Zurück zur Natur

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Frankybond

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Zurück zur Natur

Bisher war ich mit dem Friseur meiner Frau so zufrieden, daß ich ihm sogar selbst, zweimal im Jahr meinen eigenen Kopf anzuvertraute.

An diesem Freitag saß ich gemütlich vor meinem Computer,

während meine Angetraute schon seit etlichen Stunden bei besagtem Figaro weilte. Wenn, wie die alte Weisheit besagt, was lange währt besonders gut wird, mußte sie diesmal mit einer haartechnischen Meisterleistung heimkommen, die ihresgleichen suchen würde.

Hoffentlich denkt sie daran, auf dem Rückweg ihre Zigaretten mitzubringen.
Mit Schaudern erinnerte ich mich daran, wie oft sie mich schon mitten in der Nacht zum Automaten gejagt hat, um ihre Lieblingssorte zu ergattern. Da sie, im Gegensatz zu mir, eine sehr ausgefallene Marke bevorzugte, war dies immer mit einem längeren Fußmarsch verbunden, auf den wir beide eigentlich gut verzichten konnten.

Deshalb war ich es ja auch, der die Ehre hatte, für die Nikotinbedürfnisse meines geliebten Weibes meilenweit zu gehen.

Noch aber konnte ich hoffen. Bestimmt hatte sie sich ihre geliebten Glimmstengel diesmal selbst besorgt.

Da, ich hatte eben erst die zehnte Seite eines Drehbuchs begonnen.
- Es schloß an unserer Wohnungstür. -
Freudig erregt erwartete ich meine Ex-Verlobte.

Mit frisch gestyltem Kopf rauschte sie in mein Arbeitszimmer.
Noch ehe ich eine Chance zur Gegenwehr hatte, riß sie mir die Zigarette aus dem Mund und drückte sie im bereitstehenden Aschenbecher aus.
"Weißt du denn nicht, wie gefährlich das Rauchen für die Gesundheit ist?" erkundigte sie sich besorgt.

Selbstverständlich weiß ich, wie die meisten Raucher, um die Gefährlichkeit des Rauchens.
Allerdings hatten wir beide angesichts der ungezählten Greise, die liebevoll ihr Pfeifchen schmauchend, ein hohes Alter erreicht hatten, die Risiken dieses Genusses bewußt kalkuliert auf uns genommen.

"Eben erst habe ich gelesen, daß jede Zigarette deine Lebenserwartung um 20 Minuten verringert."
Aha, daher weht also der Wind.
Meine Gefährtin hatte wohl ihre Nase etwas zu tief in die Regenbogenpresse gesteckt und sich dabei infiziert.

Vorsichtig erkundigte ich mich bei ihr, welches Alter, der leidenschaftliche Zigarrenraucher, Churchill wohl als Nichtraucher, über seine lächerlichen 91 hinaus erreicht hätte.

"Das ist ja was ganz anderes!"
Diese Erwiderung kannte ich allerdings bereits. Es war eines dieser überzeugenden, ultimativen Argumente, die mein geliebtes Weib immer anwendet, wenn sie an die Grenzen ihrer Beweisführung stößt und denen man nichts entgegensetzen kann und darf.

Seufzend betrachtete ich meine zerdrückte Zigarette, völlig sicher in der Überzeugung, daß spätestens nach dem Abendessen der Drang nach dem täglichen Nikotinstoß bei meiner Frau übermächtig werden und mich zum Automaten treiben würde.

Aber statt dieser Lösung meines Problems kam ein neues hinzu.
- Bernd meldete sich.
Nachdem wir sechs Jahre nichts voneinander gehört hatten, rief mein alter Schulfreund überraschend an, um uns mit seiner Stippvisite am selben Abend zu beehren. Um das Essen sollten wir uns bitte nicht kümmern, er bringe alles Notwendige mit.

Erfreut, der lästigen Pflicht zu entgehen, das Essen selbst zu machen, sagten wir erwartungsvoll zu.

Pünktlich, nach der Abendschau, erschien er auf der Bildfläche.
Überschwenglich die Dame des Hauses begrüßend, streifte er seine Gesundheitssandalen noch vor der Tür ab und erbat sich von mir einen Karottensaft als Willkommenstrunk.

Nachdenklich betrachtete ich den trinkfestesten Kameraden aus meiner Hochschulzeit von der Seite, während wir ins Eßzimmer schlenderten.

"Ich sehe zu meiner Freude, daß es bei euch keine Aschbecher gibt. Ihr seid also auch Nichtraucher?"

Überrascht schaute ich mich um. Tatsächlich, mein geliebtes Weib hatte ganze Arbeit geleistet. - Während man im allgemeinen in jedem unserer Zimmer eine reife Zigarette nur anzutippen braucht, um einen Ascher zu treffen, konnte ich jetzt, auch bei genauem Hinsehen, keinen einzigen finden. Auch dem typischen Duft, der in unserer Wohnung allgegenwärtig war, hatte wirkungsvolles Raumspray den Garaus gemacht.

Sollte die Nichtraucherphase in unserer Wohnung etwa doch länger dauern, als ich angenommen hatte?
--- Ich wußte es noch nicht, aber ich stand am Beginn eines langen Leidensweges.

Berd hatte sein Versprechen gehalten und das Abendessen mitgebracht. Ich hörte ihn in der Küche hantieren, wo er die Mahlzeit mit Hilfe meiner geliebten Frau zubereitete.

Es begann mit einer Kürbissuppe und steigerte sich über etliche Salate zu Sojasteak in Kressesouce.
Als ich bereit war mit dem Essen zu beginnen, waren sowohl mein Freund als auch meine geliebte Frau bereits fertig.
"Köstlich war das," lobte sie überschwenglich "so wohl gefühlt habe ich mich schon lange nicht mehr."

Ich bemühte mich das taktlose, laute Knurren meines Magens zu unterdrücken und überlegte, wie ich jetzt unauffällig etwas Kräftiges zum Essen bekäme.
Zum Glück fand ich noch ein paar Würstchen im Kühlschrank, die ich gierig auf dem Rückweg von der Toilette verschlang.

Den Rest des Abends verfolgte ich mit wachsendem Entsetzen die Reden meines Freundes und beobachtete mit Unbehagen, wie meine Frau begierig an seinen Lippen hing.
"Wußtet ihr, daß es nur noch eine Frage von wenigen Jahren ist, bis wir alle nasse Füße bekommen?"
Bernd schaute meine Frau beifallsheischend an und tatsächlich, zustimmend nickend erwiderte sie gut informiert:
"Ja. - Das habe ich heute erst gelesen. Durch den Treibhauseffekt wird es auf der Erde so warm, daß das Packeis schmilzt und dadurch der Meeresspiegel um mehrere Meter steigt."

Wie eine Grundschülerin ihren Lehrer himmelte sie Bernd im Flehen um eine gute Note an. Und wirklich. Dieser nickte beifällig lächelnd.
Ich betrachtete nachdenklich meinen Whisky, in dem das Eis schmolz, ohne daß der Flüssigkeitsspiegel auch nur einen Millimeter stieg. Unglücklicherweise meinte ich, auch mein holdes Weib auf dieses Naturgesetz aufmerksam machen zu müssen, daß ein schwimmender Körper genau die Menge Wasser verdrängt, die seinem Gewicht entspricht.

Ich hätte mir die Antwort eigentlich denken können.

"Das ist doch was ganz anderes, ob du die Ozeane oder dein Whiskyglas betrachtest," belehrte mich meine Angebetete.
"Aber das ist doch ein Naturgesetz," flehte ich weinerlich, "eine feste Regel."
"Keine Regel ohne Ausnahme, denn die bestätigt die Regel" war die geistreiche Antwort.
"Zeige mir die Ausnahme, die den Satz des Pythagoras oder des Euklid bestätigt und ich halte den Mund." bot ich an.

"Das ist ja was ganz anderes." erwiderten meine Frau und mein ehemaliger Freund im Chor.

Der Abend begann eine bedrohliche Wendung zu nehmen.

Bei meinem Eheweib zeigte die langjährige Lektüre von Illustrierten und Boulevardzeitungen aller Coleur langsam Wirkung.

Und Bernd schien ihr auch noch Beifall zu klatschen.
Irgendwie mußte es mir gelingen, die Situation zu retten.

In einem möglichst beiläufigen Plauderton versuchte ich die Unterhaltung in andere, ungefährlichere Bahnen zu lenken.
"Stellt auch mal vor, ich habe gelesen, da ist ein Kleingärtner doch tatsächlich zur Entfernung seines Misthaufens aufgefordert worden. Die anderen Laubenpieper könnten bei dem Gestank die Natur nicht richtig genießen."
"Naja, ich hätte auch nicht gerne einen Misthaufen vor meinem Fenster." stellte mein Frauchen fest.
"Richtig, hier in der Großstadt wäre das ja auch etwas unpassend, aber in einem Kleingartenverein, der in jedem Satz seine Naturbezogenheit in den Himmel hebt, erwarte ich doch ein wenig mehr Verständnis für ländliche Düfte.

Das Tollste daran ist: der Richter hat ihn nicht nur verdonnert den Misthaufen abzuschaffen, sondern sogar festgelegt, wieviel Prozent seines Grundstücks mit Rasen bewachsen sein darf und wie oft der geschnitten werden muß. - Zurück zur Natur! - Habt ihr schon mal sowas Schizophrenes gehört?"

Bernd Berger, der die ganze Zeit meinen Zitaten ohne ein Lächeln gelauscht hatte, meldete sich jetzt wieder etwas säuerlich zu Wort.
"Du kannst dir wohl nicht vorstellen, daß manche Menschen in ihrer Freizeit möglichst ungestört die Natur genießen wollen, wie? Was meinst du, wie stolz wir waren, als wir diesen Störenfried zur Räson gebracht hatten." ereiferte er sich.
"Der hat sogar Unkraut auf seinem Grundstück wachsen lassen!" setzte er triumphierend nach.

Da hatte ich ja wohl mal wieder mein Fettnäpfchen vom Dienst, präzise wie ein Politiker, getroffen.

Im weiteren Verlauf des Abends dozierte Bernd endlos über seine Besorgnis bezüglich der Umwelt.
Laufend verhedderte und widerlegte er sich in seiner Beweisführung selbst, während meine Frau an seinen Lippen hing.

Ich gab es auf, den Naturgesetzen zu ihrem Recht zu verhelfen und lauschte wortlos der Wahlrede meines früheren Klassenkameraden und jetzigen Möchtegernpolitikers.
Glücklicherweise stellte er bald fest, daß es für ihn Zeit zum Gehen war.
"Wißt ihr, wir haben morgen früh ein Sit-in für die Ausnahme aller Radfahrer von der Straßenverkehrsordnung, da kommt es auf jeden Mann an."
"Na denn, sittet mal schön in." verabschiedete ich meinen ehemaligen Kameraden, nicht ohne innerlich drei Kreuze zu schlagen.

"Der ist doch ganz nett." meldete sich meine Angetraute zu Wort, nachdem Bernd endlich weg war.
"Was der für eine Bildung hat, davon kann sich so mancher eine Scheibe abschneiden." fuhr sie mit einem Seitenblick auf mich etwas frostig fort.
Ich verzichtete auf eine weitere Diskussion und begab mich in unser eheliches Schlafzimmer.

Die ersten Traumbilder von der späten Verwirklichung des Morgenthau-Planes schlichen sich bereits in meine Gedanken, als die Stimme meiner liebenden Frau mich hochschrecken ließ.
"Wir werden uns ein neues Schlafzimmer kaufen müssen." stellte sie sachlich fest.
"Aber warum, um Himmels Willen, denn das? Wir haben die Betten doch erst vor zwei Jahren gekauft. Der Schrank ist sogar erst ein Jahr alt."
"Weißt du denn nicht, wieviel Formaldehyd diese Bretter absondern? Da kann es dir passieren, daß du aufwachst und bist tot!"

Der Gag war nicht schlecht, aber leider nicht von ihr. Außerdem hatte sie es überhaupt nicht gagreich, sondern durchaus ernst gemeint.
"Natürlich kann Formaldehyd schädlich sein, aber nicht in diesen kleinen Mengen, die unsere rundum versiegelten Bretter ausdünsten. Da gibt jeder menschliche Organismus mehr ab. Außerdem reagiert längst nicht jeder Organismus auf Schadstoffe gleich."

Diese wissenschaftliche Exkursion hatte mich endgültig erschöpft, und es dauerte nicht lange, bis ich fest einschlief.

Zu Beginn des nächsten Tages erwachte ich in der freudigen Erwartung eines kräftigen Frühstücks.
Wer beschreibt mein Entsetzen, als der Tisch sich mir mit einer Kanne Jasmintee und mehreren verschiedenen Schüsseln Vogelfutter präsentierte.

"Hast du zufällig die Butter und den Schinken gesehen?" forschte ich gierig.

"Wir werden keine Butter, Eier oder Schinken mehr essen, damit wir unseren Cholesterinspiegel normalisieren."
"Aber mein Cholesterinspiegel ist doch völlig OK, hat der Marten beim letzten Check-Up gesagt." wagte ich zu erwidern.

"Und so soll es auch bleiben.-- Also, iß brav das Müsli und überlaß deine Gesundheit mir."
"Ja, Mami" murmelte ich, während die geliebte Frau mir einen Kuß auf meine beginnende Halbglatze gab.
"Jetzt schreib` schön weiter an deiner Geschichte, ich muß zum Auskämmen. Wenn du schön lieb bist, bringe ich dir auch ein paar Äpfel mit. Du weißt ja, Vegetarier werden älter."
"Stimmt nicht, sie sehen nur älter aus."
"Ignorant!" grinste mein mich liebendes Weib und schloß die Tür hinter sich.

Diesmal war ich auf die Rückkehr und ihre Folgen vorbereitet. Ich hatte meine Zigarette auf dem Balkon geraucht, und die Kippe direkt im Blumenkasten verschwinden lassen.

Offensichtlich hatte unser Friseur wieder neue Illustrierten ausgelegt.
Kaum hatte sie die Tür geöffnet, begab sich meine Frau raschen Schrittes ins Wohnzimmer und riß, mit fliegenden Fingern, alle Leitungen aus den Steckdosen. Wie eine Rachegöttin durchraste sie die Wohnung und legte todesmutig alle elektrisch betriebenen Geräte lahm.
Mit Mühe konnte ich verhindern, daß sie auch meinem Computer, und damit der neu begonnen Geschichte, den Garaus machen könnte. Während ich, unter Einsatz meines Körpers, das Produkt der letzten Stunden Arbeit schützte, flehte sie atemlos:
" Der ganze Elektrosmog! - Der Strom! - Den müssen wir abstellen! - Tödlich ist der, krebserregend, gefährlich....!"

Japsend sank sie auf die Couch und deutete mit zitterndem Finger auf meine batteriebetriebene Schreibtischuhr.
"Ausschalten.....!"
Der ersterbende Tonfall in ihrer Stimme zeigte mir deutlich die Dringlichkeit der Situation.

Ungeachtet der Tatsache, daß auch hier die entsetzliche Elektrizität Regie führt, rief ich Dr.. Marten an und bat ihn, sofort zu kommen.
Rasch wechselte ich den Wecker durch einen mechanischen und die Nachttischleuchte durch eine Petroleumlampe aus.

Mit entsetztem Gesicht wandte sich meine Frau ab.
"Krebserregend..!" weinte sie und deutete mit zitternden Fingern auf die blakende Petroleumfunzel.
Da wir keine echten Wachskerzen in der Wohnung hatten, verzichtete ich auf jegliche Beleuchtung, wie Kienspäne oder ähnliches, und wartete sehnsüchtig auf Dr. Marten.

Als er endlich kam, benötigte er nicht lange, um seine Diagnose zu stellen.
"Ein typischer Fall von Umweltfieber. Tritt zur Zeit laufend auf. Seien sie froh, daß ihre Frau rechtzeitig die Kraft verloren hat. Sie glauben es nicht, aber ich habe schon Fälle gehabt, wo Menschen aus Angst, an Krebs zu erkranken, Selbstmord begangen haben. Meist trifft es Illustriertenleser oder neuzeitliche Bilder- und Maschinenstürmer. Die ahnen überhaupt nicht, daß hauptsächlich ihre negative Lebenseinstellung sie krank macht und nicht die Umwelt selbst. Da hilft nur eines, ein kräftiger Gegenschock."

Endlich mal ein vernünftiger Rat.

Meine liebe Frau war begeistert, als ich ihr mitteilte, daß wir einige Tage fernab der modernen Technik leben würden. Aber bereits das Schlafen in der Holzhütte, bei kühlen drei Grad, bereitete ihr einige Schwierigkeiten. Schließlich konnten wir kein Feuer im Kamin machen, der Rauch hätte ja krebserregend sein können.

Am nächsten Morgen weckte ich mein geliebtes Weib mit einer leckeren Brennesselsuppe und einem Kornblumentee. Ihr Blick war etwas nachdenklich und wurde noch düsterer, als ich ihr half, in dem vier Grad kalten Gebirgsbach ihre Morgentoilette zu machen. Als ich ihr mit einem Büschel Gras den Rücken säuberte, meinte ich, bereits einen ersten Schauder der Abwehr zu fühlen.

Zum Mittagessen bereitete ich ein Müsli aus selbstgesammelten Beeren, zu dem ich einige Wurzeln kochte. Das Pilzomelett war zwar ein riskanter Versuch von mir, einem Großstädter, aber trotzdem sehr schmackhaft.
Den Nachmittag verbrachte ich, mit einem Federkiel auf holzfreiem Recyclingpapier schreibend, während mein liebendes Weib unsere Baumwollwäsche fluchend auf den Flußsteinen ausschlug und in den Büschen zum Trocknen aufhängte.
Bevor wir uns in die warmen Schaffelle kuschelten, bereitete ich noch ein herzhaftes Abendessen aus den Beeren, die mein liebes Frauchen am Nachmittag gesammelt hatte.

Hatte ich gehofft, jetzt eine grundlegende Diskussion über unser neues, alternatives Leben führen zu können, so sah ich mich getäuscht.
Wie ein erschöpftes Kind lag meine Angetraute zusammengerollt auf unserem Lager und schnarchte laut und vernehmlich.

Abwechslungsreich wie der erste verliefen auch die folgenden beiden Tage. Allerdings bemerkte ich bei meiner Frau, eine deutliches Zucken in den Beinmuskeln, das immer auftrat, wenn sie auf der nahen Bundesstraße Autos vorbeifahren hörte. Mit jedem Wagen wurde es stärker.

Am Mittag des dritten Tages war es dann soweit.

Wir löffelten grade mit unserem Holzbesteck die Löwenzahnsuppe, als das Geräusch eines Lastwagens mit Tiefkühlkost endgültig den Fluchtreflex bei meiner Frau auslöste.
Mühelos spürte sie das Versteck auf, in dem ich unser Auto verborgen hatte, zerrte mich auf den Beifahrersitz und raste mit atemberaubender Geschwindigkeit unserer Stadtwohnung entgegen.

Auf dem Weg stoppte sie nur kurz an einer Tankstelle, um zwei Packungen ihrer Lieblingszigaretten zu erwerben, und schon ging die wilde Jagd weiter.

Zu Hause angekommen, plünderte sie unsere Tiefkühltruhe und bereitete ein köstliches Essen mit Steak und Pommes Frittes.
Ich war glücklich wie selten in meinem Leben.
Die Zivilisation hatte mich wieder.

Am nächsten Morgen beglückte mich meine fröhliche, ausgeglichene Frau mit einem herzhaften Frühstück.
Ich genoß Spiegeleier auf gebuttertem Toast, neben frischem Kaffee und köstlichem Schinken.

Die Frau, die ich liebe, teilte sich mit mir die Morgenzeitung, und wir genossen den Toast, obwohl er mit Hilfe der Elektrizität zubereitet war.
Nach beendetem Mahl lehnten wir uns beide entspannt zurück und rauchten die obligatorischen Nachtischzigaretten.
Selig hing ich den Gedanken an einen liebevollen Vormittag mit meiner Vielgeliebten nach, als ihre Stimme, hinter der Zeitung, mich aus meinen wohligen Meditationen riß.

"Stell´ dir mal vor, was da steht. Sex soll man, wie jeden anderen Genuß auch, nur maßvoll genießen, sonst wird man sexsüchtig und bringt sich um Kopf und Kragen. Mensch, gut, daß ich den Artikel gelesen habe. Stell dir bloß mal vor, wie weit wir schon auf dem Weg zur Sucht waren, mit unseren endlosen Vormittagen. Das wird jetzt anders. Zieh dich an, wir gehen joggen! Das ist wenigstens gesund."

Sprach´s, und präsentierte sich Sekunden später in ihrem Trainingsanzug, statt, wie noch kurz vorher, im durchsichtigen Nachthemd.

Da drehte ich mich um, wankte in mein Arbeitszimmer und weinte bitterlich.
 
Kürzen, wegstreichen, straffen

Straffen. Ich würde den Text straffen und auf's Wesentliche reduzieren. So ist momentan etwas zu viel Geschwafel drin. Auch die Nebenstränge, wie den alten Freund, der auf Besuch kommt, lenken nur von der Entwicklung der Geschichte ab.

Apropos Thema: ich erinnere mich da nur an einen Song der EAV (Erste Allgemeine Verunsicherung) vor ein paar Jahren, ich glaube der hiess "Apfelmus". Schlusssatz des Songs war (nachdem der Protagonist alle Laster abgelegt hat und Apfelmus frass, nur um seiner Traumfrau zu gefallen, die ihn dann wegen eines untrainierten Spargel wie er es früher war sitzen liess: Du du dududu, dein Apfelmu lässt mir keine Ruh, ich geh jetzt zum Fleischermeister und sch... auf deinen Apfelkleister.

Marius
 



 
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