beiläufig

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Walther

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beiläufig


der tod ist eine beiläufigkeit, er geschieht sozusagen beim laufen. beim auslaufen. beim ablaufen. beim weglaufen. laufend eben.
da setzt das herz aus. der Kopf aus. das licht aus. egal, ob stehend, liegend, sitzend. es ist ein einziges ausatmen. wenn es dazu noch reicht.
und es bleiben ein paar zurück auf den laufbändern. hin und her. rechts und links. hoch und tief.
eine träne stiehlt sich in augenwinkel. in blickwinkel. macht trüb. vernebelt.
beim grablegen ist es oft so kalt, dass die nasen laufen. geschneuze. geschluchze. die eine träne bekommt gesellschaft. soll ja nicht so allein sein.
es halten sich hände, die vorher nichts gehalten haben, nicht mal die leeren versprechen. der sarg ist nicht leer, aber die augen.
danach verläuft sich das, was gekommen ist. jeder strebt seinem ende zu. die richtungen sind verschieden. und wie sie auch gehen eilen laufen rennen hasten: sie kommen alle da an, nämlich hier.
lass sie laufen, bruder. wenn es soweit ist, werden sies erfahren. ganz beiläufig.
 

Mara Krovecs

Mitglied
Hallo Walter,


meine Kinder und ich setzen uns gerade mit diesem Thema auseinander, deshalb ist Dein Text für mich wirklich interessant.Völlig unabhängig von Relionen/Philosophien, Leben und Sterben sind einfach so, mit all diesem Drumherum.
Ich habe Deinen Text auch genau andersherum gelesen:
( ich führe dies nur ein, weil es mir das Lesen so spannend machte, dies soll keinesfalls ein Vorschlag sein, Dein Text ist genauso richtig wie er da steht, er regt nur so an ;-) )

das leben ist eine beiläufigkeit, es geschieht sozusagen beim laufen. beim einlaufen. beim reinlaufen. beim zwischenlaufen. laufend eben.
da setzt das herz ein. der Kopf ein. das licht ein. egal, ob stehend, liegend, sitzend. es ist ein einziges einatmen. wenn es alles gut geht
und es kommen ein paar dazu auf den laufbändern. hin und her. rechts und links. hoch und tief.

Für mich ist Dein Text ein guter Text, nur dies hier ( siehe Zitat) scheint mir ... irgendwie unpassend dazu, ich fände es ohne diesen Abschnitt perfekt, aber das ist natürlich Geschmackssache.

eine träne stiehlt sich in augenwinkel. in blickwinkel. macht trüb. vernebelt.
beim grablegen ist es oft so kalt, dass die nasen laufen. geschneuze. geschluchze. die eine träne bekommt gesellschaft. soll ja nicht so allein sein.

Ja, auch Deine Kleinschreibung nach den Punkten gefällt mir dazu, denn auch hier werden Wörter "beiläufig" einfach zwischen einen großen Anfang und ein großes Ende gesetzt.Das "Zwischen" eben.


Mara
 

Walther

Mitglied
beiläufig


der tod ist eine beiläufigkeit, er geschieht sozusagen beim laufen. beim auslaufen. beim ablaufen. beim weglaufen. laufend eben.
da setzt das herz aus. der Kopf aus. das licht aus. egal, ob stehend, liegend, sitzend. es ist ein einziges ausatmen. wenn es dazu noch reicht.
und es bleiben ein paar zurück auf den laufbändern. hin und her. rechts und links. hoch und tief.
es halten sich hände, die vorher nichts gehalten haben, nicht mal die leeren versprechen. der sarg ist nicht leer, aber die augen.
danach verläuft sich das, was gekommen ist. jeder strebt seinem ende zu. die richtungen sind verschieden. und wie sie auch gehen eilen laufen rennen hasten: sie kommen alle da an, nämlich hier.
lass sie laufen, bruder. wenn es soweit ist, werden sies erfahren. ganz beiläufig.
 

Walther

Mitglied
Lb. mara,

danke für Deinen Eintrag. In der Tat kann man den Tod einfach durch das Leben ersetzen. Das war zwar nicht so geplant, aber lakonisch-lyrische Prosa wie diese hat solche Effekte. Sie soll ja nicht vorgeben, sie soll das Denken "befeuern".

Ich habe jetzt einmal den Teil herausgenommen, den Du vorschlugst. So sieht der Text dann aus.

In der Tat ist das Abschiednehmen, zu dem ja auch der Tod gehört, eines meiner Themen im Moment. Vielleicht können Dir meine Texte ja Anstöße geben. Wenn sie das tun, war es wert, sie zu schreiben.

LG W.
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo walther,

dem stück folge ich gern.
es hat eine bestimmt gewollte beziehung zu deinem
gedicht " die unbedingtheit des abschiedes".

der milde, lakonische ton ist tragend, und dem inhalt angemessen. gleichzeitig durch geschickte auspielungen der begrifflickeiten um das wort "laufen", bekommt der text
neue auslegungshorizonte, die einer gewissen ironie
nicht entbehren.

ich selbst finde solch wort- aus-einandersetzungen tiefsinnig,
wie jedermann in meinen tagebuch einträgen "gedankensplitter"
nachlesen kann.

sehr gerne gelesen
ralf
 

Walther

Mitglied
Beiläufig

Der Tod ist eine Beiläufigkeit, er geschieht sozusagen beim Laufen. Beim Auslaufen. Beim Ablaufen. Beim Hinlaufen. Beim Weglaufen. Laufend eben.
Da setzt das Herz aus. Der Kopf aus. Das Licht aus. Egal, ob stehend, liegend, sitzend. Es ist ein einziges Ausatmen. Wenn es dazu noch reicht.
Und es bleiben ein paar zurück auf den Laufbändern. Hin und her. Rechts und links. Hoch und tief. Rauf und runter.
Eine Träne stiehlt sich in Augenwinkel. In Blickwinkel. Macht trüb. Vernebelt.
Beim Grablegen ist es oft so kalt, dass die Nasen laufen. Geschneuze. Geschluchze. Die eine Träne bekommt Gesellschaft. Soll ja nicht so allein sein.
Es halten sich Hände, die vorher nichts gehalten haben, nicht mal die leeren Versprechen. Der Sarg ist nicht leer, aber die Augen.
Danach verläuft sich das, was gekommen ist. Jeder strebt seinem Ende zu. Die Richtungen sind verschieden. und wie sie auch schlendern, gehen, eilen, laufen, rennen; hasten: sie kommen alle da an, nämlich hier.
Lass sie laufen, Bruder. Wenn es soweit ist, werden sie‘s erfahren. Ganz beiläufig.
 

Walther

Mitglied
Lb. Ralf,

vielen Dank für Deine Gedanken.

LG W.

@ All

Auf Hinweis der Redaktion habe ich den Text wie folgt geändert und an einigen Stelle etwas erweitert. Ich hoffe, das paßt jetzt so. :)

LG W.
 
K

KaGeb

Gast
Wunderbar trocken und sarkastisch-ironisch (so kommt es jedenfalls bei mir an) aufgearbeitet - sehr gern gelesen =)

Vielleicht könnte man das eine oder andere Wort im kurzen Text noch löschen, z.B. so (oder so ähnlich):


Beim Grablegen ist es oft so kalt, dass die Nasen laufen. Geschneuze. Geschluchze. Die eine Träne bekommt Gesellschaft. Soll ja nicht [strike]so[/strike] allein sein.
Es halten sich Hände, die vorher nichts gehalten haben, nicht mal [strike]die[/strike] leere[strike]n[/strike] Versprechen. Der Sarg ist nicht leer, aber die Augen.
Danach verläuft sich [strike]das[/strike], was gekommen ist. Jeder strebt seinem Ende zu. Die Richtungen sind verschieden. und wie sie auch schlendern, gehen, eilen, laufen, rennen; hasten: sie kommen alle [strike]da[/strike] an, nämlich hier.
Lass sie laufen, Bruder. Wenn es soweit ist, werden sie‘s erfahren. Ganz beiläufig.

und wie sie auch schlendern, gehen, eilen, laufen, rennen; hasten:
ist die Interpunktion nach rennen und hasten so gewollt)



Grüße
 

Walther

Mitglied
Beiläufig

Der Tod ist eine Beiläufigkeit, er geschieht sozusagen beim Laufen. Beim Auslaufen. Beim Ablaufen. Beim Hinlaufen. Beim Weglaufen. Laufend eben.
Da setzt das Herz aus. Der Kopf aus. Das Licht aus. Egal, ob stehend, liegend, sitzend. Es ist ein einziges Ausatmen. Wenn es dazu noch reicht.
Und es bleiben ein paar zurück auf den Laufbändern. Hin und her. Rechts und links. Hoch und tief. Rauf und runter.
Eine Träne stiehlt sich in Augenwinkel. In Blickwinkel. Macht trüb. Vernebelt.
Beim Grablegen ist es oft kalt, dass die Nasen laufen. Geschneuze. Geschluchze. Die eine Träne bekommt Gesellschaft. Soll ja nicht allein sein.
Es halten sich Hände, die vorher nichts gehalten haben, nicht mal die leeren Versprechen. Der Sarg ist nicht leer, aber die Augen.
Danach verläuft sich, was gekommen ist. Jeder strebt seinem Ende zu. Die Richtungen sind verschieden. und wie sie auch schlendern, gehen, eilen, laufen, rennen, hasten: sie kommen alle da an, nämlich hier.
Lass sie laufen, Bruder. Wenn es soweit ist, werden sie‘s erfahren. Ganz beiläufig.
 

Walther

Mitglied
Hallo Kageb,

danke für Vorschläge und positive Wertung. Ich habe Deine Tips aufgegriffen und umgesetzt. Das Semikolon hinter "rennen" ist in ein Komma geändert.

Jetzt klingt der Text noch ein wenig besser. Danke sehr!

LG W.
 

Walther

Mitglied
LOb. rogathe,

gute Idee, allerdings "läuft" dann der ganze letzte Absatz. Das erscheint mir im Moment dann doch zuviel des Guten.

Danke und Gruß W.
 
M

Marlene M.

Gast
lakonisch fast- dem ist nichts hinzuzufügen, lieber walter.
Wortspielerei mit dem lauf des lebens.
Was aber ist mit dem Selbstmörder?
LG von Marlene
 
U

USch

Gast
Hallo Walther,
habe diesen Text erst jetzt entdeckt. Hat mir sehr gut gefallen, so poetisch ins Lebensende.
LG Uwe
 



 
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