Zwischen den Gleisen

3,30 Stern(e) 3 Bewertungen

reborn

Mitglied
Servus Sklave
Das ist keine politisch inkorrekte Begrüßungsformel im Büro oder auf dem Schulhof. Dem lateinlernenden Kind sei Dank, weiß ich nun, dass die deutsche Bedeutung von Servus, „Sklave“ lautet. Gleichzeitig ist es eine der am weitesten verbreiteten Grußformel in Europa. Dummerweise werde ich ab jetzt aber immer an den Wortursprung denken müssen. Wenn nun also mein Chef oder die Freundin mich mit Servus begrüßen, wird dies wie ein Hammerschlag auf meinen Daumen sein. Ich habe also wieder einmal zu viel Wissen in mich aufgenommen, was ich nur durch noch mehr Informationen wieder verdrängen kann. Leider finden sich im täglichen TV Abfall nur selten Wissensperlen. Auch wenn manchmal recht unterhaltsam gemacht, ist es jedoch für mich unwesentlich, wie man mittels einer Büroklammer, einem Luftballon und einer Toilettenbürste, eine Bügelhilfe bastelt. Umso erstaunlicher, wo sich manchmal tiefgründiges Wissen offenbart.
Vor kurzem musste ich wieder einige Zeit auf dem Bahnhof verbringen. Wie üblich habe ich wegen Verspätung meinen Anschlußzug verpasst. Mit einem Kaffee sitze ich also auf der Wartebank und beobachte, wie die Läden und Restaurants um mich herum schließen. So erkenne ich auch im Irrglauben zu sein, die Donuts in der 70. Filiale von „Drunken Donuts“ seien jeden Tag frisch. Nein, zum Ladenschluß werden einfach alle nicht verkauften Exemplare auf ein Blech zusammengeschoben und für den nächsten Tag in den Schrank verfrachtet. Lecker. Ich versuche die halbherzigen Reinigungsversuche in all den Fresstempeln nicht zu verfolgen. Schließlich komme ich dank der Bahn ja doch öfters in die Verlegenheit hier oder dort Nahrung aufnehmen zu müssen.
Eine Leuchttafel direkt neben mir hat meine volle Aufmerksamkeit. Neben wirklich wunderschönen Naturaufnahmen von ausgezeichneten Fotografen, zeigt sie auch Quizfragen und „Dinge die man nicht wissen muss“. Das ist wenigstens schon etwas spaßig aufgezogen.
Ein Vision Clearance Engineer ist also kein Entwickler von Brillenreinigungstücher oder Scheibenwischern. Früher hieß er einfach nur Fensterputzer. Es folgen zwei nette Cartoons und Statistiken über alte Menschen auf Golfplätzen, den Jahresverbrauch eines Bundesbürgers an Ohrenstäbchen und die Häufigkeit von Pickeln am Gesäß. Sehr interessant. Weiterhin weiß ich nun, dass es auch eine Angst vor leeren Gläsern gibt. Ich vermute mal, dass Cenosillicaphobie-Geschädigte nur in Kneipen anzutreffen sind. Aber auch das ist nur geraten.
Es folgt eine Leseprobe aus „Wände – Der Leidensweg eines Anstreichers“ und weitere Worterklärungen (Field Operator = Aussendienstmitarbeiter. Witze der Woche: Wie nennt man einen kleinen Türsteher? = Sicherheitshalber. Wie nennt man einen Norweger der ein A4 Blatt einscannt? = ScanDinA4. Wie nennt man die Zusammenrottung von vielen Wölfen? = Wolfgang. Ha, selten so gelacht. Gott sei Dank nicht den Kaffee verschüttet.
Allerdings sehe ich einen Ketschupfleck in Form des Kölner Doms auf meinem T-Shirt. Komisch, ich hatte heute gar nichts mit Ketschup. Da sich nicht das Abbild der Jungfrau Maria daraus gebildet hat, wird wohl mein T-Shirt nicht in einem Wallfahrtsort aufgenommen werden. Zwecks Reinigung von T-Shirt und Blase suche ich das öffentliche WC.
Mehr durch Zufall wird mir klar, dass der gegenüberliegende, hell erleuchtete Raum voller High-Tec das moderne WC von heute ist. Durch jahrelanges Training ist es mir bisher meistens gelungen, den Besuch eines öffentlichen WCs zu vermeiden. Aber irgendwann sagt auch die durchtrainierteste Blase „Alter, ich bin so was von voll.“
Dank Kredit- und EC-Karte führe ich kaum noch Bargeld mit mir. Dies wird mir hier aber zum Verhängnis. Der Zutrittsautomat muss mit Kleingeld gefüttert werden bevor ich zur Verrichtung schreiten kann. Da mittlerweile alle gastronomischen Einrichtungen geschlossen haben und sich auch sonst keine Möglichkeit bietet an Kleingeld zu gelangen, muss ich mir schnellstens etwas anderes einfallen lassen, bevor mir die Blase platzt.
Draußen ist es dunkel und menschenleer. Soll ich wirklich hinter einer Reklamewand verschwinden? Meine Angst vor Angriffen der mutierten Stadt- und Raubtaube oder armen Menschen die erfolglos gegen ihre Cenosillicaphobie gekämpft haben lässt mich im hellen Gebäude verweilen. Ich könnte natürlich einen anderen Reisenden überfallen und einen Euro erbeuten. Aber ersten fehlt mir die passende Vermummung und zweitens bin ich der einzige Wartende hier. Verzweifelt suche ich einen Ausweg. Ein Euro erscheint mir für einen derart kurzen Besuch auch recht überzogen. Da summieren sich am Tag die Einnahmen zu einem kleinen Vermögen. Wie ich lesen kann, bekomme ich aber für fünfzig Cent einen Einkaufwertgutschein, den ich genau in vier Einrichtungen einlösen kann. Keine davon hat jetzt aber noch offen. Soll ich solche Gutscheine sammeln? Gibt es vielleicht auch ein passendes Sammelalbum dafür? Mit einer lächelnden Klobrille vorn drauf.
Als einziger Ausweg bleibt mir die Kinderklappe. Dabei handelt es sich um eine Aussparung in der Glasabtrennung, die in etwa so groß ist, wie ein ca. zehnjähriges Normkind oder das, was sich unsere Bürokraten darunter vorstellen. Ich zwänge mich unter Aufbringung aller noch vorhandenen Kräfte durch die Öffnung und bin vom Vorgang selbst als auch von mir angewidert. Der Rest bleibt privat.
Fast bedaure ich nun weiterreisen zu müssen. So viel könnte ich dank der leuchtenden Infotafel noch dazu lernen. Aber wie gesagt: fast.
 

reborn

Mitglied
Servus Sklave
Das ist keine politisch inkorrekte Begrüßungsformel im Büro oder auf dem Schulhof. Dem lateinlernenden Kind sei Dank, weiß ich nun, dass die deutsche Bedeutung von Servus, Sklave lautet. Ich gebe es unumwunden zu, dieser Teil der Allgemeinbildung war neu für mich. Servus ist aber auch eine der am weitesten verbreiteten Grußformel in Europa. Dummer-weise werde ich ab jetzt aber immer an den Wortursprung denken müssen. Wenn nun der Chef oder die Freundin mich mit Servus begrüßen, wird dies entweder ein Hinweis auf meinen Platz innerhalb der Firma sein oder die Aufforderung zu einem „Fifty Shades of Grey“ Abend.
Ich habe also wieder einmal zu viel Wissen in mich aufgenommen, was ich nur durch noch mehr Informationen wieder verdrängen kann. Leider finden sich im täglichen TV Abfall nur selten Wissensperlen. Auch wenn manchmal recht unterhaltsam, ist es jedoch für mich unwesentlich, wie man mittels einer Büroklammer, einem Luftballon und einer Toilettenbürste, eine Bügelhilfe basteln kann. Umso erstaunlicher, wo sich manchmal tiefgründiges Wissen offenbart.
Vor kurzem musste ich wieder einige Zeit auf dem Bahnhof verbringen. Wie üblich habe ich wegen Verspätung meinen Anschlußzug verpasst. Mit einem Kaffee sitze ich also auf der Wartebank und beobachte, wie die Läden und Restaurants um mich herum schließen. So erkenne ich auch im Irrglauben zu sein, die Donuts in der 70. Filiale von „Drunken Donuts“ seien jeden Tag frisch. Weit gefehlt. Am Ladenschluß werden einfach alle nicht verkauften Exemplare auf ein Blech zusammengeschoben und für den nächsten Tag in den Schrank verfrachtet. Lecker. Ich versuche die halbherzigen Reinigungsversuche in all den Fresstempeln nicht zu verfolgen. Schließlich komme ich dank der Bahn ja doch öfters in die Verlegenheit hier oder dort Nahrung aufnehmen zu müssen.
Eine offensichtlich neu installierte Leuchttafel direkt neben mir, hat meine volle Aufmerksamkeit. Neben wirklich wunderschönen Naturaufnahmen von ausgezeichneten Fotografen, zeigt sie auch Quizfragen und „Dinge die man nicht wissen muss“. Das ist wenigstens schon etwas spaßig aufgezogen.
Ein Vision Clearance Engineer ist also kein Entwickler von Brillenreinigungstücher oder Scheibenwischern. Früher hieß er einfach nur Fensterputzer. Es folgen zwei nette Cartoons und Statistiken über alte Menschen auf Golfplätzen, den Jahresverbrauch eines Bundesbürgers an Ohrenstäbchen und die Häufigkeit von Pickeln am Gesäß. Sehr interessant. Weiterhin weiß ich nun, dass es auch eine Angst vor leeren Gläsern gibt. Ich vermute mal, dass Cenosillicaphobie-Geschädigte nur in Kneipen anzutreffen sind. Aber das ist nur geraten.
Es folgt eine Leseprobe aus „Wände – Der Leidensweg eines Anstreichers“ und weitere Worterklärungen (Field Operator = Aussendienstmitarbeiter). Witze der Woche: Wie nennt man einen kleinen Türsteher? = Sicherheitshalber. Wie nennt man einen Norweger der ein A4 Blatt einscannt? = ScanDinA4. Wie nennt man die Zusammenrottung von vielen Wölfen? = Wolfgang. Ha, selten so gelacht. Gott sei Dank nicht den Kaffee verschüttet.
Allerdings sehe ich einen Ketschupfleck in Form des Kölner Doms auf meinem T-Shirt. Komisch, ich hatte heute gar nichts mit Ketschup. Da sich nicht das Abbild der Jungfrau Maria daraus gebildet hat, wird wohl mein T-Shirt nicht in einem Wallfahrtsort aufgenommen werden. Zwecks Reinigung von T-Shirt und Blase suche ich demzufolge das öffentliche WC.
Durch jahrelanges Training ist es mir bisher meistens gelungen, den Besuch eines öffentlichen WCs zu vermeiden. Aber irgendwann sagt auch die durchtrainierteste Blase „Alter, ich bin so was von voll.“ Mehr durch Zufall wird mir klar, dass der gegenüberliegende, hell erleuchtete Raum voller High-Tec das moderne WC von heute ist.
Dank Kredit- und EC-Karte führe ich kaum noch Bargeld mit mir, was wird mir hier aber zum Verhängnis wird. Der Zutrittsautomat muss mit Kleingeld gefüttert werden, bevor ich zur Verrichtung schreiten kann. Da mittlerweile alle gastronomischen Einrichtungen geschlossen sind und sich auch sonst keine Möglichkeit anbietet Kleingeld zu erlangen, muss ich mir schnellstens etwas einfallen lassen, bevor mir die Blase platzt.
Draußen ist es dunkel und menschenleer. Soll ich wirklich hinter einer Reklamewand verschwinden? Meine Angst vor Angriffen der mutierten Stadt- und Raubtaube oder armen Menschen die erfolglos gegen ihre Cenosillicaphobie gekämpft haben, lässt mich im hellen Gebäude verweilen. Ich könnte natürlich einen anderen Reisenden überfallen und einen Euro erbeuten. Aber ersten fehlt mir die passende Vermummung und zweitens bin ich der einzige Wartende hier. Verzweifelt suche ich einen Ausweg.
Ein Euro erscheint mir für einen derart kurzen Besuch auch recht überzogen. Da summieren sich am Tag die Einnahmen zu einem kleinen Vermögen. Wie ich lesen kann, bekomme ich aber für fünfzig Cent einen Einkaufwertgutschein, den ich genau in vier Einrichtungen einlösen kann. Keine davon hat jetzt aber noch offen. Soll ich solche Gutscheine sammeln? Gibt es vielleicht auch eine Tauschbörse und ein passendes Sammelalbum dafür? Mit einer lächelnden Klobrille vorn drauf.
Der Zugang zur Sanitärkeramik ist durch stählerne Drehkreuze und Glassperrwänden versperrt und nur zahlendem Publikum zugänglich. Es mutet wie ein Sicherheitsdurchgang am Flughafen an. Hat man Angst, dass ich hier eine Schüssel sprenge?
Als einziger Ausweg bleibt mir die Kinderklappe. Dabei handelt es sich um eine Aussparung in der Glasabtrennung, die in etwa so groß ist, wie ein ca. zehnjähriges Normkind oder das, was sich unsere Bürokraten darunter vorstellen. Menschen bis zu dieser Größe ist nämlich ein kostenloser Zutritt gewährt. Ich zwänge mich unter Aufbringung aller noch vorhandenen Kräfte durch die Öffnung und bin vom Vorgang selbst als auch von mir angewidert. Der Rest bleibt privat.
Fast bedaure ich nun weiterreisen zu müssen. So viel könnte ich dank der leuchtenden Infotafel noch dazu lernen. Aber wie gesagt: fast.
 

reborn

Mitglied
Servus Sklave
Das ist keine politisch inkorrekte Begrüßungsformel im Büro oder auf dem Schulhof. Dem lateinlernenden Kind sei Dank, weiß ich nun, dass die deutsche Bedeutung von Servus, Sklave lautet. Ich gebe es unumwunden zu, dieser Teil der Allgemeinbildung war neu für mich. Servus ist aber auch eine der am weitesten verbreiteten Grußformel in Europa. Dummer-weise werde ich ab jetzt aber immer an den Wortursprung denken müssen. Wenn nun der Chef oder die Freundin mich mit Servus begrüßen, wird dies entweder ein Hinweis auf meinen Platz innerhalb der Firma sein oder die Aufforderung zu einem „Fifty Shades of Grey“ Abend.

Ich habe also wieder einmal zu viel Wissen in mich aufgenommen, was ich nur durch noch mehr Informationen wieder verdrängen kann. Leider finden sich im täglichen TV Abfall nur selten Wissensperlen. Auch wenn manchmal recht unterhaltsam, ist es jedoch für mich unwesentlich, wie man mittels einer Büroklammer, einem Luftballon und einer Toilettenbürste, eine Bügelhilfe basteln kann. Umso erstaunlicher, wo sich manchmal tiefgründiges Wissen offenbart.

Vor kurzem musste ich wieder einige Zeit auf dem Bahnhof verbringen. Wie üblich habe ich wegen Verspätung meinen Anschlußzug verpasst. Mit einem Kaffee sitze ich also auf der Wartebank und beobachte, wie die Läden und Restaurants um mich herum schließen. So erkenne ich auch im Irrglauben zu sein, die Donuts in der 70. Filiale von „Drunken Donuts“ seien jeden Tag frisch. Weit gefehlt. Am Ladenschluß werden einfach alle nicht verkauften Exemplare auf ein Blech zusammengeschoben und für den nächsten Tag in den Schrank verfrachtet. Lecker. Ich versuche die halbherzigen Reinigungsversuche in all den Fresstempeln nicht zu verfolgen. Schließlich komme ich dank der Bahn ja doch öfters in die Verlegenheit hier oder dort Nahrung aufnehmen zu müssen.

Eine offensichtlich neu installierte Leuchttafel direkt neben mir, hat meine volle Aufmerksamkeit. Neben wirklich wunderschönen Naturaufnahmen von ausgezeichneten Fotografen, zeigt sie auch Quizfragen und „Dinge die man nicht wissen muss“. Das ist wenigstens schon etwas spaßig aufgezogen.

Ein Vision Clearance Engineer ist also kein Entwickler von Brillenreinigungstücher oder Scheibenwischern. Früher hieß er einfach nur Fensterputzer. Es folgen zwei nette Cartoons und Statistiken über alte Menschen auf Golfplätzen, den Jahresverbrauch eines Bundesbürgers an Ohrenstäbchen und die Häufigkeit von Pickeln am Gesäß. Sehr interessant. Weiterhin weiß ich nun, dass es auch eine Angst vor leeren Gläsern gibt. Ich vermute mal, dass Cenosillicaphobie-Geschädigte nur in Kneipen anzutreffen sind. Aber das ist nur geraten.

Es folgt eine Leseprobe aus „Wände – Der Leidensweg eines Anstreichers“ und weitere Worterklärungen (Field Operator = Aussendienstmitarbeiter). Witze der Woche: Wie nennt man einen kleinen Türsteher? = Sicherheitshalber. Wie nennt man einen Norweger der ein A4 Blatt einscannt? = ScanDinA4. Wie nennt man die Zusammenrottung von vielen Wölfen? = Wolfgang. Ha, selten so gelacht. Gott sei Dank nicht den Kaffee verschüttet.

Allerdings sehe ich einen Ketschupfleck in Form des Kölner Doms auf meinem T-Shirt. Komisch, ich hatte heute gar nichts mit Ketschup. Da sich nicht das Abbild der Jungfrau Maria daraus gebildet hat, wird wohl mein T-Shirt nicht in einem Wallfahrtsort aufgenommen werden. Zwecks Reinigung von T-Shirt und Blase suche ich demzufolge das öffentliche WC.
Durch jahrelanges Training ist es mir bisher meistens gelungen, den Besuch eines öffentlichen WCs zu vermeiden. Aber irgendwann sagt auch die durchtrainierteste Blase „Alter, ich bin so was von voll.“ Mehr durch Zufall wird mir klar, dass der gegenüberliegende, hell erleuchtete Raum voller High-Tec das moderne WC von heute ist.

Dank Kredit- und EC-Karte führe ich kaum noch Bargeld mit mir, was wird mir hier aber zum Verhängnis wird. Der Zutrittsautomat muss mit Kleingeld gefüttert werden, bevor ich zur Verrichtung schreiten kann. Da mittlerweile alle gastronomischen Einrichtungen geschlossen sind und sich auch sonst keine Möglichkeit anbietet Kleingeld zu erlangen, muss ich mir schnellstens etwas einfallen lassen, bevor mir die Blase platzt.

Draußen ist es dunkel und menschenleer. Soll ich wirklich hinter einer Reklamewand verschwinden? Meine Angst vor Angriffen der mutierten Stadt- und Raubtaube oder armen Menschen die erfolglos gegen ihre Cenosillicaphobie gekämpft haben, lässt mich im hellen Gebäude verweilen. Ich könnte natürlich einen anderen Reisenden überfallen und einen Euro erbeuten. Aber ersten fehlt mir die passende Vermummung und zweitens bin ich der einzige Wartende hier. Verzweifelt suche ich einen Ausweg.
Ein Euro erscheint mir für einen derart kurzen Besuch auch recht überzogen. Da summieren sich am Tag die Einnahmen zu einem kleinen Vermögen. Wie ich lesen kann, bekomme ich aber für fünfzig Cent einen Einkaufwertgutschein, den ich genau in vier Einrichtungen einlösen kann. Keine davon hat jetzt aber noch offen. Soll ich solche Gutscheine sammeln? Gibt es vielleicht auch eine Tauschbörse und ein passendes Sammelalbum dafür? Mit einer lächelnden Klobrille vorn drauf.

Der Zugang zur Sanitärkeramik ist durch stählerne Drehkreuze und Glassperrwänden versperrt und nur zahlendem Publikum zugänglich. Es mutet wie ein Sicherheitsdurchgang am Flughafen an. Hat man Angst, dass ich hier eine Schüssel sprenge?
Als einziger Ausweg bleibt mir die Kinderklappe. Dabei handelt es sich um eine Aussparung in der Glasabtrennung, die in etwa so groß ist, wie ein ca. zehnjähriges Normkind oder das, was sich unsere Bürokraten darunter vorstellen. Menschen bis zu dieser Größe ist nämlich ein kostenloser Zutritt gewährt. Ich zwänge mich unter Aufbringung aller noch vorhandenen Kräfte durch die Öffnung und bin vom Vorgang selbst als auch von mir angewidert. Der Rest bleibt privat.

Fast bedaure ich nun weiterreisen zu müssen. So viel könnte ich dank der leuchtenden Infotafel noch dazu lernen. Aber wie gesagt: fast.
 



 
Oben Unten