Guten Abend,
die Diskussion ist, wie ich meine, jetzt in die richtige Richtung gekommen. Nicht daß ich nicht auch für Lob empfänglich wäre. Das nimmt jeder gerne auf, das Lob. Schließlich liegt es nicht einfach auf der Straße herum, und Kritik ist eher wohlfeil.
Hier ist sie, wie DayDreamer zurecht bemerkt, allerdings sehr notwendig. Denn je mehr der Autor sich und seinen Text erläutert, desto mehr wird die Schwäche des Werkes klar: Es kann die Frage aller Fragen, nämlich: "Was will dieses Werk uns sagen?", nicht beantworten. Und zwar, das ist das Thema, nicht nur NICHT, sondern GAR NICHT.
Nun ist bei experimenteller neuer Lyrik die Beantwortung dieser Frage eher eine randständige Thematik, wird man einwenden. Dann aber soll schon Wortwitz aufblitzen, also in der Kombination der Wortsetzung und -wahl etwas aufscheinen, das das Lesen interessant macht und die Augen wie Gedanken verweilen läßt. Das ist nun sicherlich Geschmacksache, versteht sich natürlich. Dennoch halte ich fest, daß für mich nicht einmal der WORTWITZ aufscheint, jedenfalls nicht so, daß ich dem Text etwas abgewinnen könnte.
Ich finde mit DayDreamer, daß Heine in der Tat eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Lyrik ist. Vor allem aber ist er ein grandioses Beispiel, wie sehr gutes Dichten und guter Liedtext in eins gehen, wie sehr Rhythmus, Klang und das laute Sprechen des Textes ein Gedicht ausmachen (und es meist erst richtig erschließen). Und daher ist der Hinweis von DayDreamer nicht nur auf diesen Text hier anzuwenden - und läßt dann schrecklich wenig von ihm übrig -, sondern auch auf die vielen anderen Einträge, die sich eben mit dem messen lassen müssen, was man "gute Lyrik" nennt. Und dies ist, das ist nun einmal so, eine zeitlose Angelegenheit und hat wenig mit dem Wortgeschwurbel zu tun, was heute vermeintlich häufig als gute Lyrik durchgeht.
Man könnte - dieserhalb und jenerwegen - so besehen gelegentlich aus dem Kritikastern kaum herauskommen, läßt es aber dann sein, weil man in anderen Diskussionen sich schon ermüdet hat und es auch den vielen sich ehrlich mühenden Mitdichtern nicht vermiesen will, das Feierabenddichten. Denn schließlich läuft man selbst immer wieder unter der eigenen Meßlatte durch, also ist sowieso im Urteil über andere eher Vorsicht geboten; es könnte sich gegen den Autor der Kritik an anderer Stelle bitter wenden.
Nur loben, immer wieder sich gegenseitig reihum loben, auch wenn's wie hier nicht angebracht ist, auch nach dem 10. Lesen nicht, das sollte man dann doch auch schon sich verkneifen können sollen mögen dürfen, wenigstens manchmal. Auch das darf hier, in aller Freundschaft und mit einem spitzbübischen Lächeln im Mundwinkel, einmal gesagt sein. Ohne daß gleich der Zorn der Gerechten über einen hereinbricht.
Liebe Grüße an alle Lesenden und Lupenden
vom immer wieder eckigen W.