das tier im manne

Stefan_Senn

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das TIER im manne

Eine laue Sommernacht in einer Großstadt. Eine Parkanlage in der Dunkelheit. Mattes Licht von vereinzelten Laternen. Und Zigarettenrauch. Die Lippen eines Zeittotschlägers saugen mehr aus Langeweile denn aus Nikotinsucht. Ein weiterer Zug. Stachelige, bleiche Beine in schlechtsitzenden beigen Shorts. Graue Füße in grauen Wollsocken. Und braue Sandalen. Ein zielloses Schleichen. Mehr aus Langweile denn aus Bewegungsdrang. Ein voluminöser Hintern nimmt Platz auf einer Parkbank. Scheue Augen spähen in die Leere. Ein Königreich für ein Kollektiv gedruckter Buchstaben. Der Versuch in eine Welt der Gedanken zu fliehen scheitert. Grillen zirpen den Mond an. Nämlicher scheint zu schmunzeln. Über die Gestalt auf der Parkbank. Ein kurzer Blickkontakt zwischen den beiden. Lähmende Langweile wirkt stumpfend auf die Fähigkeit der Beobachtungsgabe. Eine feuchte Hand greift in die Gesäßtasche. Ein Kunststofffeuerzeug als Ventil eines ungezügelten Spieltriebs. Ungepflegte Nägel erzeugen Blitze. Immer und immer wieder.
Schritte in der Dunkelheit. Eine weiße Gestalt nähert sich. Das Feuerzeug klickt immer noch. Eine helle Stimme erklingt und verursacht ein Zusammenzucken. Ein scheuer Blick erfasst weibliche Rundungen. Schlecht gebändigt von engem weißen Stoff. Und nackte Füße. Und einen Hauch von schwarzer Rumpfbekleidung. Blitze teilt man gerne. Mehr wollte der Engel nicht. Ein sehnsuchtsvoller Blick nach dem sich entfernenden Wesen. Blaue Wölkchen hat es hinterlassen. Und kleine Ameisen. Die regen sich jetzt, werden lebendig und kribbeln. In des Mannes Bauchmitte. Eine Bombe und eine Lunte. Die Blitze haben sie gezündet.
Trance. Ein zitternder Körper erhebt sich. Wie ein Roboter. Schritte-erst zögerlich, dann bestimmt. Die Witterung ist aufgenommen. Der weiße Fleck am Horizont wird größer. Größer wird auch das Kribbeln. Die Ameisen werden übermütig. Betäuben Nervenenden und den Verstand.
Ein Hecheln. Wie ein Hund in Erwartung eines Leckerbissens. Und größer wird der weiße Fleck. Und der Hund wird zur Katze. Schleicht mit verringerter Atemfequenz. Und fährt die Krallen aus. Ansatzlos. Ein gellender Schrei verhallt in der Finsternis. Gleich darauf reißt Stoff-weißer Stoff.
 



 
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