desillusioniert

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NewDawnK

Mitglied
Hallo Gabriele,

Dein Gedicht gefällt mir sehr, weil ich es inhaltlich bestätigen kann.
Lebendigkeit bedeutet sich auf Genuss und Leiden gleichermaßen einlassen zu können. Wer nur eines von beiden sieht, stirbt so oder so einen frühen seelischen Tod.

Schöne Grüße, NDK
 

Gabriele

Mitglied
Danke!

Schön, dass die "Botschaft" bei Dir angekommen ist! :)
Etwas unzufrieden bin ich noch mit dem Titel dieses Gedichtes; er trifft's noch nicht ganz, worum es hier geht. Vielleicht hast Du oder jemand anders einen Vorschlag?
Liebe Grüße
Gabriele
 
I

inken

Gast
Liebe Gabriele

als titel fiel mir spontan "dualität" ein oder "dual", das trifft es hier mehr, desillusioniert hört sich irgendwie nicht so schön an, aber ich habe überlegt, ob es nicht so heißen müßte:

im Genuss
stets schon ein wenig
dein Leiden erahnen
und im Leid
immer noch meine
Lebendigkeit spüren


...da ist dann das meine und deine, das geben und nehmen für mich deutlicher ...ist aber nur meine lesart :)

liebe grüße ingrid
 

NewDawnK

Mitglied
Hallo Gabriele,

"dein Leid - meine Lebendigkeit" dieser Leseart meiner Vorrednerin möchte ich mich als altruistisch denkender Mensch nicht anschließen. Ich denke, es gibt Situationen, in denen es durchaus sinnvoll ist, das "Ich" und die eigene Befindlichkeit mal eine Weile zurückzustellen, gerade wenn es um das Leiden eines anderen Menschen geht.
Es geht um die Lebendigkeit in Deinem Text - als Titel wäre dieser Begriff meiner Ansicht nach nicht unpassend.

Schöne Grüße, NDK
 
I

inken

Gast
Huiii, NdK, so meinte ich es nicht "dein leid - meine lebendigkeit", es steht dort "im Leid noch meine Lebendigkeit spüren" und das DU, vielleicht ist es auch eine Ansprache die Liebe an sich, nicht nur an das Gegenüber. Auch ein Ich leidet in der Liebe. So meinte ich das. Liebe Grüße Ingrid :)
 

Gabriele

Mitglied
Spannend...

...was Ihr da so herauslest aus meinem Gedicht!

Jetzt merke ich erst, dass man/frau das Gedicht auch ganz anders lesen kann, als es ursprünglich gemeint war. Und - so gelesen - wäre Dein Änderungsvorschlag naheliegend und auf jeden Fall umzusetzen, liebe Ingrid!

Das Gedicht ist allerdings - und da werde ich Dich jetzt eventuell enttäuschen, lieber NDK - aus einer eher egozentrierten Beobachtung entstanden:

Es ging um das eigene Leid, das man manchmal während der Zeit des Genießens (z.B. in der Hochphase einer Liebesbeziehung) schon vorausahnt (z.B. das Leid der nachfolgenden Entfremdung und Enttäuschung), und um jene Lebendigkeit, die wir empfinden, wenn wir uns (später dann) ganz in unser Leid hineinfallen lassen.

Vielleicht ginge in diesem Sinne auch der Titel "Selbstmitleid" in die richtige Richtung?

Aber sowohl "dual" als auch "Lebendigkeit" sind - trotz der unterschiedlichen Interpretationen - sehr passende Titel, finde ich!

Danke für Eure Anregungen!
Liebe Grüße
Gabriele
 

NewDawnK

Mitglied
"Es ging um das eigene Leid, das man manchmal während der Zeit des Genießens (z.B. in der Hochphase einer Liebesbeziehung) schon vorausahnt (z.B. das Leid der nachfolgenden Entfremdung und Enttäuschung), und um jene Lebendigkeit, die wir empfinden, wenn wir uns (später dann) ganz in unser Leid hineinfallen lassen."

Solchen Empfindungen kann ich in der Tat nicht folgen.
Mein emotionales Weltbild ist etwas schlichter gestrickt. Daher vermutlich mein Nicht-Verstehen.

Schöne Grüße, NDK
 
B

bonanza

Gast
ein sehr schöner gedankengang, gabriele, in dem
ich mehr hoffnung als desillusionierung entdecke.

bon.
 

Sonnenkreis

Mitglied
Liebe Gabriele,

Dein Gedicht und auch die Kommentare betrachte
ich mit Interesse.

Ganz spontan sehe ich zwei mögliche Gründe für
das nachfolgende Leid:

Eine gewisse Lebenserfahrung, das nach dem Sonnen-
zimmer die anderen Zimmer des Liebeshauses entdeckt
und offengelegt werden. Hier zeigt sich die Belast-
barkeit der jungen Beziehung. Vielleicht einfach auch
ob es paßt oder nicht.

Es kann aber auch eine sogenannte sich selbst erfüllende
Prophezeiung sein: Weil man das Leid erwartet, deshalb
trifft es ein. Unterbewußt ist es dabei nicht selten so,
das man das selber initiiert, ohne es zu bemerken.

Das jedes menschliche Erleben aus Freud und Leid be-
steht, ich denke das ist jedem klar. Nur in der Quali-
tät des menschlichen Miteinanders haben wir viel mehr
Einflußmöglichkeiten als wir ahnen. Dazu gehört aber
vor allen auch ganz viel Mut; zum Beispiel sich mit
Dingen auseinander setzen zu können. Ebenso wie sich
auch mal raus nehmen und raus halten können...-und-
wieder erneut rein finden können/wollen...

Ein Gedicht das zum nachdenken anregt.

Liebe Grüße
Sonnenkreis
 

NewDawnK

Mitglied
"Eine gewisse Lebenserfahrung, das nach dem Sonnen-
zimmer die anderen Zimmer des Liebeshauses entdeckt
und offengelegt werden. Hier zeigt sich die Belast-
barkeit der jungen Beziehung. Vielleicht einfach auch
ob es paßt oder nicht."

@ Sonnenkreis

ich vermute, Du verstehst unter Liebe eine primär sexuelle Beziehung und nicht die Liebe zu einem ganzen Menschen.
Vor Menschen, die man liebt, verbirgt man keine Zimmer, und man dichtet ihnen auch keine an.

Gruß, NDK
 

Sonnenkreis

Mitglied
@NDK,

eine solche Anmerkung ist nicht nur geschmacklos,
sie zeigt auch das Du meinen Kommentar nicht im
geringsten verstanden hast.

Vielleicht liest Du in meinen Worten Deine eigenen,
versteckten Wünsche?

Vielleicht liest Du aber auch in dem Gedicht von
Gabriele ein Leid, das Du immer wieder selber er-
fährst, weil Du Dich vor gewissen Entwicklungen ver-
schließst bzw. auf sexuelle Gedanken reduzierst?

Hier gibt es für mich nun für Dich nichts mehr zu sagen.

Punkt!


Liebe Gabriele,

verzeih bitte das Dein wirklich schönes Gedicht hier
zu solchen Worten führt.

Vielleicht spricht es aber eben auch für Dein Gedicht,
weil es doch scheinbar tiefer menschliche Schichten be-
rührt.

Dir noch einen lieben Gruß

Sonnenkreis
 

NewDawnK

Mitglied
Sonnenkreis, ich möchte Dich höflich bitten, nicht persönlich zu werden.

Es gibt Menschen, die unter Liebe etwas anderes verstehen als nur sexuelle Anziehungskräfte - und es gibt Menschen, bei denen eher die sexuellen Interessen im Vordergrund stehen.
Ich finde es nicht ganz unerheblich zu erfahren, von welcher Art von Liebe hier die Rede ist. Ich denke, wer als ganzer Mensch geliebt und angenommen wird, für den gibt es keinen Grund an der Liebe zu leiden.

Gruß, NDK
 
B

bonanza

Gast
liebe ist immer eine persönliche sache.
das liebesgedicht aber erhebt die liebe auf das podest
der poesie. ob es dort gut aussieht, beurteilen die leser.
die autorin gibt es uns zum lesen.

ich finde, gabriele hat ihre aufgabe mit diesem gedicht
erfüllt.

bon.
 

Gabriele

Mitglied
Ich bin überrascht...

...welch hitzige Diskussionen mein kleines Gedicht ausgelöst hat – freue mich auch darüber!
Wenn ich mir die Kommentare von bonanza und Sonnenkreis ansehe, denke ich, dass sie vielleicht am ehesten nachvollziehen konnten, aus welchem Lebensgefühl heraus das Gedicht entstanden ist.
Ein bisschen verwundert war ich über Deine weiteren Kommentare, NDK. Aus ihnen spricht ein großes Misstrauen gegenüber dem, was andere unter Liebe verstehen oder damit verbinden.
Du möchtest „erfahren, von welcher Art von Liebe hier die Rede ist“?
Nun, eigentlich geht es in meinem Gedicht gar nicht primär um Partnerschaft bzw. Liebe (deshalb habe ich es auch unter "Kurzlyrik" eingestellt und nicht unter "Liebe und Erotik"). In meiner Erläuterung (in meinem Kommentar „Spannend...“) habe ich nur als Beispiel eine Liebesbeziehung angeführt (sicher auch basierend auf persönlichen Erfahrungen mit einer Partnerschaft, die gescheitert ist, obwohl sie über lange Zeit weitaus mehr umfasste als nur sexuelle Interessen...). Ich hätte z.B. auch an die Wehmut denken können, die eine Mutter empfindet, wenn sie mit ihrem heranwachsenden Kind große Freude hat, gleichzeitig aber auch schon die Wehmut des allmählichen Loslassens ahnt.
Ich weiß nicht, ob das nachvollziehbar ist!?
Vielen Dank Euch allen jedenfalls für Eure intensive Auseinandersetzung mit meinem Werk!
Liebe Grüße
Gabriele
 

Sonnenkreis

Mitglied
Liebe Gabriele,

diese Wehmut; ich habe die mehrfach aus beiden
Positionen heraus erfahren und kann sie also sehr
gut nachvollziehen. Deine ergänzenden Worte, das
es hier primär um das Begleitgefühl und nur zweit-
rangig um die Liebe an sich geht, die veredeln Dein
Gedicht.

Ganz allegemein staune ich immer wieder, welcher
Widerstand gegen Trennungen geleistet wird. Wie
sehr Trennende angefeindet, das Thema am liebsten
tabuisiert wird. Ich las letztens den schönen Ver-
gleich:

Wenn eine Beziehung ihr "Ablaufdatum" überschritten
habe und trotzdem daran festhalte, dann würde darin
ein Druck entstehen, der sich wie in einem Dampfkessel
zur Exposionen entwickele...

Dabei ist es doch so, das eine Beziehung die beendet
wird bzw. vor ihrem Ende steht, das die nicht weniger,
sondern mehr Lebendigkeit -für beide Partner- bedeutet.
Denn, in dem man das beendet, was mehr Schmerz als Glück
bedeutet, dadurch geht man doch den Weg in die Heilung
und ermöglicht beiden sich dorthin zu finden, wo mehr
Entfaltung möglich wird.

Leider wird das heute noch immer oft nicht verstanden.

Dein Gedicht, es zeigt das doch auch die sich Trennenden
ein starkes Gefühl miteinander erleben und ganz bestimmt,
im Falle einer reifen Trennung, auch bewahren werden.

Eine Wehmut, die also nicht schmerzfrei ist, die aber
auch Hoffnung machen kann...

Liebe Grüße
Sonnenkreis
 
B

bonanza

Gast
sonnenkreis, das ende ist nicht einfach eine tür, durch
die man geht, weil es zwingend erscheint.
das ende kann eine tür sein, die klemmt, oder die sogar
verschlossen ist. und nicht selten ist das ende eine
offene tür, durch die wir zu leicht gehen.
die liebe ist in meinen augen ein mysterium.
sie endet nicht. sie nimmt abschied, aber sie endet nicht.
lebendig tot sind viele lieben. die türen sind verschlossen.
totgeliebt sind viele lieben. wir fliehen durch die türen.

ich bin desillusioniert. darin sehe ich meine chance.

bon.
 

Gabriele

Mitglied
Danke, Sonnenkreis und bonanza,...

...für Eure Gedanken!

Sonnenkreis, Dein letzter Kommentar hat in mir etwas widersprüchliche Empfindungen ausgelöst ("Ablaufdatum einer Beziehung").
Bon, Du hast in Deinem letzten Beitrag in diesem Thread sehr schön auf den Punkt gebracht, was mich bei dieser Herangehensweise ein wenig stört:

Ich denke, ein Ablaufdatum für Beziehungen geben wir Ihnen immer selbst, wenn wir aufhören, uns um einen gemeinsamen Nenner zu bemühen, wenn wir resignieren und sagen: Es passt eben nicht! Ich glaube, wenn zwei Menschen ernsthaft eine dauerhafte Partnerschaft miteinander eingehen wollen, gibt es kaum ein Hindernis, das sich nicht überwinden ließe.
Klar, wenn man in einer Beziehung resigniert hat und wirklich nicht mehr an sie glaubt, ist das Ende trotz allen Schmerzes befreiend.

Ich bin also nicht GENERELL desillusioniert, was das Gelingen von Beziehungen anlangt (kenne in meinem Freundeskreis auch ein paar wirklich wunderbare Partnerschaften) - für mich persönlich allerdings derzeit schon ein bißchen...

Liebe Grüße
Gabriele

PS: Oje, das war nun wohl schon "Plauderei" und wird vielleicht ausgeblendet?!
 
B

bonanza

Gast
dass ein gedicht solche plaudereien auslösen kann, spricht
für das gedicht ... und für die diskutanten.

bitte nicht ärgern, gabriele, wenn es verschoben wird.
desillusioniert sein birgt für mich hoffnung.
zb. die desillusioniertheit in meiner pubertät.
ich entmachte die ängste und die verzweiflung, indem
ich sie male. auch in gedichten male. indem ich sie aus-
spreche.
die pubertät ist rum. uff! die jahre vergingen im blindflug.
das reiseziel kommt gefährlich nahe.

bon.
 

Vivi

Mitglied
Hallo Gabriele! Kann mich Bon voll und ganz anschließen. Hatte sofort verstanden was Du meintest. Jeder liest halt aus den wenigen Zeilen sein eigenes Empfinden. Ich finde Deine Version sehr gut.
Lieben Gruß Vivi
 



 
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