awake

caspAr

Mitglied
Ja, ich habe es verstanden. Alles, was jemals gesagt wurde, waren Worte, die in meinem Kopf eine Kraterlandschaft zurückgelassen haben, und ich kenne die Winkel, jeden kalten, harten Fels der Öde in mir, alle Schluchten und auch die Seen aus Tränen. Ich habe sie durchlebt und erschaffen, abgespeichert und, meist nicht gewinnbringend, verarbeitet. Heute, nach 26 Jahren auf diesem Planeten, bewege ich mich in Schleifen. In eingefahrenen Bahnen kriechen oder rasen meine Gedanken durch das Hirn, und nichts wirklich Neues bewegt sich auf mich zu. Lebensmüdigkeit bedeutet nicht Freitod; sie gleicht einer Narkose, und dieses Gefühl ist betäubend wie einschläfernd, aber auch angenehm und vertraut. Die Sicherheit, alles schon gesehen zu haben, ist weit entfernt von Arroganz und Überheblichkeit. Sie schmeckt bitter und schmerzt. Ich gleite bewegungsunfähig in einem Dämmerszustand durch die Tage, und das schon Gekannte verschwindet hinter mir in den schwarzen Wellen der Nächte. Trauer über mein Scheitern umhüllt die latente Bejahung zum Dasein, wenn ich träume, von dir, von der Vergangenheit. Ich träume davon, dass ich dich in der Nacht verfolge und meinen Blick auf den roten Schein der Rücklichter des Autos in dem du sitzt, gebannt habe. Du bist kurz vor mir, und der Regen verwischt Momente in diesem Augenblick. Irgendwann schaffe ich es, dich abzudrängen, und du gleitest lautlos von der Strasse, in ein Feld, auf dem Ähren, so groß wie Türme taumelnd stehen. Dann stehe ich vor dir, erregt und scheu, und du öffnest mit den Fingern meinen Mund und fährst über meine Zähne. Du weißt, dass ich es bin, auch wenn der Anblick für dich fast unerträglich scheint. Und keine Angst regiert die Körper. Sie wäre leichter zu ertragen, als die Sekunden unserer Begegnung, als die Erinnerungen, die Bewegungen des Lebens im Rückspiegel.
 

Grit1962

Mitglied
Verstanden

Hallo caspAr,

düster wirkt deine Geschichte. Ein 26jähriger am Rand der Tränenseen, in Schleifen kreisend, narkotisiert. Einfach todtraurig zu lesen. Dein Schluß verwirrt mich. Traum, Verfolgung, eine für mich sehr erotische Szene (ist das Lust?) und ein unerträgliches, aber angstloses Treffen.
Leben im Rückspiegel. Mir fehlt der Blick nach vorn.

Ich denke, so wirklich habe ich es nicht verstanden.
Deine Art zu schreiben, die Wahl der Worte zeugen für mich von deinem enormen Tiefgang und einem großen Potential. Dafür meinen Respekt und meine Bewunderung.

Bin gespannt auf andere Meinungen.

Lieben Gruß
Grit
 



 
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