich natürlich. Dennoch halte ich fest, daß für mich nicht einmal der WORTWITZ aufscheint, jedenfalls nicht so, daß ich dem Text etwas abgewinnen könnte.

Ich finde mit DayDreamer, daß Heine in der Tat eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Lyrik ist. Vor allem aber ist er ein grandioses Beispiel, wie sehr gutes Dichten und guter Liedtext in eins gehen, wie sehr Rhythmus, Klang und das laute Sprechen des Textes ein Gedicht ausmachen (und es meist erst richtig erschließen). Und daher ist der Hinweis von DayDreamer nicht nur auf diesen Text hier anzuwenden - und läßt dann schrecklich wenig von ihm übrig -, sondern auch auf die vielen anderen Einträge, die sich eben mit dem messen lassen müssen, was man "gute Lyrik" nennt. Und dies ist, das ist nun einmal so, eine zeitlose Angelegenheit und hat wenig mit dem Wortgeschwurbel zu tun, was heute vermeintlich häufig als gute Lyrik durchgeht.

Man könnte - dieserhalb und jenerwegen - so besehen gelegentlich aus dem Kritikastern kaum herauskommen, läßt es aber dann sein, weil man in anderen Diskussionen sich schon ermüdet hat und es auch den vielen sich ehrlich mühenden Mitdichtern nicht vermiesen will, das Feierabenddichten. Denn schließlich läuft man selbst immer wieder unter der eigenen Meßlatte durch, also ist sowieso im Urteil über andere eher Vorsicht geboten; es könnte sich gegen den Autor der Kritik an anderer Stelle bitter wenden.

Nur loben, immer wieder sich gegenseitig reihum loben, auch wenn's wie hier nicht angebracht ist, auch nach dem 10. Lesen nicht, das sollte man dann doch auch schon sich verkneifen können sollen mögen dürfen, wenigstens manchmal. Auch das darf hier, in aller Freundschaft und mit einem spitzbübischen Lächeln im Mundwinkel, einmal gesagt sein. Ohne daß gleich der Zorn der Gerechten über einen hereinbricht.

Liebe Grüße an alle Lesenden und Lupenden

vom immer wieder eckigen W.
 

presque_rien

Mitglied
berührend einfach.
einfach berührend.

Lieben Gruß
von presque

(P.S.: Die Kommentare habe ich ausnahmsweise mal nicht durchgelesen, um die Magie zu erhalten)
 



 
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