poeta doctus
Es ist so geschrieben, dass es mir nicht gefällt und mich äußerst langweilte, weil es erstens weder gefällig fein zu lesen war, noch inhaltlich etwas Interessantes zu bieten hatte!
Ich finde die Arbeit der Kulissenschieber während der Pausen zwischen den "Aufzügen" sehr interessant. Das war eines der Themen, zugleich die Perspektive des lyrischen Ichs. Ein gesunder proletarischer Gesichts- und Standpunkt.
Und Wagners "Tannhäuser" ist nicht bloß "interessant" - das wäre ein vernichtendes Urteil - sondern überaus faszinierend, ein Meisterwerk erster Klasse, das wird keiner bestreiten, der dieses Werk schon mal erlebt hat.
Die Reflexion des Dichters im Werk ist durch zweierlei begründet (und sie ist deshalb auch nicht bloß irgendeine unpassende Spielerei!): Die Oper selbst hat die Rolle des Künstlers, des Dichters und Sängers, zum Thema, ist also selbst schon reflexiv. Und zweitens habe ich den Gedanken durchgespielt, das Wagner hier heimlich die Kulissen schiebt. Das kann metaphorisch für seine Erlösungsreligion (hier noch ganz christlich) stehen, aber auch rein erzählerisch genommen werden. Dichter sind an so etwas immer interessiert. Nichtdichter nicht immer.
Das ist meine Meinung, die man sicher ignorieren kann, besser noch löschen!
Meinungen kann man nicht löschen. In welcher Welt lebst Du eigentlich? In einer Welt des Rausches, wo Dir jemand von außen Deine Gedanken löschen kann?
Meine Vorstellung von Sprache und deren Verwendung in der Kunst ist es, dass es tiefsinnig, fein nuanciert und doch einfach geschrieben ist, der Gebrauch der treffenden Worte ohne verkünstelte Schnörkel, die einem die Lust auf Weiteres erzeugt!
Völlig wahr, das ist auch meine Vorstellung von Sprachkunst.
Jetzt Butter bei die Fische: Wo ist bei meiner Ghasele ein Wort nicht trefend? Und wo siehst Du "verkünstelte Schnörkel"? Ich bitte Dich um die Beispiele.
Oft ist es ein Aneinanderramschen von Gesankenfetzen, welche den geneigten Leser zwingt, sich irgendetwas seiner Vorstellungswelt zu denken, was der Schreiber vielleicht gar nicht gewollt oder gedacht hat!
Im Denken und Sich-etwas-Vorstellen gibt es keinen Zwang, sondern die Freiheit der Phantasie. Wenn ein armes Menschenwesen keine Phantasie mehr haben sollte und unter Zwangsvorstellungen leiden sollte, dann ist es mir ein Herzensanliegen, das Zwanghafte seiner Vorstellungen aufzulockern, aufzubrechen, durchzuschütteln, der Assoziations-Freiheit zu öffnen - kurz: Gedankenfetzen zu puzzeln, wie die Kubisten und die Popartisten Collagen geklebt haben. "Aneinanderramschen" ist ein schönes Wort. Gefällt mir. Hat eine drastische Wirkung, schön frech. Ist aber das Gegenteil von "Zwang, sich etwas vorzustellen", sondern gibt dem Leser seine eigene Phantasie, seine Vorstellungs-Freiheit zurück.
Natürlich reicht man auch Gedichte während eines Germanistikstudiums ein, wenn Wettbewerbe angetragen sind und wenn es um Sprache geht! Aber das möchte ich hier nicht weiter vertiefen!
Die machen Wettbewerbe auf den Universitäten? Aber nur für die Germanistikstudenten? Da ich nur sehr sehr alte Dichtung verschiedener Kulturbasissprachen studiert habe, ist mir da nichts "angetragen" worden. Sonst hätte ich da natürlich den Tannhäuser gemacht und alle in den Venusberg eingeladen.
Frage ich es anders: "Was wollten Sie mit dem Gedicht ausdrücken?" Dies wird in der Schule zuerst gefragt!
Jetzt hast Du Dich verraten: Du bist etwa im Rentenalter, pensioniert, sitzt in Deiner Gartenlaube und tippst in Deinen Laptop. Denn Du berichtest eine Mär aus alten Zeiten, so Fünfziger, frühe Sechziger Jahre, wo die Deutschlehrer so bescheuerte Fragen gestellt haben. Heute weiß jedes Kind, daß die Deutung eines Liedes beim Leser bzw. Hörer liegt, nicht bei einem Gedankenvorschreiber. In der Phantasie der lesend oder hörend Mitsingenden, nicht in der Absicht eines Schreibers.
Schon zu meinen Schulzeiten hat keiner meiner Lehrer noch so törichte Fragen gestellt. Allerdings schrieben wir auch keine Gedichte im Unterricht. Das machte ich unabhängig von der Schule. Einfach so. Und dann erst nach dem Abitur, während meiner Zivildienstzeit! Ich durfte bei einer Hilfsorganisation im Büro arbeiten, da schrieb ich eine Menge Gedichte. Schau mal in meiner Liste: "Das Letzte" (ich meine nicht mein letztes Gedicht, sondern ein Gedicht mit diesem Titel. Ist wirklich "Das Letzte"!)
Ich persönlich kann den Zeilen kaum etwas entnehmen, es war einfach nicht [blue]lesenswert [/blue]geschrieben!
Das ist eine sehr originelle Deutung. Wäre ich nicht drauf gekommen, aber ich bin nur der erste Leser, nicht der letzte. (Vom Schreiber schweigen wir hier, denn der ist, wie ich schon sagte, für den "[blue]Lesenswert[/blue]" eines Liedes nicht entscheidend.)
[/i]Mir entfleuchte hier und da aus dem Unverständnis heraus ein "[blue]Hä[/blue]"!,
Das ist Hindi und heißt auf Deutsch: "[blue]Ist[/blue]".
Ich entnehme Ihren Zeilen, dass Sie natürlich eine schwärmerische Bildung in der Literatur und Kunst haben und nun selbst etwas schaffen möchten!
Ja, seufz, ich will nun auch mal was selbst schaffen. Ich bin schon ganz von mir selber gerührt: diese Sehnsucht, auch mal was selbst zu schaffen. Wenn ich nur irgendwo lernen könnte, wie man das macht! Von einem richtig routinierten Autor! Ich meine nicht "Leselupen-routinierter Autor", was auch immer das ist, sondern einen, der seine Route in der Hand hat!
Aber....ein Gedicht, was ein Studium der Kunst/Literatur beim Lesenden erfordert, ist für mich nicht viel wert!
"Poeta doctus". Ein Dichter, dessen Götter "Marmor scheißen" ("Amadeus" Mozart). Horaz, Vergil, Ovid, Catull, Lukrez, das waren "poetae docti". Die sind für Dich nicht viel wert. Dann verkaufe ich sie Dir nicht, ich behalte sie gerne. Aber ich wollte sie gar nicht verkaufen.
Bei uns zu Hause wird rezitiert, Hausmusik groß geschrieben und das als echte Virtuosen, demzufolge kennen wir uns sehr wohl in beiderlei Branchen aus, können also recht gut von gewollt und gekonnt unterscheiden!
"Branchen"? Gute Metapher, lebendiges Bildwort für die Künste der Dichtung und Musik.
Pardon, Du kannst das unterscheiden? Aber woher stammt dann Dein Fehlurteil? Denn ich habe ziemlich gekonnte meine Wortfetzen zusammengerammscht. Machs nach! Mach's auf Deine Weise, zeig, daß Du "Können" von "Wollen" unterscheiden kannst! "Will" es!
Leg los!