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Breimann

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Sie zog die harten Borsten energisch durch das wellige blonde Haar und kratzte ein paar Locken aus der Bürste, bevor sie sie in die geöffnete Kommodenschublade warf. Einen Augenblick lang betrachtete sie sich mit regloser Miene im Spiegel; dann fing sie den Blick der Frau ein, die hinter ihr auf dem altmodischen, hohen Bett lag.
Die hagere Alte hatte sich, durch dicke Kissen gestützt, etwas auf die Seite gedreht. Die Raubvogelaugen in dem eingefallenen Gesicht verfolgten ihre Bewegungen, hefteten sich an die schulterlange Mähne, hielten sich etwas länger an der Hand auf, aus der sich die ausgefallenen Locken kringelten, die sorgfältig in ein Tempotuch gewickelt wurden, folgten dann den schmalen Händen, die den kniefreien Rock glatt strichen.
Die fleckig braunen Hände der Alten strichen ständig über das Oberbett, als gelte es Falten wegzudrücken oder lästige Krümel zu entfernen. Ohne erkennbare Regung starrte sie in das Gesicht, als die junge Frau sich zu ihr umdrehte.
„Ich fahr’ jetzt los, Mutter!“
Die Alte stützte die Hände aufs Bett, schob sich höher, versuchte sich etwas aufzurichten und ließ sich resigniert zurückfallen. Die Augen wurden feucht, schwammen regelrecht im salzigen Nass.
„Lass die Heulerei, Mutter! Du bewirkst nichts damit – außer, dass du mich quälst,“ Sie kannte die fast perfekte Fähigkeit ihrer Mutter, auf Kommando Tränen zu erzeugen.
„Fragst du dich auch nur einmal, wie ich mich fühle, wenn du weggehst?“
„Wir haben ständig dasselbe Thema, Mutter! Ich geh’ nicht weg, ich bin für ein paar Stunden außer Haus – mehr nicht. Lass mir das bisschen Freiheit!“
„Kind, ich mein es doch nur gut! Du gehst aus, du hast Freunde – und du verabredest dich mit Männern! Ich liege hier mit meinen toten Beinen und kann nicht einen einzigen Schritt tun.“
„Freunde? Pah! - Ach so! - ‚Du verabredest dich mit Männern!’ Das ist es also! Ich mache alles für dich, ich koche, wasche, putze, ich schiebe dir die Bettpfanne unter, ich wische dir den Hintern ab und die Nase; ich creme dich ein, ich lese dir stundenlang deine Rosamunde-Wälzer vor - die ich übrigens zum Kotzen finde.“
„Jetzt wirst du vulgär und gemein! Du sprichst mit deiner Mutter! Die Wände in diesem Haus haben solche Töne früher nie zu hören bekommen!“
„Wer weiß! - Ich will nicht gemein zu dir sein, Mutter, aber du musst mal über mein Leben nachdenken. Ich klage nicht, wenn du mich den ganzen lieben Tag lang rufst. - Und das mehr als zehn Stunden am Tag – an jedem Tag der Woche!“
„Wenn ich dir zu viel bin, dann bring mich doch ins Pflegeheim! Ich komm’ schon ohne dich zurecht! - Ist ja nicht mehr für lange.“
Sie stand bereits in der Tür, fasste die Klinke mit verkrampfter Hand und schaute wütend zum Bett herüber.
„Ach Mutter, lass diese alte Leier! Wie oft hatten wir das schon? Ich kann’s einfach nicht mehr hören! Wenn ich ernst mache, wenn ich dich nur mal frage, ob ich mich wegen eines Platzes erkundigen soll, dann stirbst du schon vor Verlassensangst. Ich will nur ein kleines bisschen Eigenleben - nur ein paar Stunden in der Woche möchte ich für mich haben! Kannst du das denn nicht verstehen?“
„Aber sicher, mein Kind. Nur - müssen es immer Männer sein? Such dir eine nette Freundin – am besten in der Nachbarschaft. Du bist so gedankenlos und leichtsinnig! Was ist denn, wenn du einen Mann kennen lernst, der dich heiraten will? Was wird dann aus mir?“
„Oh, Mutter! Lass mich damit endlich in Ruhe! Ich bin gerade achtunddreißig geworden und habe noch nie einen festen Freund gehabt.“
Sie pflegte ihre Mutter schon seit zwölf Jahren, hatte auf alle Vergnügungen und Freundschaften verzichtet. Mehr als dieser Verzicht störte sie die Selbstverständlichkeit, mit der dieser Dienst verlangt und angefordert wurde.
„Ich will kein Dankeschön – bestimmt nicht, Mutter. Hörst du mich je klagen? Hast du mich jemals weinen gesehen? Nein, das hörst du nicht, und ich weine nur, wenn du schläfst. Aber ich ersticke langsam, wenn ich nicht endlich frei atmen kann.“
„Aber mein Kind! Ich weiß doch, welche Last ich dir bin; ich habe ja selber lange genug durch Papas Unfall so gelitten. Ich hatte auch nie ein eigenes Leben, musste immer nur für Papa und dich da sein; - das war mein ganzes Leben.“
„Na also! Jetzt kommt die Tour! Immer landen wir bei deinen furchtbaren fünf Jahren, in denen du auf alles verzichten musstest!“
Sie war fast fünfzig, als ihr Mann den Unfall hatte. Nach einem sorglosen Leben, verwöhnt von ihrem Mann und geachtet von Nachbarn und Freunden, brach sie völlig zusammen, als sie von der Querschnittslähmung ihres Mannes erfuhr. Sie bedauerte sich mehr als ihren Mann, der aus dem Berufsleben gerissen wurde und erstmals in seinem Leben das Gefühl völliger Hilflosigkeit verarbeiten musste.
Sie litt wirklich, verfiel zusehends, schaffte es nicht, ihn zu pflegen und nahm gezwungener Maßen in Kauf, dass Fremde - Pfleger und Pflegerinnen - ins Haus kamen, was sie gleichzeitig hasste und ständig beklagte.
„Du hast keine Ahnung von meinem schweren Leben, mein Kind!“
„Ich bin kein dummes Mädchen, das du damit beeindruckst, Mutter! Dein Schlag war auch meiner! Da kannst du nichts für, aber da war das Leben für mich vorbei! Du kannst das nicht mit dir und deinem ‚furchtbaren’ Schicksal vergleichen!“
Sie war gerade sechsundzwanziggeworden, hatte ihr Fremdsprachenstudium abgeschlossen, wollte sich bei einem international tätigen Unternehmen bewerben, als ihre Mutter den Schlaganfall erlitt.
„Oh doch, mein Kind. Ich bin ein Krüppel, seit Jahren liege ich hier, bewegungslos und mit ständigen Qualen. Ich hatte auch vorher schon schlimme Jahre, wenn du das auch in deiner leichtlebigen Art nicht mitgekriegt hast! Und ich habe verzichtet! Ich hätte mit Leichtigkeit einen Mann ins Haus holen können. Ich hab’s nicht getan - deinetwegen! Und jetzt fängst du damit an! – Warum inserierst du plötzlich? Warum suchst du einen Mann? Wofür? Um zu heiraten? Und dann?“
„Und dann, und dann! Was weiß denn ich? Ich will nur einmal im Leben Glück und Spaß erleben. Ich möchte etwas Abwechselung, ich will die Spannung spüren, die man vor einem Treffen mit einem wildfremden Mann hat; ich möchte nur einmal wieder lachen - laut, ausgelassen und mit Tränen in den Augen.“
„Wozu? Was gibt es denn zu belachen? Haben wir nicht stille Freude genug, wenn wir uns unterhalten?“
„Nein, du vielleicht, ich nicht! - Aber das kannst du nicht verstehen; es ist mir auch egal! Du hältst mich auf, Mutter! Es wird allerhöchste Zeit für mich.“
„Wen triffst du? Wo fährst du hin? Kann ich dich da erreichen?“
„Mutter, das geht dich nichts an! Warte ab! Ich bin jetzt für ein paar Stunden weg! Deinen Nieren-Blasentee, die drei Röhrchen mit Tabletten, das Wasserglas, die Flasche Mineralwasser und das Telefon, habe ich aufs Tischchen gestellt. Die Bettpfanne steht unter dem Tischchen, neben dem Bett. Du hast alles griffbereit.“
„Wann kommst du zurück, Gertrud?“
„Ich rufe dich an, wenn ich zurück fahre. Aber bitte! Ruf mich nicht jede halbe Stunde an und frage, wie es mir geht und wann ich endlich komme! Hörst du? Wenn du einmal anrufst, stelle ich mein Handy ab! Hast du verstanden?“
„Ja, ja! Ich hab’ verstanden! Eltern sollten nie erwarten, dass sie das zurück bekommen, was sie in die Kinder investiert haben! Nie!“
„Himmel! - Tchüß, Mutter!“
Sie war erregt, spürte erst draußen, dass ihre Beine zitterten und die Hände feucht waren. Die Luft fiel frühlingsmild über die Gartenmauer und zog sanft über ihr Gesicht. Es war ein sonniger Maitag, die Nachbarn zur Linken standen in den Vorgärten, auf Harken und Rechen gestützt, tratschten miteinander und grüßten freundlich herüber.
Schiffe quälten sich mit dumpfem Tuckern rheinaufwärts; man roch den nahen Fluss. Das Sonnenlicht fiel flirrend durch die Blätter der mächtigen Kastanie. Die Luft schmeckte nach Kiefern und Eiben. Die großen Häuser mit den geschwungenen Schieferdächern konnten von der Straße aus nicht eingesehen werden; dichte Ligusterhecken, alter Baumbestand und verschachtelt gesetzte Holunder-, Rosen-, Kirschlorbeer- und Eibenbüsche verdeckten die Sicht. An der Grundstücksgrenze zum Nachbarn wuchsen krüppelige Kiefern, unter denen sich Spatzen balgten.
Ein quirliger Haufen segelnder weißgrauer Flussmöwen, die ständig ihre heiseren Rufe ausstoßen, muss noch an den blauen Himmel geworfen werden, dann ist das friedliche Frühlingsbild nahezu komplett.
Die Gegend galt als teuer und exklusiv; man war hier unter sich. Ihr Vater war vermögend und Teilhaber einer angesehen Düsseldorfer Privatbank gewesen: er hatte das große Grundstück dank guter Informationen erwerben können, bevor die Gegend erschlossen werden sollte.
Sie hatte nie etwas von dem Geld des Vaters gesehen; ihre Mutter verwaltete vom Bett aus alle Geldanlagen, teilte ihr ein knapp bemessenes Taschengeld, ein genau berechnetes - und abzurechnendes - Haushaltsgeld zu. Sie blockte alle Ausgabe vehement ab, die ihr übermäßig vorkamen.
„Für einen neuen Wagen gibt es keinen vernünftigen Grund, mein Kind; man muss sein Vermögen nicht wie ein Marktschreier ausrufen - das lockt nur Neider und Einbrecher an.“
Also hatte sie sich, um während des Studiums zur Uni zu kommen, mit einem alten, verrosteten Volkswagen begnügen müssen.
Seit drei Jahren besaß sie einen VW-Polo, der ihr erst genehmigt worden war, als der Käfer Teile seines durchgerosteten Bodenblechs abgelegt hatte.
Auch der Polo war alt, hatte schon drei Besitzer überstanden und wirkte hinfällig. Die Tür knarrte, ließ sich nur mühsam aufziehen. Im schmalen Rückspiegel betrachtete sie sich nachdenklich, schaute zwinkernd in die schmalen braunen Augen.
„Wer weiß schon, was in einem Menschen vorgeht, der so ein stures Gesicht hat? Sieht man einem Gesicht an, was im Kopf los ist? Kann man mir ansehen, wie leer und ausgebrannt ich bin? Was sagt mir denn Mutters Gesicht?“
Sie dachte an die wehleidig verzogene Miene ihrer Mutter, an die knarrende Stimme, die sie immer an brechendes Eis erinnerte und an die kleinen, kalten Augen, das herrische Gesicht, das sie ständig beobachtete und verfolgte – und an ihre eigene, verzweifelte Wut, die sie manchmal die Fäuste ballen ließ.
Gertruds dünne Lippen, fest aufeinander gepresst, ließen das Gesicht hart und kühl erscheinen. Die kleinen Falten waren erst in den letzten Jahren entstanden; hauptsächlich ihre Stirn und die Augenpartie waren betroffen. Trotz des strengen Eindrucks, den sie machte, wirkte sie hübsch und apart.
„Ich bin, wie ich bin! Wer ein geschminktes, gepudertes und zugespachteltes Gesicht lieber mag, der muss sich eine andere suchen!“
Der Innenspiegel verzerrte ihr schmales Gesicht, ließ die Augen noch katzenartiger erscheinen.
Diese Augen waren ihr Problem – ihr großes Problem! Sie wusste es schon lange - spätestens vor sechs Jahren hatte sie verstanden, dass sie damit unangenehm auffiel. Damals hatte sie zum ersten Mal in der Rheinischen Post inseriert und sich mit einem Mann verabredet.
Es war der verzweifelte Versuch gewesen, ihr Leben endlich zu ändern; sie brauchte einen handfesten Grund, um sich durchzuringen, um aus der Lethargie zu erwachen. Mit großer Hoffnung, unendlicher Angst und verzweifeltem Mut, hatte sie das erste Treffen erwartet.
Er hatte so seriös und bedeutend ausgesehen! Ein weißer Haarkranz, braunes Gesicht, dunkelgrauer, fein gestreifter Anzug mit passender Weste, die weißen Manschetten zwei Zentimeter herausschauend, knapp vor der schweren goldenen Uhr am feingliedrigen Arm endend. Mit sonorer Stimme und eleganten Handbewegungen hatte er sie zum reservierten Tisch im Café „Kaiserschote“ dirigiert.
„Bitte, gnädige Frau! Ich freue mich, Sie kennen zu lernen!“
Lange hatte er sie beobachtet, kritisch, abschätzend - und dabei unablässig lächelnd. Er hatte ihre von der Hausarbeit gezeichneten Hände zur Kenntnis genommen, genau so wie ihre ungepflegte Frisur und die unmoderne, nicht gerade teure Kleidung.
„Ich bin geschieden, müssen Sie wissen.“ Er hatte sie herausfordernd angesehen. „Meine erste Frau war ein Sauerteig, wenn Sie wissen, was ich meine. Und, obschon sie erheblich jünger war als ich - sie muss ungefähr in Ihrem Alter sein –, war sie schon uralt!“
Sie hatte sich innerlich verkrampft, schüchtern wie ein Schulmädchen auf der Sesselkante gehockt, ich, gebannt gelauscht und an der Kaffeetasse genippt.
„Wissen Sie; ich lache gerne, bin lebenslustig und lebensfroh. Selbstverständlich bin ich Senator in der großen Düsseldorfer Karnevalsgesellschaft! - Deshalb suche ich eine Partnerin, die den Karneval - und überhaupt - das Leben liebt.“
Das erste Treffen hatte eine knappe halbe Stunde gedauert; gerade so lange, wie sie gebraucht hatte, um ihren Kaffee auszutrinken. Eigentlich hatte nur er gesprochen; von seinem hohen gesellschaftlichen Ansehen, dem netten Gespräch mit dem Bürgermeister, der großen Party, die er anlässlich des jährlichen Karnevalauftaktes geben musste. „Da trifft sich die Creme de la Creme dieser schönen Stadt, müssen Sie wissen, mein Kind!“
„Das ‚Mein Kind’, hatte sie am meisten gestört.
Sie hatte in dieser ewig langen Zeit drei unvollständige Sätze gestammelt, ihr Taschentuch zerfleddert, war sich unreif und kindisch vorgekommen. Aber zum Abschluss hatte es tatsächlich eine neue Verabredung gegeben.
Vor der zweiten Begegnung - im selben Haus, am selben Tisch - war sie tagelang von Übelkeit und Magenschmerzen geplagt worden. Sie hatte ernsthaft erwogen, einfach abzusagen, hatte einen gebrochenen Fuß und diverse ansteckende Krankheiten als Gründe erwogen.
Sie war dann nur gegangen, um ihrer Mutter nicht den billigen Triumph zu schenken. Es war dann schlimmer gekommen, als sie befürchtet hatte.
„Wollen wir einen Stellungswechsel vornehmen? Ich hab uns ein Zimmer im Breidenbacher Hof reserviert; da können wir uns ungestört unterhalten - und viel Spaß haben“, hatte er lächelnd nach dem dritten Glas Champagner gefragt und seine Manschetten etwas weiter hervorgezogen.
„Nein, nein! Das geht nicht! Ich muss pünktlich zurück sein; Mutter wartet auf mich. Wir können doch hier alles besprechen.“
„Wenn Sie meinen! Warum haben Sie eigentlich so todernste Augen? Haben Sie noch nie gelacht?“, hatte er gefragt und wohl erstmals die Wirkung des Champagners bezweifelt, den er ihr so reichlich eingeschüttet hatte.
Nachdem er mehrfach stirnrunzelnd den Zeiger seiner schweren goldenen Uhr befragt hatte, waren sie auseinander gegangen, ohne einen neuen Termin zu verabreden – aber sie hatte seine herablassende, seriöse Art nie vergessen.
Seit diesem Tag hatte sie ihr ernstes, verkrampftes Gesicht bedrückt und geängstigt. Monatelang hatte sie morgens und abends vor dem Spiegel gestanden und Lächelübungen veranstaltet. Sie hatte sich Witzbücher ausgeliehen und den Humor darin gesucht, der sie zum Lachen anregen konnte - es hatte nichts genutzt.
Dabei hatten sich schon ihre Kommilitonen an ihrem harten, langsamen, forschenden Blick gestoßen; sie hatte sich nur nie was daraus gemacht, es einfach für ihr Markenzeichen gehalten. Nur einmal hatte sie eine Freundschaft mit einem Studenten begonnen, der sie ganz unerwartet angesprochen hatte.
„Man denkt immer, man würde von dir auf Herz und Nieren geprüft! ‚Jawohl Frau Professor! Ich kenne das BGB auswendig!’ möchte ich ausrufen, wenn ich dich sehe. Ich wag’ gar nicht zu lachen, wenn du dabei bist. Mensch, lach doch mal!“, hatte er gesagt, als er sie erstmals zum Essen eingeladen hatte. Sie waren nie über dieses eine Essen hinaus gekommen; sie grüßten sich nur noch freundlich, wenn sie sich zufällig begegneten.
Sie wusste selber, was ihr fehlte, aber seit der Begegnung mit dem seriösen Karnevalisten, hatte es sich zu einem regelrechten Komplex ausgeweitet.
Mit schneller Hand strich sie sich die Haare aus dem Gesicht und rückte sich zurecht. Der Gurt rastete ein, aber das war nur für die Polizei. Die Automatik, die ihn stramm ziehen sollte, war schon kaputt gewesen, als sie den Wagen gekauft hatte. Mit tuckerndem Motor tastete sie sich aus der Einfahrt und blickte auf die Armbanduhr.
„Vierzehndreiunddreißig! Mist! Mutter mit ihrer Nörgelei“! Sie war für drei Uhr verabredet und das Café lag außerhalb, an der Schnellstraße nach Essen. Sie wollte in keinem Fall zu spät kommen.

„He! Wat haste vor? Menschenskind! Guck dir den Lackaffen an!“
„Halt die Schnauze, Alf! Hast keine Ahnung vom echten Leben! – Also, halt dich geschlossen!“
Alfred, den alle nur Alf nannten, grinste und warf sich übermütig rückwärts aufs quietschende Bett, als sein Zimmergenosse sich die Krawatte um den Hals legte.
Hubert duckte sich, pendelte mit dem Oberkörper, suchte seinen Hals in dem kleinen Rasierspiegel, der mit einem Draht an der dicken, rostigen Schraube über dem Waschbecken befestigt war.
Er knotete, schüttelte den Kopf, öffnete mit wütenden Bewegungen das erzeugte Gebilde und fing seufzend neu an. Endlich schien etwas gelungen zu sein; er zog und schob die breite Krawatte vorsichtig, als müsse er eine gewagte Operation abschließen.
„Komm, trink erst einen, sonst krisse dat Ding nie hin!“ Alf hielt ihm die halb geleerte Schnapsflasche hin, schüttelte sie dabei kräftig.
„Klappe! Trink deinen Scheißfusel alleine!“
„He! He! Bist wohl plötzlich wat Feineres gewöhnt, wa? Oder übste schon für den Kapitalisten-Schampus?“
Es roch muffig in dem schmalen Raum, in dem zwei Eisenbetten unterhalb des Fensters Kopf an Fuß nebeneinander standen. Ein windschiefer Doppelspind hielt sich krampfhaft an der Seitenwand neben dem gusseisernen Waschbecken fest.
Mitten im Raum stand ein quadratischer Tisch, über dem eine matt leuchtende Birne am langen Kabel hing. Ihr schwaches Licht fiel auf die graue Resopalplatte des Tisches und der schmale Rest auf das abgewetzte Linoleum. Auf dem Tisch drängten sich schmutzige Biergläser mit dunkelgelben Resten; daneben standen zwei krümelbedeckte Teller. Vier leere Altbierflaschen versteckten sich unter dem einem und zerfledderte Pantoffeln unter dem anderen Stuhl.
Es gab kein Bild an den unregelmäßig geweißten Wänden, das Aufmerksamkeit forderte, nicht eine Blume, die an eine pflegende Hand denken ließ.
Das Fenster war nicht direkt sichtbar, sie hatten es mit einer blassgrauen Decke geschlossen, weil die Leute vom Haus gegenüber ständig im Fenster lagen und ins Zimmer stierten.
Eine schmale Tür führte ins Klo und daneben konnte man durch eine Maueröffnung in die enge Küche blicken, in der sich dreckiges Geschirr auf der Ablage türmte.
Es gab nichts, was in dieser trostlosen Absteige eine gemütliche Atmosphäre erzeugen konnte. Seit ihrer gemeinsamen Entlassung aus der Haftanstalt Ulmer Höh wohnten sie in hier auf der berüchtigten Mintropstraße am Bahnhof; sie hatten nicht lange danach suchen müssen. Die Anstaltsleitung wusste, was sich ihre Resozialisierten leisten konnten und hatte ihnen einen Zettel mit der Adresse mitgegeben.
„He, Hubert. Da fällt mir ein; willste die Alte in unsere Bude holen? Soll ich für ’n paar Stunden ins Kino gehen?“
„Biste bekloppt? Wat soll die in dieser Pissbude? Staubwischen? Abwaschen? Mann, du hast keine Ahnung von den Weibern. Weißt du, wat die erwarten? Ich schon, ich kenn’ die besser als du! Genau kenn ich die, dat kannste glauben! Die wollen verwöhnt werden mit eleganten Klamotten, dickem Schmuck und einer feinen, gut eingerichteten Wohnung.“
Er hatte es geschafft! Die gelbe, mit blauen Oldtimern gemusterte, Krawatte saß einigermaßen, vertrug sich sogar farblich mit dem taubenblauen Anzug, den er zuletzt vor acht Jahren, bei der Gerichtsverhandlung, getragen hatte.
„Na? Wat sachste? Is’ für’s erste Mal nach so langer Zeit ganz ordentlich, oder?“
„Mir kannst so´n Ding nich’ um den Hals drehen! Ne, ich würd’ ersticken!“
Alf lag in seiner blaugrauen Unterwäsche auf dem Bett und beobachtete grinsend seinen Kumpel.
„Hab noch nie so´n Ding am Halse gehabt - glaub ich! Ich lach mir ’ nen Ast! Siehst aus wie´n Lackaffe auf Hawaiiurlaub!“
„Arsch! Guck dich mal an! Willste mit der speckigen Unterhose vielleicht Eindruck machen?“
„Ne, hab ich nich’ nötig! Im Puff fragen se' nich’ nach sowat! Wie geht’s weiter? Gehste zu Fuß?“
„Haste s'e noch alle? Erst musste investieren, Alf! Merk dir dat! Dat weiß man, wenn man Bildung hat. Ich hab mir den Porsche von ’nem alten Kumpel, dem Detlef, ausgeliehen. – Nur für heute, und dann werd’ ich seh’n, ob die Alte wirklich Kohle hat.“
„Willst die bloß ausnehmen, wa? Heiratsschwindler is leichter als Bankräuber!“
„Du bist und bleibst blöd! Ich will hier raus aus dem Rattenloch! Raus aus dieser Bude und aus dieser Scheißgegend! Verstehste nich’ wa?“
„Ne, versteh’ ich nich’. Mit der Alten ins Bett und schnell abkassieren, dat is’ die richtige Masche. Wat du da machst, dat is’ Arbeit!“
„Quatsch! Schnell ins Bett! Dafür könnt’ ich auch zu den Drecksweibern in der Charlottenstraße geh´n. Dat kann auch noch abfallen – wenn s’e wat taucht. Ich mach’ langsam, schleich mich an, markier den Schüchternen – dat lieben die! Dann zieh ich bei der ein – Heirat nich’ ausgeschlossen -, darf ans Konto und bin fein raus. Dafür investier ich! Heute lad’ ich die erst mal ganz brav in dat schnieke Café.“
„Echt? - Und dann? Los erzähl!“
„Hab im Erbprinzen ein Zimmer bestellt! Einzelzimmer – is billiger und wir brauchen eh nur ein Bett!“
„Mann, oh Mann! Dat nennste langsam anschleichen? Wo haste die Kohle her für den feinen Schuppen? Warste wieder auf ner Bank und hast abgeräumt?“
„Quatsch! Hab ich einmal gemacht – nie wieder! Hubert is’ und bleibt sauber! Ne, ne, allet ersparte Kohle – in acht Jahren angehäufelt. Ich sag’s doch! Erst investieren, dann kassieren!“ Er zog die Schuhe an und strich die Hosenbeine glatt.
„Wofür der Aufwand, he? Mach’s so wie ich: Geld von der Stütze; hier und da wat Ungefährliches nebenbei und sonst – nur auf der faulen Haut liegen, ein Fläschchen aus’m Aldi und ab und zu ’n Mädchen aus der Charlottenstraße. Mehr braucht dein Alf nich’.“
„Mein Alf hat null Ahnung vom wahren Leben! Dat richtige Leben is’ anders - bestimmt nich’ so, was sich dat hier in der Muffbude abspielt! Ich will mehr vom Leben haben! Fein essen gehen, immer piekfeine Klamotten, den besten Cognac, die niedlichsten Mädchen – und nie mehr in den Knast! Ach ja! Und nach Köln zieh’n, in die einzig wahre Stadt! Raus aus diesem beschissenen Düsseldorf mit seinen Lackaffen und Papageienweibern!““
„Mann, du träumst ’ne Scheiße! Wer soll dat bezahlen, kann ich da nur sagen.“
„Den Tresorschlüssel krieg ich von ’ner passenden Frau. Entweder is’ die´s heute - oder ich find 'ne andere. Aber ich muss hier raus! Alf, du gehst mir auf den Wecker mit deiner Sauferei und dem Dreck hier in der Bude. Mach mal lieber sauber, wenn ich weg bin!“
„Du spinnst wohl, wa? Wofür willste denn sauber gemacht haben? Kommt die Alte vielleicht doch noch?“
Hubert schaute auf die Armbanduhr und winkte heftig ab. „Mensch, halt mich nich’ auf! Is’ schon nach halb. Um drei is’ dat Treffen in dem Café da draußen; muss fast bis nach Essen fahren. Dat hat die Kleine übrigens selber ausgesucht; hoffentlich is’ die Bude nich’ zu teuer!“
„Erst investieren - oder wie dat heißt!“, lachte Alf.
„Blödmann! Also, ich bin weg!“, rief Hubert, fuhr sich durch die aschblonden, nackenlangen Haare und winkte grinsend zum Bett rüber.
„Drück mir die Daumen! Geb' einen aus, wenn’s klappt!“

Es war ihm nicht leicht gefallen, den alten Kumpel wegen dem Wagen anzugehen, er wollte seinen Kredit nicht leichtsinnig verpulvern, aber dann hatte er sich einen Stoß gegeben.
„Keine falsche Bescheidenheit, Hubert! Hast ja noch 'ne Menge gut beim Detlef. Wenn du den verpfiffen hättest, müsste der heut’ noch sitzen und wär nich’ der große Macker, der seine Pferdchen in der ganzen Stadt laufen lässt!“
„Klar, da machste Eindruck mit! So’ n Schlitten siehste nich’ jeden Tag in Düsseldorf“, hatte Detlef gesagt und dabei mit einem bunt karierten Taschentuch über die rote Haube des Porsche gewischt. „Is’ 'n Oldtimer, wie de unschwer erkennen kannst - hat seinen Marktwert. Verstehste? Mach dem bloß keine einzige Schramme, sag ich dir! Hast viel bei mir gut, aber so viel auch wieder nich’! Sonst muss ich dir die Fresse polieren und noch ’n bisschen mehr! Altes klar, Kumpel?“
Hubert drehte die Seitenscheibe runter und hing den linken Arm raus. Das war zwar unbequem, wirkte aber ganz schön lässig – fand Detlef wenigstens, den er oft so gesehen hatte.
„Sieht cool aus, Hubert! Lass die Penner man vor Neid erblassen. Fahr am besten mal am Bahnhof vorbei, kurz rüberwinken und dann mit Vollgas ab durch die Mitte.“
Der Motor röhrte laut und dröhnend, als er mit dem Gas spielte. Mit quietschenden Reifen löste sich der Wagen vom Bordstein und schoss auf die rechte Straßenseite.
„Verdammt! Schon dreiunddreißig! Dat mit dem Bahnhof lass ich man lieber sein – schade drum! Ich weiß noch nich’ mal genau, wo der blöde Schuppen is’. Mist, Mist!“

„Habe deine Anzeige gelesen. Gefällt mir, was du schreibst. Bin solo, einsam und unabhängig und möchte gerne eine Familie gründen.“
Er sei ein erfolgreicher Ingenieur, der auf vielen Baustellen gearbeitet, keine Zeit für Familiengründung und Privatleben gehabt habe und sich jetzt mit seinen Ersparnissen in Düsseldorf häuslich niederlassen wolle. Den Job bei einer großen Düsseldorfer Firma habe er schon so gut wie sicher, obwohl er sich auch vorstellen könne, nicht mehr zu arbeiten.
„Lieber widme ich mich einer schönen Frau und verwöhne Sie nach Strich und Faden!“
Sie hatte sein Passfoto lange angesehen, das Lächeln in seinen Augen abgefragt und erforscht. Er sah nicht gerade seriös aus und genau das beruhigte sie.
Sie seufzte und blickte auf die Ampel, die schon eine Ewigkeit Rot zeigte. Bei Rotgelb fuhr sie los, rollte im ersten Gang über die Kreuzung und sah auf die Uhr.
„Oh, mein Gott! Ich komm’ zu spät! Schon fünfundvierzig!“

Er rollte im Schritttempo, hart an der Stoßstange des Vordermannes klebend, über die Königsallee; die Schlange schien endlos zu sein. Die Fahrer vor ihm hatten es wohl nicht eilig, niemand hupte. Zuerst hatte er mehrfach das kräftige Signalhorn des Porsche ertönen lassen, aber dann genervt aufgegeben; es brachte einfach nichts. Mit der linken Hand trommelte er nervös von außen an das Türblech, immer im Rhythmus der Schlager, die aus den Lautsprechern dröhnten.
Wie er auf die Kö geraten war, blieb ihm ein Rätsel. Er war Kölner, hatte diese Stadt nie gemocht, sie nie näher kennen gelernt. Nur der Knast hatte ihn hier her gebracht – vorübergehend, wie er allen entschuldigend sagte.
Das Viertel um den Bahnhof herum, das kannte er wie seine Westentasche; da waren seine Kneipen, gab es käufliche Mädchen und da traf er die Kumpel, mit denen er im Knast gesessen hatte.
Jedenfalls lief ihm die Zeit weg und er spürte seine Ungeduld wachsen, die ihn schon oft genug zu unbedachten Handlungen verleitet hatte. Sein Trommeln auf das Türblech wurde härter, aggressiver.
Einige Wagen parkten in der zweiten Reihe, ließen den Verkehr jetzt völlig zum Erliegen kommen.
Er sah zu den Frauen rüber, die vor den Geschäften der Kö-Promenade standen, sich gegenseitig auf die Auslagen aufmerksam machten und dann, nach gespieltem Zögern, in den Geschäften verschwanden.
„Guck s'e dir an Hubert, diese Papageienweiber! Dat sind s’e, die reichen, gelangweilten Weiber. Die warten nur auf den Hubert!“
„Bin ungebunden, weiblich, 38, vermögend, nicht berufstätig. Suche Partner für gemeinsam gestaltete Freizeit. Spätere Heirat nicht ausgeschlossen! Unverheiratete deutsche Männer, nicht älter als 45, bitte Antworten mit Foto an Chiffre-Nummer 3-2001-178“.
„Vermögend!“ Das Wort hatte ihn förmlich elektrisiert, hatte ihn aufspringen lassen, als hätte ihn eine Schlange gebissen. Das war seine Zukunft, da war er sicher, spürte eine Berufung, einen Aufruf, dem er nicht widerstehen konnte.
Wie konnte dieser Zufall was anderes sein, als ein Schicksalswink? Er hatte gelangweilt in der Zeitung geblättert, in die Alf aus alter Pennergewohnheit seine Schnapsflasche eingepackt hatte, als er aus dem Aldi kam. Dabei war er auf die Seite mit den Kontaktanzeigen gestoßen. Er hatte Alf, der nicht wusste, was die Druckerschwärze bedeutete, besonders auffällige Anzeigen vorgelesen.
„Hier, die Alte, dat wär wat für dich, Alf. Hör zu! ‚Suche potenten Mann mit Vermögen und Haus!’. Wat warteste noch?“
Sie hatten gelacht, geflachst und deftige Witze gerissen, bis er diese Anzeige gelesen hatte.
„Wenn dat kein Zufall is’! Dat is genau dat Richtige für deinen Hubert! Hör zu, Alf!“
Noch in der selben Stunde hatte er sich hingesetzt, stundenlang auf einem alten liniierten Block den Brief formuliert, der voller Fehler war und in seiner ungeübten, krakeligen Handschrift kaum entziffert werden konnte. Er kannte seine Schwächen und brachte das Papier in ein Schreibbüro an der Schadowstraße.
Das Mädchen hatte unverschämt gegrinst, fünfundfünfzig Mark verlangt, den Brief sauber abgeschrieben und mit einem „Na dann viel Glück!“, wissend lächelnd überreicht. Er hatte ein altes Passfoto gefunden, auf dem er noch den Vorgänger des taubenblauen Anzugs getragen hatte, der längst im Müll verschwunden war.
Als der Antwortbrief kam, war er fassungslos erstaunt, besah sich seine zerschlissenen Klamotten und das von Lastern jeder Art gezeichnete Gesicht. Er war nicht gerade selbstkritisch, aber das sah selbst er; die besten Jahre hatte er hinter sich. Jetzt konnte es nur noch oberflächliche Korrekturen geben; vielleicht half es, wenn er sich mal eine Woche vom Alkohol verabschiedete und früh schlafen ging.
„Warum nich’? Steckt noch 'ne Menge in dir drin, alter Junge!!“ Er begann sofort mit der Planung und Vorbereitung des Treffens.
„Verdammt!“ Er drückte das Gaspedal rhythmisch durch, ließ den Motor brüllen. Einige Frauen, die über die beliebte Einkaufsstraße flanierten, drehten sich um und starrten den Wagen wütend an. Er grinste lässig und zeigte ihnen den Mittelfinger. „Papageienweiber!“
Noch ein Blick auf die Uhr, dann riss seine Geduld; er drehte das Lenkrad scharf nach rechts, gab Gas und ließ den Wagen zwischen einer weißschorfigen Platane und der Seitenbespannung eines Straßencafés auf die breite Promenade holpern.
Zwei Damen auf hohen Stöckelschuhen, mit Netzstrümpfen, Perücke und leichtem Sommerpelzjäckchen bekleidet, tauchten vor seinem Kühler auf. Sie hüpften mit spitzen Schreien zur Seite, zeigten wütend blendend weißes Gebiss. Die Ältere führte eine schneeweiße Ente an einer feingliedrigen, goldig glänzenden Kette; das Tier hob empört die Flügel, reckte sich und gackerte kampfbereit.
Wild kurbelnd umfuhr er die aufgeregte Ente, die nach Luft schnappenden Damen und schoss vor. Er fuhr stark links, entlang der Bäume und grinste rüber zu den wartenden Wagen.
Es kam nur einige Meter weit, bis das nächste Hindernis ihn stoppte. Das stand auf zwei stämmigen Beinen, trug einen breitkrempigen schwarzen Hut auf einem dicken Schädel, einen maßgeschneiderten Anzug auf dem massigen Körper und eine überlange Zigarre in der Linken. Die Rechte fuchtelte drohend vor seiner Frontscheibe und wüste Drohungen drangen zerfetzt durch das Motorgebrüll.
„Angeber ... Prolet am Steuer ... Polizei auf den Hals ... Arschloch!“
Er zeigte dem Mann den Vogel, umfuhr die feine Bosshose und die drohend geschwenkte - garantiert kubanische - Zigarre messerscharf, gab wieder Gas und kam endlich an eine unbefahrene Querstraße. Er wusste nicht genau, wo sie hinführte, erreichte aber tatsächlich nach etlichen Querstraßen die Bundesstraße 8. Tief durchatmend drückte er die Arme vor das Lenkrad und trat das Gaspedal voll durch. Es war drei vor drei!

„Auch das noch!“
Ein Kinderhort machte seinen alljährlichen Stadtbummel. Ausgerechnet um drei Minuten vor drei mussten die hopsenden, quirligen Kinder, geführt von stressig schauenden jungen Frauen, vor ihr die Straße queren. Sie wedelte mit knapp erhobener Hand und eisigem Gesicht den übermütigen winkenden Kindern zu.
Als sie endlich losfahren konnte, überfiel sie plötzlich ein eigentümliches Gefühl. Das Winken der Kinder! - Das war es, was sie warten ließ. Vielleicht benutzte das Schicksal diesen übermütigen Kinderhort um ihr zu winken, um Halt zu rufen und Nachdenken einzufordern? Vielleicht sollte sie einfach Gelegenheit bekommen, ihren Entschluss noch einmal zu überdenken?
„Was ist, wenn Mutter recht hat? Kein Mann wird mit Mutter zusammen in einem Haus leben können; das gäbe Mord und Totschlag – oder eine Blitzscheidung! Bin ich selber das Problem? Nein! Mutter ist das ganze Problem! Ich muss was ändern, egal ob mit oder ohne Mann! Wenn ER heute der Richtige ist, dann pack ich’s an, dann bring ich sie in ein Pflegeheim - und wenn sie noch so zetert.“
Sie drückte den Blinkerhebel entschlossen nach unten und sah in den Rückspiegel, bevor sie nach links auf die Abbiegespur zur Schnellstraße einbog. Es war eine Minute vor drei.

„Der blöde Alf wird sich umgucken. Hubert is’ der kommende Mann! Düsseldorfs feine Gesellschaft wartet schon auf ihn! Vielleicht lad’ ich den Alf mal in unsere Villa ein. - Aber erst, wenn allet gelaufen is’ - Trauschein und so. Bei der Hochzeit den Alf als Trauzeuge! Ich lach mich kaputt!“
Er wechselte bei Bedarf die Spuren von rechts nach links, überholte langsamere Wagen mit einem Hochgefühl, das ihn berauschte.
„Die Alte soll bloß nich’ ankommen und mir Taschengeld verordnen wollen! Ha! Gleichberechtigte Partner! Ich will Kohle haben ohne Ende, ohne einmal zu fragen. Ich will die teuersten Bars, die angesagtesten Lokale und Discos und ich will nie mehr an den Knast denken müssen! Die Alte kriegt ja auch wat fürs Geld!“
Er sah auf die Uhr am Armaturenbrett und fluchte. Es war eine Minute vor drei und bis zum Café bestimmt noch fünf Minuten. Dann lächelte er und lehnte sich entspannt zurück.
„Hubert hat’s nich’ nötig, pünktlich zu sein! Gut so! Allet im Lot, Hubert! Musst lässiger werden: hast’s nich’ mehr nötig, den Diener zu spielen – du bis’ der Herr!“

Sie rollte langsam auf die Ampel zu, die gerade auf Rot gewechselt hatte. Verärgert spürte sie ihre zitternden Beine, als sie an die bevorstehende Begegnung dachte.
„Nur noch ein paar Minuten! Mist! Warum muss ich bloß immer an diesen blöden seriösen Kerl denken?“
Sie sah das jovial lächelnde Gesicht, die feinen Hände mit den eleganten Bewegungen, die weißen Manschetten und die schwere goldene Uhr deutlich vor sich. ‚Kind, Sie sind so ernst! Können Sie nicht lachen?’ Sie verzerrte ihr Gesicht, versuchte zu lächeln.
„Scheißkerl!“
Sie musste selbstsicherer werden, mindestens musste sie so wirken. Sie hatte mal gelesen, dass Männer voll auf selbstbewusste Frauen abfahren würden; sie reizten ihr Ego, sie mussten sie erobern, um ihre eigene Stärke zu genießen.
Die Handymelodie war ihr schon lange auf die Nerven gefallen; die hatte sich Mutter ausgesucht, als sie das Ding gemeinsam eingerichtet hatten. „Weiße Rosen aus Athen“ dudelten wie aus einem alten Klimperkasten. Sie griff mit der Rechten blind zum Beifahrersitz, ertastete das Handy und hob es vor die Augen.
„Mutter“ las sie im Display und drückte wütend auf die Taste mit dem grünen Hörer.
„Es reicht Mutter! Ich habe dir gesagt, dass ich das Handy künftig ausschalte!“, schrie sie wütend, mit sich überschlagender Stimme, ohne auf eine Entgegnung zu achten. Sie drehte mit der Linken das Lenkrad, trat gleichzeitig vehement das Gaspedal nach unten und schoss vorwärts. Hinter ihr hupte es lange, warnend, alarmierend.
„Du kommst mir nie mehr dazwischen, Mutter! Es ist mein Leben!“, schrie sie, drückte den Aus-Knopf und warf das Handy auf den Beifahrersitz. Der Wagen bog in großem Bogen in die Schnellstraße ein.

Er war noch mehr als hundert Meter von der Ampel entfernt, als sie auf Grün umsprang. Er wechselte rüber auf die linke, freie Fahrspur.
„Na also! Dat is’ ’n Zeichen! Ab jetzt soll der Hubert immer Glück haben.“
Das Gaspedal ließ sich willig bis zum Anschlag durchtreten, der Motor heulte auf, die Räder radierten den Asphalt. Die Tachonadel schnellte hoch, raste über die Zahl 100 hinweg, als sei das eine lächerliche Zwischenstation, zog hoch zur 140. Mit laut röhrendem Auspuff schoss der Wagen in die Kreuzung. Es war genau drei Uhr!

Das rote Blech des Porsche schob sich leicht - gerade so wie ein puffiges holländisches Weißbrot - zu einer Ziehharmonika zusammen, bohrte sich dabei stöhnend, knirschend und krachend in das rote, stark verblasste Türblech des VW-Polo. Die Windschutzscheibe des Porsche flatterte, sich drehend und überschlagend, hoch in die lauwarme Frühlingsluft, ließ die Sonnenstrahlen irrlichternd aufblitzen. Aus dem Fensterloch flog ein Mann in taubenblauem Anzug waagerecht der Scheibe hinterher. Die gelbblaue Krawatte stand senkrecht vor seinem Gesicht.
Als der Kopf die Seitenscheibe des VW-Polo auf der Höhe des Beifahrersitzes wegdrückte, einen Teil des Schädels und des Gehirns an der Oberkante des Holms zurück ließ, da schlug sich die Frau im VW-Golf den zurückprallenden Kopf an der anderen berstenden Scheibe und schloss seufzend die Augen.
Hubert aber drehte sich nach der unsanften Berührung um die Achse, legte sich erstaunlich sanft auf Lenkrad und Oberkörper der Fahrerin, rutschte sehr langsam tiefer und kam in recht bequemer Lage zur endgültigen Ruhe. Stille herrschte drinnen wie draußen; man konnte deutlich das aufgeregte Werben der Amseln hören, die im Kastanienbaum saßen, der einigen Schatten auf die Szene warf.

Sie war nur für wenige Sekunden bewusstlos. Als sie zurückkam ins richtige Leben, da spürte sie ein Gewicht auf ihrem Schoss. Ganz langsam senkte sie den schmerzenden Kopf und sah - erst verschwommen, dann langsam klarer - ein männliches Gesicht mit vielen Falten, offenem Mund und weit aufgerissenen Augen, das zwischen ihr und dem Lenkrad hing.
„Hallo – so ein Zufall“, hauchte sie und fühlte einen drehenden Schwindel.
Nachdenklich blickte sie in das verlebte Gesicht, betrachtete die dicken Tränensäcke, das unsauber rasierte Kinn, die glasigen Augen, die sie starr ansahen.
„Auf dem Foto sah er deutlich besser aus!“, dachte sie nach blitzartigem Erkennen. Ein feiner Nebel hüllte sie ein, verwischte das Gesicht auf ihrem Schoss. Langsam sank ihr Kopf nach unten, immer tiefer, bis endlich ihr Gesicht auf seinem Gesicht lag, ihre Nasen und Münder sich zärtlich berührten.

„Haben sie dich freigelassen? Das hätte ich nicht erwartet!“
Die Raubvogelaugen betrachteten die Eintretende vom Kopf bis zu den Füßen; man sah keine Regung in dem faltigen Gesicht. Die ledern wirkenden Hände zuckten unruhig über das Oberbett.
Die hübsche junge Frau trug einen mit roten Schleifen verzierten Obstkorb im Arm. Ihre Haare waren stufig, kurz geschnitten; ihr schwarzer Hosenanzug wirkte elegant und sah neu aus; die hochhackigen Sandaletten zeigten ihre leicht gebräunten Füße.
Sie lachte nicht – sie lächelte! Sie lächelte so locker, so leicht, dass ihr hübsches Gesicht unwiderstehlich wirkte.
„Oh, Mutter! Du bist ja so charmant! Guten Tag, erst einmal.“
„Guten Tag, Kind. Was gibt es zu lachen? Gestern war doch dein Gerichtstermin! Bist du jetzt vorbestraft? Haben sie es als Mord oder als Totschlag gewertet?“
„Mutter! Du bist unglaublich schrecklich! Soll das witzig sein?“
„Wieso witzig? Es interessiert jede Mutter, wie es ihrem Kind ergangen ist, wenn es wegen eines Tötungsdeliktes vor Gericht stand!“
„Wie sich das anhört! Tötungsdelikt! Es war ein Unfall, bei dem ein Mann tödlich verletzt wurde. Das gibt’s täglich zigmal auf unseren Straßen. Außerdem - keine Mutter ist so herzlos wie du! Nun gut! Ich muss dich enttäuschen; kein Mord, kein Totschlag, kein Gefängnis, weder sofort noch auf Bewährung! Ein Jahr Führerscheinentzug, wovon ich schon ein halbes Jahr hinter mir habe, das war’s!“
„Na, dann war unser Anwalt aber gut!“
„Kann sein; immerhin war das kein unbeschriebenes Blatt. Mein Gegner – also der Tote – ist mit einem gestohlenen Auto, das auch noch falsche Nummernschilder hatte, mit rund hundertundfünfzig in die Kreuzung gerast. ‚Erhebliche Mitschuld’ heißt das bei den Juristen.“
„Geht das, wo der doch tot ist, der arme Mann?“
„Von wegen der arme Mann! Ein - äh – ein Betrüger war das! Und die Mitschuld, die ist wichtig wegen dem Strafmaß - und wegen der Versicherung, Mutter!“
„Oh! Bekommst du den Wagen ersetzt?“
„Ich glaub’s einfach nicht! Du hast Sorgen, Mutter! Eigentlich hätten sie dich einlochen müssen, wegen des Anrufs. Immerhin ist alles nur so gekommen, weil du mich unbedingt anrufen musstest - obwohl ich es dir verboten hatte.“
„Ich hab extra bis um drei gewartet! Das war schon lange genug!“
„Ach Gott! Ich fass es nicht! Da muss ich mich ja noch wundern, dass du keine Vermittlungsgebühr beanspruchst, Mutter. Ohne deinen Anruf hätte ich ja Peter nicht kennen gelernt!“
„Hätte ich bloß nicht angerufen!“
„Also! Das hätte ich mir ja denken können. – Jedenfalls haben sie mir geglaubt, dass ich durch deinen telefonischen Hilferuf aus der Fassung geraten bin und die rote Ampel vergessen habe. Der Richter hatte so ein Mitleid mit dir!“
„Wenigstens ein Mensch, der mich bedauert!“
„Ich zähl’ wohl nicht? - Hier, Mutter. Ich hab dir was mitgebracht.“
„Du bringst mir immer einen unnötigen Kram mit! Apfelsinen und Bananen! Du weißt es genau, Gertrud! Apfelsinen mochte ich noch nie! Bananen sind was für Affen! Was soll ich mit dem Zeugs? Wenn du gehst, verschenke ich den ganzen Obstladen an die tatterigen Weiber, die sich hier rumtreiben. Du könntest dir für deine Mutter ruhig mal was Besseres einfallen lassen!“
Ihr Gesicht sah grau und schmal aus; mit den wachen Augen und dem messerscharfen Nasenrücken hatte sie etwas von einem Raubvogel. Ihre Blicke pendelten unruhig von Gertrud zur Zimmertür.
„Erwartest du jemanden?“
„Ich? Quatsch! Ich bin die einsamste Frau auf der Welt. Niemand besucht mich, keiner will mir vorlesen. Alles muss man hier alleine machen!“
„Mutter! Du nörgelst, wenn ich komme und du nörgelst, wenn ich gehe. Das Haus ist anerkannt gut, ich besuche dich jede Woche und ich habe alles versucht, um dir eine Freude zu machen. Was habe ich nicht alles mitgebracht! Bücher! ‚Ach Kind, die haben hier alle schönen Romane von der Pilcher und dem Konsalik in der Bibliothek. Nimm den Mist wieder mit! Das ist nicht mein Geschmack.’ Dann Zeitschriften. ‚Lese ich nicht! Alles Schund!’ Dazu Gebäck und Kuchen. ‚Willst mich wohl schnell unter die Erde bringen, was?’ So geht das ständig!“
„Du übertreibst wie immer! Du hast dir nie Mühe gegeben, dir was für mich einfallen zu lassen! Und überhaupt! Hier leben nur alte Tattergreise und Mumien! Das ist ein Vorfriedhof; es riecht nach Tod und Teufel!“
„Es ist das Beste, was man sich heute leisten kann! Und du bist ja wohl auch kein junges Mädchen mehr. Und wenn’s der englische Palast wäre, du würdest ihn zerreißen. Egal, was ich mache, du spuckst nur Gift und Galle!“
„Wie sprichst du mit deiner alten Mutter? Übrigens, morgen ist es ein halbes Jahr her, dass du mich abgeschoben hast.“
„Ich habe dich nicht abgeschoben! Was hätte ich denn machen sollen nach meinem Unfall?“
Sechs Wochen hatte sie im Krankenhaus gelegen, nur mit viel Glück war sie an einer Lähmung vorbei gekommen. Danach durfte sie monatelang keine schweren Sachen tragen, musste den lädierten Halswirbel schonen.
Ihr Mutter hatte unbedingt im Haus bleiben wollen, hatte sich gegen alle Vorschläge, die sie ihr vom Krankenbett aus gemacht hatte, gesperrt. Dann hatte sie durchgegriffen und die Verlegung in das renommierte Haus „Seeschwalbe“ veranlasst.
„Es hätte sehr wohl andere Möglichkeiten gegeben!“
„Ach ja? Wer hat sich denn geweigert, eine gelernte Pflegerin ins Haus zu lassen?“
„Fremde gehören nicht in unser Haus! Man wird bestohlen, beraubt und vergewaltigt – das liest man doch beinahe täglich! Nein, nein, mein Kind; der Unfall kam dir wohl gerade recht, um mich endlich los zu werden! Ist es nicht einsam da draußen ohne mich? Hast du dir diesen - wie heißt er noch - diesen Peter schon ins Haus geholt?“
„Du fragst das bei jedem Besuch! Entschuldige, Mutter, aber du regst mich auf. Ich habe einen Freund – Peter - ja. Ich geh mit ihm ins Theater und ins Restaurant - ja. Ich verlebe erstmals in meinem Leben eine glückliche Zeit - ja. Er wohnt nicht in unserem Haus – noch nicht - ja. Ich kann dich nicht zurückholen, weil ich arbeite, weil ich endlich einen Job bei Siemens als Übersetzerin gefunden habe - ja! So, das ist die selbe Information, die ich dir vorige Woche und in den Wochen davor gegeben habe.“
„Werd’ ja wohl mal nachfragen können! Warum du nur immer was mit Männern hast!“
„Mit Männern! Das mit Peter war doch ein Zufall!“
Sie hatte Peter erst am Krankenbett kennen gelernt. Er war, ausgestattet mit einem dicken Brett, auf dem sein Block lag und mit einem stumpfen Bleistift, an dem er ständig mit einem Taschenmesser hobelte, gekommen, um sie nach dem Unfallhergang zu befragen.
Er war mit seinem Polizeiwagen zufällig als erster am Unfallort gewesen, noch vor dem Krankenwagen, weil er gerade auf dem Weg zum Dienst war.
Er hatte sie aus dem Wrack gezogen, mit Mund-zu-Mund-Beatmung wiederbelebt und sich sofort in sie verliebt, wie er beim dritten – wohl überflüssigen - Besuch gestand.
„Ein Polizist als Schwiegersohn! Das nenn’ ich einen sozialen Abstieg! Wenn Papa das wüsste! Er würde sich im Grab umdrehen!“
„Polizist ist ein ehrenhafter und anständiger Beruf! Außerdem ist Peter ein feiner Mann - und wir lieben uns, Mutter!“
„Ach, die Liebe! Du wirst es noch lernen; die verbrennt schneller, als der Schnee in der Sonne.“
„Ich platze gleich! Gibt es etwas, was du nicht kaputt machen willst, Mutter?“
„Das ist die Wahrheit Kind. Lass dir das von einer erfahrenen Frau sagen! Übrigens, musst du denn unbedingt arbeiten? Wir haben doch Geld genug. Dann könntest du dich um mich kümmern“
„Oh, mein Gott! Die Arbeit macht mich glücklich; dafür habe ich studiert!“
„Das Geld, das du da bekommst, wirfst du für neue Klamotten wieder raus! Du siehst aus, als wenn du dich auf einem Sklavenmarkt anbieten müsstest! Dieser schreckliche Anzug und die Absätze an diesen Dingern! Das sollen wohl Schuh sein? Die kurzen Haare! Mein Gott, deine langen Locken waren so schön! Und dann diese Farben im Gesicht! Du gefällst mir nicht, Kind!“
„Das ist gut, Mutter! Das soll es auch nicht!“
„Was gibt es da zu lachen? Lachst du mich aus?“
„Oh nein! Du kennst den Unterschied nicht, Mutter; ich lächele nur. Du siehst in meinem Gesicht, wie ich mich fühle; ich bin einfach glücklich!“
„Papperlapapp! Glück ist vergänglich! Sieh mich an! Ich vegetiere hier vor mich hin, bin ein sterbenskranker Krüppel - und meine Tochter lächelt glücklich!“
„Wenn ich nur einmal auf Peter hören würde! Weißt du, was er mir rät?
‚Lass sie doch mal einfach vor sich hinschmoren! Geh einfach eine Weile nicht ins Pflegeheim; lass dich von der alten Hexe nicht mehr beschimpfen!’
Aber ich dumme Kuh komme immer wieder - jede Woche - und freue mich sogar darauf. Aber, wenn ich wegfahre, dann koche ich jedes Mal vor Wut darüber, dass ich wieder so blöd war und auf eine warme Hand, ein nettes Lächeln und ein ‚Danke mein Kind’ gehofft habe.“
„Du kennst mich doch, Gertrud! Ich ändere mich nicht mehr, das weißt du, mein Kind! Das harte Leben hat mich geprägt und so gemacht, wie ich bin. - Und deinem Peter sag bitte, dass ich ihm die Hexe mehr als krumm nehme! Er braucht Weihnachten nicht zu kommen!“
„Oh, Mutter! Ob er das übersteht?“

(C) Eduard Breimann
 



 
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