die Brücke am Fluss

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Perry

Mitglied
die Brücke am Fluss


noch einmal
gingen wir
durch den Garten der Erinnerung

küssten Blüten
auf die Zweige
eines Kirschbaumes

in dessen Krone
bereits schwarze Vögel
den Abschiedschoral übten

auf der Brücke
über den trennenden Fluss
blieben wir stehen

sahen hinab auf die
vorbei ziehenden Kalenderblätter
unserer Tage

brachen die letzte Knospe
vom Rosenstrauch der Liebe
und warfen sie in die Fluten
 

Duisburger

Mitglied
Hallo Perry,

ein schönes Werk hast du da geschaffen und eine schwindende Liebe lyrisch verarbeitet. Deine Aussage kommt gut rüber, doch es wäre noch etwas wirkungvoller, wenn du das Werk etwas straffen würdest.

Ein Vorschlag:

noch einmal
gingen wir
durch den Garten [strike]der[/strike] [blue]unserer[/blue] Erinnerung

küssten Blüten
auf die Zweige
eines Kirschbaumes
[blue]>>> wunderbar geschrieben[/blue]

[strike]in dessen Krone
bereits schwarze Vögel
den Abschiedschoral übten[/strike]
[blue]>>> diesen Teil würde ich ganz streichen. Die schwarzen Vögel sind doch etwas zu kitschig und abgegriffen.[/blue]

auf der Brücke
über den [strike]trennenden[/strike][blue]scheidenden[/blue] Fluss
blieben wir stehen
>>> gutes Bild

sahen hinab auf die
[strike]vorbei ziehenden [/strike] [blue]treibenden[/blue] Kalenderblätter
[strike]unserer Tage [/strike] [blue]gemeinsamer Zeiten[/blue]
>>> so wird es deutlicher, finde ich

brachen die letzte Knospe
vom Rosenstrauch der Liebe
und warfen sie in die Fluten
>>> sehr schöner, lrischer Abschluss, sehr eingängig.

Wie auch immer. Gefällt mir sehr gut.

lg
Uwe
 
K

Klopfstock

Gast
Hallo, Perry,
ich will mich etwas einmischen und sagen:
Nimm die Veränderungsvorschläge von Duisburger an -
dann wird dieses Gedicht ein "echter Hammer",
um es im jugendlichen Jargon auszudrücken;)

Nein, echt, der Uwe hat hier tolle Textarbeit
geleistet!!!

meint Klopfstock
bewundernd in Richtung
Duisburger blickend
und Euch beide lieb grüßend:)
 

MH

Mitglied
hallo perry,

die bildersprache in deinem text gefällt mir ausgezeichnet, es ist nicht zuviel und nicht zuwenig, der leser fühlt sich nicht zu fern und nicht zu nah.
allerdings habe ich beim lesen den eindruck, dass es sich mehr um ein fragment eines erzählenden, poetischen prosatext handelt, alleine die anordnung der worte täuscht die form eines gedichtes vor, ich erlaube mir daher ein experiment:

noch einmal gingen wir durch den Garten der Erinnerung,
küssten Blüten auf die Zweige eines Kirschbaumes,in dessen Krone bereits schwarze Vögel den Abschiedschoral übten. auf der Brücke über den trennenden Fluss blieben wir stehen, sahen hinab auf die vorbei ziehenden Kalenderblätter unserer Tage, brachen die letzte Knospe vom Rosenstrauch der Liebe und warfen sie in die Fluten.


ich bin mir bewusst, dass die (moderne) definition von "gedicht" oder "nicht-gedicht" irgendwo zwischen schwierig und unmöglich anzusiedeln ist.
es war bloss mein persönlicher eindruck, den ich dir nicht vorenthalten wollte.

mfgMH
 

Perry

Mitglied
Hallo Uwe,
danke für deine wirklich konstruktiven Vorschläge. Das Bild der schwarzen Vögel möchte ich als Abschiedsmetapher beibehalten. Ich werde versuchen es etwas „anspruchsvoller“ zu formulieren. Danke und LG
Manfred

Hallo Klopfstock,
danke für deine Zustimmung zu Uwes Vorschlägen, das macht es mir leichter mich für sie zu entscheiden. Ich habe mal eine angepasste Version erstellt:

die Brücke am Fluss


noch einmal
gingen wir
durch unseren Garten

küssten Herbstblüten
auf die Zweige
eines Kirschbaumes

in dessen Krone
sich bereits Stare sammelten
für ihren Flug nach Süden

auf der Brücke
über den scheidenden Fluss
hielten wir inne

sahen hinab auf die
treibenden Kalenderblätter
gemeinsamer Tage

brachen die letzte Knospe
vom Rosenstrauch der Liebe
und warfen sie in die Fluten

LG
Manfred
 

Perry

Mitglied
Hallo MH,
Du hast vollkommen Recht. Mein persönlicher Stil ist sehr prosalastig, dass kannst Du aus den meisten meiner Gedichte ablesen. Trotzdem gibt die Gedichtform den Texten eine stärkere Gliederung und Betonung, als dies bei einer durchgehenden Prosafassung möglich wäre. In Zeiten moderner Lyrik spielen Zuordnungskriterien Gott sei Dank keine so große Rolle mehr. Wichtig ist, dass dir der Text gefällt. Danke für deine Anmerkung und LG
Manfred
 

San Martin

Mitglied
Das Gedicht ist großartig. Das Bild der vorüber treibenden Kalenderblätter, der Garten der Erinnerung, der Herbst als Jahreszeit des Anschieds, der die Geliebten scheidende Fluss, die Knospe vom Rosenstrauch, die ins Wasser geworfen wird... alles in sich konsistente, zusammen passende, aussagekräftige Bilder. Ich bin begeistert.

Nur hier könnte ich dir noch etwas anempfehlen:

in dessen Krone
sich bereits Stare sammelten
für ihren Flug nach Süden

Stare finde ich nicht so gut. Warum die Vögel explizit benennen? Damit sie schwarz sind? Muss nicht sein; allein der Umstand, dass sie Zugvögel sind, erklärt den Abschied, lässt allerdings Hoffnung auf eine Wiederkehr. Wenn der Abschied von der Liebe auf der Brücke endgültig ist, dann sind Zugvögel das falsche Bild. Ansonsten schlüge ich vor:

in dessen Krone sich bereits
die Zugvögel sammelten
starr gen Süden blickend

oder so ähnlich.

Martin
 

Perry

Mitglied
Hallo Martin,
es freut mich, dass Dir dieses bereits etwas ältere Werk von mir so gut gefällt. Die Stare stehen für mich neben der Zugvögelmetapher hier auch noch für den Aspekt des Mystischen ähnlich wie man das auch den Raben nachsagt. Diesen Bezug wollte ich unbedingt noch im Bild haben, weil es für diese Liebe in der Realität keine Wiederkehr mehr geben wird.
Danke trotzdem für deinen Vorschlag, ich schicke Dir LG
Manfred
 

San Martin

Mitglied
Auch auf die Gefahr hin, dich zu nerven: Ich empfinde Stare nicht als sehr mystische Vögel; durch ihre Nennung bei "Amsel, Drossel, Fink und Star" assoziere ich sie mit Zwitschern und mit Kindern... nur meine Tasse Tee. ;)
 



 
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