eine sekunde nach der revolution

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Ingwer

Mitglied
eine sekunde nach der revolution
werde ich
nicht mehr
deine hand nehmen
dein haar streicheln
deinen atem küssen
wirst du mich vermissen
kind.
du mensch.

eine sekunde nach der revolution
werde ich
dich nicht mehr
innen berühren

eine sekunde nach der revolution
wirst du weinen

mit
messer gabel schere licht
spielen kleine kinder nicht

eine sekunde nach der revolution
wird das blut langsam braun

eine sekunde nach der revolution
bist du waise(r)
 
Hallo Ingwer,

es ist schwierig, zu deinen Gedichten etwas zu sagen,
denn sie sind zu vielschichtig, um nur Gefallen oder Missfallen auszudrücken.
Bei keinem kann ich sagen, dass ich es 100 % verstanden habe, und das gefält mir am meisten, denn du lässt dem
Leser Freiheit und Spielraum!
Dieses hier gefällt mir jedenfalls besonders gut!

Pass auf dich auf

black sparrow
 

Ingwer

Mitglied
Hi Käpt'n ;)

Ich danke Dir für Deinen Kommentar... Und damit hast Du mir, vielleicht ohne es zu merken, ein echt großes Kompliment gemacht. Spielraum ist das wichtigste, finde ich. Gedanken vorzeichnen ist doch auf die Dauer langweilig.

Liebe Grüße aus Köln
Ingwer
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo ingwer,

zu diesem außergewöhnlichen Gedicht möchte ich nur einen Wunsch äussern:
Stell den Titel auch über den Text.

cu
lap
 

Ingwer

Mitglied
hallo lapismont,

normalerweise steht der titel (der eigentlich kein titel ist, weil es keinen titel gibt, weil das gedicht im rahmen eines projekts namens: 1 sekunde nach der revolution entstanden ist) ganz normal am anfang. aber beiträge ohne titel finde ich doof. deshalb ;) aber ich ändere es jetzt nochmal; die punkte sehen echt nicht gut aus so.
danke fürs lesen und bewerten und überhaupt.

lg
ingwer
 
H

Holger

Gast
"...mit
messer gabel schere licht
spielen kleine kinder nicht..."

ist der schwächste Vers in einem
starken, interpretationsfähigem Text.
Der Vers ist vorbelastet und will
mir nicht so recht in die Gedanken
passen. Der gewünschte Effekt stellt
sich bei mir nicht ein, da eben diese
Wendung eines gebräuchlichen Sprichworts
aus Deinen eigenen Gedankengängen
herausfällt. Alle versglieder passen,
Nur diese Zeilen sind eine Art Fremdkörper.

Für den Rest mein Kompliment.

Beste Grüße
Holger
 

Inu

Mitglied
Hallo Ingwer

eine sekunde nach der revolution..........eine minute vor dem untergang
werde ich ...........................................werde ich
nicht mehr........................................
deine hand nehmen.............................deinen blick vermeiden
dein haar streicheln.............................deinen rücken sanft berühren
deinen atem küssen............................deine küsse trinken
wirst du mich vermissen.......................wirst du mich nicht vermissen
kind....................................................knabe
du mensch.........................................du rätselhaftes wesen

eine sekunde nach der revolution..........eine minute vor dem untergang
werde ich ...........................................werde ich
dich nicht mehr...................................dich
innen berühren....................................verlieren

eine sekunde nach der revolution..........eine minute vor dem untergang
wirst du weinen...................................wirst du lächeln

mit.....................................................denn
messer gabel schere licht....................alles vergängliche
spielen kleine kinder nicht....................ist nur ein gleichnis

eine sekunde nach der revolution..........eine minute vor dem untergang
wird das blut langsam braun.................wird die sonne rot sein

eine sekunde nach der revolution..........eine minute vor dem Untergang
bist du waise(r)....................................bist du unsterblich


Habe nur einmal auf die Schnelle wahllos und gedankenlos Worte eingesetzt und das Gedicht kam dabei heraus und ist genauso tiefsinnig wie Deins, denke ich...

Das schwierigste war, die Pünktchen zu setzen.

Ich meine damit: wenn Lyrik offen und beliebig wird und beliebig interpretierbar, verliert sie für mich den Sinn.

Gruß
Inu
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
M O D E R A T I O N

Hallo Inu,

bitte setze Dich konkret mit dem Werk ausseinander. Einem Text Beliebigkeit nachzuweisen, in dem Du eine Wortaustauschaktion am Original vornimmst, beweißt nur, das Du zu derartigem in der Lage bist.
Das ist mit jedem Werk möglich.

cu
lap
 

Inu

Mitglied
Hallo Lapismont.

Deine Ausblenderei finde ich nicht fair.
Ich wollte mit meinem Kommentar nur begründen, warum mir solche Texte nichts sagen. Warum lässt Du keine Auseinandersetzungen zu?

Inu
 

Ingwer

Mitglied
Oh, was war denn hier los?

@Markus: Danke für Deinen Kommentar. Weites Feld und weite Gedanken, ja. Und Nachdenken ist wohl das intendierte Ziel ;)

@Holger: Dir auch vielen Dank. Würdest Du die Zeilen einfach weglassen? Mir würde dann irgendetwas fehlen- und alles zu gleichförmig sein. Hundertprozentig zufrieden bin ich mit den wirklich etwas abgegriffenen Worten auch nicht; aber eine Alternative ist mir bisher nicht eingefallen.

MfG
Ingwer
 

Ingwer

Mitglied
Ah. Jetzt hab ich den ausgeblendeten Text doch noch gefunden. Inu; ich glaube, das ist ganz einfach Geschmackssache- Interpretationssache, was auch immer.
Ich finde jedenfalls, dass man beim Schreiben durchaus in der Lage sein kann, von eigenen Erfahrungen/Beobachtungen/ was auch immer zu abstrahieren und einfach einen (vielleicht auch recht weiten) Gedankenrahmen abzustecken für diejenigen, die lesen und sich Gedanken machen wollen. Das ist nur ein kleiner Teil meiner persönlichen Definition des Wortes Literatur (die sich meiner Meinung nach von POPliteratur oder Tagebuchschreiberei auch gerade durch diese Unterscheidung abhebt) Ich habe nichts gegen eine Diskussion, gerne auch anhand meines Textes, aber ich glaube, dass wir einfach verschiedene Bewertungsmaßstäbe an den Tag legen und es deshalb wohl schwer sein könnte, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.
LG
Ingwer
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
M O D E R A T I O N

Hallo Inu,

lies einmal Deine ON's. Persönliche Mitteilungen an mich kannst Du mir per ON oder mail zusenden.

cu
lap
 

Inu

Mitglied
Ich glaube eher, was ich noch zu sagen habe, ist allgemeingültig.

Muss ich annehmen, dass du, lapismont es bist, der auch das ständig löscht???

Ich hoffe doch, dass du so etwas nicht tust! oder?

Gruß Inu
 
H

Holger

Gast
Genug mit den Eitelkeiten

... noch etwas zum Text:

1 eine sekunde nach der revolution
2 werde ich
3 nicht mehr
4 deine hand nehmen
5 dein haar streicheln
6 deinen atem küssen
7 wirst du mich vermissen
8 kind.
9 du mensch.

10 eine sekunde nach der revolution
11 werde ich
12 dich nicht mehr
13 innen berühren

14 eine sekunde nach der revolution
15 wirst du weinen

16 mit
17 messer gabel schere licht
18 spielen kleine kinder nicht

19 eine sekunde nach der revolution
20 wird das blut langsam braun

21 eine sekunde nach der revolution
22 bist du waise(r)


Ich habe mir nach Deiner Rückfrage einmal etwas zeit genommen für diesen anspruchsvollen Text.
Ich möchte eigentlich gar nicht darüber diskutieren, was er mir sagt, ob im Gesellschaftlichen oder im Privaten.
Ich möchte mehr meine Meinung zur Struktur und zur Technik sagen.
So habe ich das Gefühl, dass Du für den Text nicht unbedingt viel Zeit benötigt hast. Du hast hier und da etwas gefeilt, aber nicht mehr im Großen und Ganzen. Das ist auch gar nicht schlecht. Beneidenswert, wem es so zufliegt. Ich habe für mich die Erfahrung gemacht, das Gedichte reifen.
Oftmals lasse ich einen Text Wochen liegen. Manchmal habe ich dann genug Abstand, dass ich dann noch einmal daran arbeiten kann.

In Deinem Fall, Ingwer, haben wir es mit zwei lyrischen Personen zu tun (ich und du, also das „Kind“)
Dieses „du“ steht auch im Schlussvers und ist also der Punkt, zu dem Du willst.
In Deinem Text springst Du aber zwischen dem Ich und dem Du hin und her. Das zerpflückt mir meinen Eindruck etwas, weil die Linie nicht erhalten bleibt. Die Zeilen 1-6 und 10-13 kann ich mir gut in einem Zusammenhang vorstellen, wobei im zweiten Teil die Zeilen 7, 8 und 14-22 zusammen gehören könnten. Mit 16-18 habe ich für mich etwas Bauchschmerzen, weil eben anderweitig abgegriffen. Du spielst hier plötzlich mit Versmass und Reim, was im übrigen Text keine Rolle spielt.
Damit Du das aber erreichst, lässt Du das Wörtchen „mit“ allein für sich in einer Zeile liegen. Man denkt, Du möchtest ihm eine gewisse Bedeutung zukommen lassen, die es aber weder hat noch braucht.

Mir ging bei diesen Zeilen aber etwas anderes durch den Kopf:
Zum Einen, dass die Revolution (welche auch immer) ihre Kinder frisst, also dass der, der sie voranbringt und auslöst doch der Verlierer sein wird.
Zum Anderen; Nach der Revolution ist vor der Revolution:

Eine Sekunde nach der Revolution
mein Kind, wirfst Du
den ersten Stein.

Beste Grüße
Holger
 

Ingwer

Mitglied
Hallo Holger,

vielen Dank für Deine Mühe. Du hast recht; ich habe kaum bzw. gar nicht mehr am Text "gefeilt". Es ist quasi die erste Version. Ich werde ihn nochmal überarbeiten... habe dazu meistens zu wenig Geduld/Ausdauer. Aber vielleicht gibts bald eine zweite Version.

Viele Grüße
Christiane
 

Ruedemann

Mitglied
ich sehe einen revolutionären spinner, der nicht weiß, was er will. eine sekunde nach der revolution, so ein blödsinn! eine revolution ist ein prozess, der nicht in einer sekunde stattfindet. es schlagen zwar quantitative in qualitative veränderungen um, aber nicht von jetzt auf nachher. meintest du, die gefühle verändern sich langsam, unmerklich, bis man sich ihrer plötzlich bewußt wird? eine sekunde, nachdem ich das gelesen hatte, wußte ich, dass ich nichts damit anfangen kann. ich kann das hochgefühl vieler, die sich vor mir äußerten, nicht nachempfinden. vielleicht bin ich die einzige große ausnahme - und dennoch, ich kann nicht anders.
Ruedemann
 
H

Holger

Gast
Ruedemann,
Grundgebot hier ist , den anderen zu achten.
Du kannst Dich vielleicht im inhaltlichen und poetischen
Sinne nicht mit dem Text anfreunden.
Dir das Recht rauszunehmen, es Blödsinn zu nennen, steht Dir nicht zu. Kritik ist willkommen und angebracht.
Aber auch die Kultur der Auseinandersetzung.

Die philosophische, und in deinem Falle die marx'sche, Sichtweise vom Umschlagen der Verhältnisse in eine neue Qualität ist aber nicht immer die poetische Betrachtung.
Abstrahierungen sind durchaus statthaft.

Also halten wir doch bitte mit Ausdrücken wie Unsinn und Blödsinn den Ball flach.

Beste Grüße
Holger
 
Hallo Ingwer,
allein dass du dieses Thema einmal wieder aufgreifst, halte ich schon für einen Gewinn. Für mich beschreibst du subtil die Angst der Untertanen vor dem Aufbegehren und dem damit verbundenen möglichen Liebesverlust. Die Entscheidung zum Widerstand ist zumeist eine sehr einsame. Auch lyrisch hast du gute Lösungen gefunden. Die schwächste Stelle ist auch für mich "Messer, Gabel, Schere, Licht...". Ich halte sie nicht unbedingt für nötig, da sie für mich wie ein Wink mit dem Zaunpfahl wirkt...
Ansonsten großartig...
Gruß
Karl
 



 
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