beischlafstöhnen

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dieser unbefangene ausflug ins sommerliche feuchtgebiet eines nicht näher charakterisierten textaussagesubjekts ist zwar äußerst gewagt, lieber samuel, überzeugt aber letztendlich durch seine angenehme kürze. ein quickie, sozusagen.
ich schwanke noch, ob ich eine neun oder doch gleich die zehn zücke.

hmm ...

mfg, OM
 
S

samuel

Gast
Hallo, OlafMietender,

danke für die positive Aufnahme meines Textes bei Dir!

Aber Du siehst: Nicht alle sehen das so wie Du, wobei ich allerdings die absolut schlechte Bewertung anderer nicht verstehen kann.

Schließlich, meine ich, ist das ein in wenigen Worten treffend geschriebenes Stimmungsbild, einen Moment in Worten verdichtend; sehr viel Traurigkeit und Resignation darin.

Gewagt? Ja, um Wirklichkeit prägnant einzufangen.

Wer sagte das noch einmal sinngemäß: "Das Gedicht ist der zum Verweilen gebrachte Augenblick." War es Brecht?

Herzlichen Gruß, samuel
 
... ist das ein in wenigen Worten treffend geschriebenes Stimmungsbild, einen Moment in Worten verdichtend; sehr viel Traurigkeit und Resignation darin.

ja, samuel, du hast - ein kurzer ausriss aus einem inneren monolog - mit wenigen worten einen moment festgehalten, eine stimmung, eine befindlichkeit deines sprechers (könnte auch eine sprecherin sein), und die worte, so unprätentiös, ja scheinbar obszön sie daherkommen, sind doch so geschickt gewählt, dass eine szenerie im leser entstehen kann.
der titel "sommer" trägt dazu bei und erzeugt zusammen mit der information "über dem hof" assoziationen an helle abende, wo die fenster sehnsüchtig offen stehen und die geräusche aus den wohnungen eines mietshauses sich vermischen: ein sinnenhaftes bild. so spürt einer, der allein im gehäus sitzt (vielleicht weil er ein büchermensch ist, ein "denker" / querdenker, dem die körperlich-sinnliche welt der anderen verschlossen bleibt?) seine einsamkeit, sein anders-sein und die ungestillte sehnsucht umso stärker.

interessant ist die polarität, die du aufbaust zwischen dem wort "beischlaf" und dem wort "ficken". die beiden worte bezeichnen nur vordergründig ein- und dasselbe, denn es schwingen in ihnen jeweils sehr unterschiedliche konnotationen. "beischlaf" klingt automatenhaft, fühllos, mechanisch, verwaltet: ein beinahe bürokratischer akt. "ficken" hingegen ist tatsächlich ein wort, das in alten büchern steht, ein sehr altes wort, welches ursprünglich die bedeutung von "reiben" hatte. sich aneinander reiben: das ist lebendiger kontakt, das ist sich selbst spüren und den anderen menschen zugleich, sich intensiv berühren, nicht nur gegenseitig sich benutzen. dies ist die sehnsucht des sprechers, die womöglich unerfüllbar ist, weil er in einer zeit lebt, die das alte vitale, heiße, pralle, lust- und lebensvolle ficken zum kühl vollzogenen, mit coolem, postmodern wohlkalkuliertem stöhnen garnierten beischlaf ver-aktet hat. man tut zwar so "als ob", ist aber eigentlich in einem tiefen sinne impotent, beziehungsimpotent nämlich.

insofern finde ich in deinem komprimierten gedicht durchaus auch einen über das bloße stimmungsbild hinausweisenden zeit- und gesellschaftskritischen gestus, der präzise geführt ist.
was mir auch gefällt: es ist nicht verschwurbelt, verliert sich nicht im zitieren sogenannter großer gefühle, zielt nicht mit abgegriffenen oder schlicht misslungenen metaphern auf den leser und winkt auch nicht belehrend mit dem zaunpfahl. es ist authentisch und bleibt ganz bei sich, öffnet dadurch interpretations-spiel-raum.

die ungünstigen anonymen bewertungen deines textes könnten damit zu tun haben, dass mir der text gefällt. sollte der nigger-kanaken-zigeuner-achsedesbösenundnichtsnutztroll-ruf, den mir anzuheften einige law-and-order-schiessbudenfiguren-po-po-lemiker hier sich mühen, dich dadurch, dass ich zu deinem text positiv schreibe, zu einer persona non grata machen, täte es mir sehr leid.

mfg, OM
 
H

Heidrun D.

Gast
Manchmal entbehrt dein ätzender Sarkasmus nicht einer gewissen Komik, OM:

insofern finde ich in deinem komprimierten gedicht durchaus auch einen über das bloße stimmungsbild hinausweisenden zeit- und gesellschaftskritischen gestus, der präzise geführt ist.
was mir auch gefällt: es ist nicht verschwurbelt, verliert sich nicht im zitieren sogenannter großer gefühle, zielt nicht mit abgegriffenen oder schlicht misslungenen metaphern auf den leser und winkt auch nicht belehrend mit dem zaunpfahl. es ist authentisch und bleibt ganz bei sich, öffnet dadurch interpretations-spiel-raum.
Heidrun
 
da ist kein sarkasmus, Heidrun. man liest häufig viel verschwurbeltere, langatmigere texte, die sich erschöpfen im bemühen, etwas nachzuahmen, nachzuäffen, was sie für "lyrisch" oder "modern" oder was auch immer halten, oder die so offensichtlich belehren wollen, dass es schier peinlich ist. dieses hier finde ich originell und "eigen" (im sinne von: eigene sprache finden) im ausdruck.

einen zughang zu diesem text bzw. einen interpretationsansatz versuchte ich und entdeckte dabei, dass der kurze text vielschichtiger ist als es im ersten moment den anschein haben mag, denn:

dies ein kurzer ausriss aus einem inneren monolog - mit wenigen worten einen moment festgehalten, eine stimmung, eine befindlichkeit eines sprechers (es könnte auch eine sprecherin sein), und die worte, so unprätentiös und scheinbar obszön sie daherkommen, sind doch so geschickt gewählt, dass eine szenerie im leser entstehen kann.
der titel "sommer" trägt dazu bei und erzeugt zusammen mit der information "über dem hof" assoziationen an helle abende, wo die fenster sehnsüchtig offen sind und die geräusche aus den wohnungen eines mietshauses sich vermischen: ein sinnenhaftes bild. so spürt einer, der allein im gehäus sitzt (vielleicht weil er ein büchermensch ist, ein "denker" / querdenker, dem die körperlich-sinnliche welt der anderen verschlossen bleibt?) seine einsamkeit, sein anders-sein und die ungestillte sehnsucht desto stärker.
interessant ist die polarität, die du aufbaust zwischen dem wort "beischlaf" und dem wort "ficken". die beiden worte bezeichnen nur vordergründig ein- und dasselbe, denn es schwingen in ihnen jeweils sehr unterschiedliche konnotationen. "beischlaf" klingt automatenhaft, fühllos, mechanisch, verwaltet: ein beinahe bürokratischer akt. "ficken" hingegen ist tatsächlich ein wort, das in alten büchern steht, ein sehr altes wort, welches ursprünglich die bedeutung von "reiben" hatte. sich aneinander reiben: das ist lebendiger kontakt, das ist sich selbst spüren und den anderen menschen, sich intensiv berühren, nicht nur gegenseitig sich benutzen. dies ist die sehnsucht des sprechers, die womöglich unerfüllbar ist, weil er in einer zeit lebt, die das alte vitale, heiße, pralle, lust- und lebensvolle ficken zum kühl vollzogenen, mit coolem, postmodern wohlkalkuliertem stöhnen garnierten beischlaf veraktet hat. man tut zwar so "als ob", ist aber eigentlich in einem tiefen sinne impotent, beziehungsimpotent nämlich.

insofern, ja, finde ich in diesem komprimierten gedicht durchaus auch einen über das bloße stimmungsbild hinausweisenden zeit- und gesellschaftskritischen gestus, der präzise geführt ist.
was mir auch gefällt: es ist nicht verschwurbelt, verliert sich nicht im zitieren sogenannter großer gefühle, zielt nicht mit abgegriffenen oder schlicht misslungenen metaphern auf den leser und winkt auch nicht belehrend mit dem zaunpfahl. es ist authentisch und bleibt ganz bei sich, öffnet dadurch interpretations-spiel-raum.

OM
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
M O D E R A T I O N

Ich schiebs mal in die Werkstatt, da es weder Lyrik noch Prosa, lediglich ein Textfragment ist.

cu
lap
 
S

samuel

Gast
Hallo, lapismont!

Die Begründung für das Verschieben meines Textes in die Schreibwerkstatt finde ich unsinnig (Seit wann entscheidet Ihr mit dieser Trenngenauigkeit, was Lyrik oder Prosa ist - das trauen sich ja noch nicht einmal Literaturwissenschaftler zu - und was ein Fragment ist und was nicht - und wieso sollten Fragmente nicht lesens- und veröffentlichenswert sein? - und welch eine Menge anderer Texte müssten dann auch aus "Ungereimtes" entfernt werden!). Ich komme nicht umhin, Deine Begründung für nur vorgeschoben zu halten, kann mich also des Eindrucks nicht erwehren: HIER FINDET ZENSUR STATT!

samuel
 

R. Herder

Mitglied
Du musst dem lapismont das verzeihen, der hat selbst noch nicht ganz verstanden, was "Lyrik" und "Prosa" denn seines Erachtens sein wollen. Umso erstaunlicher, als er selbst ab und an ziemlich brauchbares Zeug schreibt.
 

Walther

Mitglied
Hallo Samuel,

Zensur findet überall statt, wo sich Autoren in privatrechtlich betriebenen Foren "austauschen". Nicht ärgern also, sondern fröhlich weiter werkeln.

Meine Meinung zu diesem Text habe ich Dir schon genannt. Das ist allerdings nur meine und keinesfalls die die Mehrheit. So, wie das mit Meinungen und Beurteilungen immer ist.

Bester Gruß W.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
und

weil an diesem werk höchstwahrscheinlich nicht mehr gearbeitet wird, verschiebe ich das fragment ins forum Experimentelles.
lg
 



 
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