Liebe Venus,
ich liebe lange Gedichte... Die ersten zwei Strophen sind atemberaubend gut, es gelingen dir Wortschöpfungen von stiller und klarer Schönheit, Worte, in die man sich legen möchte wie in einen Fluss. Ich finde aber, auch wenn das zum inneren Geschehen des Gedichts passt, die letzten Teile des Gedichts zu analytisch (damals und: so weiß ich heute sind für mich Wiederholung, Doppelungen, weil das "damals" aus der Sicht des lyrischen Ich schon das Wissen bezeichnet, auch "friedlich" und "versöhnt" sind so eine Doppelung, auch wenn sie jeder für sich ihre Berechtigung haben mögen. "Und damit" ist ein Satzteil, der ein Referat einleiten könnte oder eine Hausarbeit in den nächsten Abschnitt führt, aber in einem Gedicht von solcher Sprachkraft wie ein Fremdkörper wirkt, aber vielleicht war das beabsichtigt- für mich sind die "schattenlose herzbahn" und die "magische mitte" Fixpunkte einer unbenannten Sehnsucht, die die Teile des Gedichts in sanftem Ton verbinden. Bei solcher Sprachmagie braucht es keine Erklärungen. Sie nehmen deinem Gedicht viel von seiner Suggestivität, von seiner Kraft. Der letzte Satz ist ebenso eine Erklärung/Kommentierung der vorherigen Strophe- das sagst du für die Menschen, die Lyrik aus ihrer Unmittelbarkeit heraus nicht lesen mögen oder können, aber davon leben eigentlich deine Gedichte, aus einer bisweilen pfadlosen Unmittelbarkeit des Fühlens und Erlebens.
Sorry, wenn das jetzt zu viel Interpretation war, aber so habe ich es empfunden. Meinen tiefen Respekt für die ersten beiden Strophen,
liebe Grüße, Cirias