Zwei Männer

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gareth

Mitglied
Zwei Männer sah ich heut´ am Bahnhof gehen,
voll Schmutz und stumpf und siech von Alkohol,
von Stimme, Sprache, grobe Reste nur,
wohl auch vom Fühlen, Folgern, klaren Argumenten,
erledigt, kurz gesagt, in unser´m Sinne

Doch etwas hat mich angerührt an beiden,
noch sichtbar aus begrenztem Tun und Sagen,
sie schienen Freunde mir zu sein, einer dem ander´n,
aufrichtig und ergeben, schlicht und treu,
mag sein, der Preis ist dafür nicht zu hoch
 
L

Lotte Werther

Gast
An Gareth

Ein nachdenklich machendes Gedicht.
Jedem, der es liest, erstehen ähnliche Bilder von gestrauchelten, vom Alkohol besiegten Leben.

Du hast wieder Worte gefunden, die leise und doch eindringlich wirken.

"...Doch etwas hat mich angerührt an beiden,
noch sichtbar aus begrenztem Tun und Sagen,..."

Auch sehr wahrheitsnah die nächste Zeile:

"...sie schienen Freunde mir zu sein, einer dem ander´n,..."

"Schienen" ist hier das Schlüsselwort. Du hast die beiden gesehen und ein Gefühl der Rührung ließ dich an Freundschaft und Zusammenhalt denken.
Der Preis ist aber zu hoch. Alkohol zerstört jedes Gefühl ausser dem für die eigene Sucht.

In diesem Sinne hast du vielleicht auch gewollt die Zeile der Eigenschaften aus dem Rhythmus gehoben.

"...aufrichtig und ergeben, schlicht und treu,..."

Hier habe ich beim Lesen natürlich innegehalten, weil das Wort aufrichtig mich stocken ließ. Zuerst wegen der Betonung auf der ersten Silbe. Dann hat mich dieses Stocken über die Freundschaft der beiden nachdenken lassen.

Und so habe ich es dir hier aufgeschrieben.

Lotte Werther
 



 
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