einleben

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Monochrom

Mitglied
einzeichen

im beisein der wolken
diskutieren die himmel
um ein einzelnes zeichen
darunter diskutieren welten
um dessen deutung
beides tönt unablässig

das lachen des windes
in den reisenden wolken;
sie erschaffen, steten regen,
während hände stetig
in blut und schlamm
das herz punktieren,
in der suche
nach vollendung;

es scheint
ein zeichen
wäre genug
nur ein glitzern;
ein fallendes staubkorn
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Liebes Monochrom,

das lachen des windes
in den reisenden wolken;
sie erschaffen[red],[/red] steten regen,
"erschaffen" ist etwas fett: Personalisierung und das gleich noch auf theologischem Götterniveau
während hände stetig
in blut und schlamm
das herz punktieren,
dafür, daß es nicht gerade ein kraftvoll-sinnliches Bild abgibt, und zwar schon des Fremdwort-Prädikats wegen, frage ich mich: warum "punktieren"? Das ist doch die medizinische Entnahme von Körpersubstanz, etwa Mark aus dem Rückenmark? Und das geschieht nicht durch Hände unmittelbar, wenn "Chirurg" auch (wörtlich) "Handarbeiter" bedeutet.
Und das Punktesetzen am Ende von Sätzen läßt sich auch metaphorisch schlecht auf Hände und Herzen übertragen. Oder nennt man Wiederbelebungsversuche so? Wenn ja, dann platzt hier in die ioviale Atmosphärenszene ein Unfall hinein - ?
in der suche
nach vollendung;
nun ja, wenns denn nicht bescheidener geht.
Aber es ist davon abzuraten, ein Gedicht (pardon, hier ist es zunächst eine Strophe) mit einem solchen Gemeinplatz zu beenden, der auf alle Ereignisse im Universum und Tätigkeiten sich entwickelnder Lebewesen paßt. Allesodernichtssätze haben was von Wasserstoffballons in höheren Luftgefilden: je weiter, desto dünner. Nun ja: bei den Wolken, oder drüber.

grusz, hansz
 

Monochrom

Mitglied
H Mondnein,

das ist eine gute Textkritik. Ich versuche mal, auf Deine Punkte einzugehen.

1. "Erschaffen", zu fett, zu personalisiert.
In diesem Fall möchte ich dazu sagen, dass Wolken tatsächlich den Regen erschaffen. Sie schaffen es, Wasser vom gasförmigen in den niederen Aggregatszustand zu bringen. Ein atmosphärischer Ablauf, wo etwas erschaffen wird. Dass Du da etwas hinein interpretierst, liegt daran, dass Du Metabenen und die Abfolge der Bilder durcheinander wirfst.
Die Metabene ist die Hebung eines Bildes auf eine höhere Ebene, von der aus die lyrische Sprache, die Textwirkung erzeugt wird.
Ich denke, dass an dieser Stelle von meiner Seite da keine Überhöhung des reinen Wortes "erschaffen" gewirkt wurde, dies geschieht erst im Textbezug der Metaebene, den Du aufgreifst, um ihn in die Textebene hinunterzuziehen. Das ist dann handwerklich einfach keine gute Auseinandersetzung mit Texten.

2. "punktieren", kein kraftvoll- sinnliches Bild
Ein anderes Wort für punktieren fände ich nicht passend.
Es geht mir hier um genau den Vorgang, aus einer gewissen Substanzgröße, einer Masse, ein genau definiertes Spektrum zu entnehmen.
Denn das ist Vollendung, um den Rest der Strophe noch anzuführen.
Vollendung ist das punktierte Ergebnis eines Konglomerats aus Wirkungen.
Der ganze Text ist eine Rückführung, eine Verlaufsgröße, die in der Punktierung ihre bestmögliche Reflektion findet.
Gerne kannst Du mir aber eine Alternative aufzeigen.
Warum Du versuchst, den Textinhalt unbedingt auf Krankenhausgeschehnisse zu übertragen, erschließt sich mir nicht.

Hier der Duden:


Bedeutungsübersicht
? 1. durch Punkte darstellen; mit Punkten versehen, ausfüllen
2.a. (Musik) (eine Note) mit einem Punkt versehen, der die Note um die Hälfte ihres Werts verlängert
b. (Musik) einzelne Töne einer Gesangspartie [in der Oper] der Stimmlage des Interpreten entsprechend, etwa um eine Oktave oder auch um eine Terz, nach oben oder unten versetzen

3. (Bildhauerei) Fixpunkte eines Modells maßstabgerecht auf den zu bearbeitenden Holz- oder Steinblock übertragen
4. (Medizin) durch Einstechen mit einer Hohlnadel Flüssigkeit, Gewebe [zum Untersuchen] entnehmen oder ein Medikament einführen

Es geht hier um das Auflösen des Herzens in Punkte, in Teilbereiche, in Vollendungen. Ich würde da, wenn man das Wort "punktieren" nimmt, am ehesten zur Bildhauerei neigen.

3. "Vollendung", Gemeinplatz
Wieso ist "Vollendung" ein Gemeinplatz. Etwas wird beendet, fertig gestellt, komplettiert, zum Abschluss gebracht. Was hat das mit Nichts und Alles zu tun.
Du hast durchaus Recht, Worte wie "Nichts", "Alles", "Ewigkeit" sollte man vermeiden. Doch ich finde, das Vollendung in dieser Wortreihe nicht anzuwenden gelingt.

O.K., also, Danke für Deine Textarbeit, ich kann leider keine Anmerkung entnehmen, um den Text zu verbessern.

Bis dann,
Monochrom
 

Marker

Mitglied
Hallo Monochrom

Ein solch frisches Gedicht, und schon wird es der Zugluft der Kritik ausgesetzt. Im ersten Teil stoert mich ein wenig das doppelte "Diskutieren". Ausser, Du setzt diese Wiederholung bewusst als Stilmittel ein. Eine moegliche Alternative waere etwa:
... diskutieren die Himmel ...
... darunter sinnieren Welten ...

und dann noch:
... in der Suche nach Vollendung ...

Waere nicht richtig: Auf der Suche nach Vollendung?

Hier vielleicht alternativ:
... im Bestreben nach Vollendung

Was denkst Du?

Insgesamt ein stimmiges Poem.

LG, Marker
 

Monochrom

Mitglied
Hi Marker,

- das "diskutieren" ist tatsächlich so gewollt.

- "Im Bestreben nach Vollendung"
Klasse, ist viel besser als meine Formulierung. Ich glaube sogar, dass meine Formulierung im Sprachgebrauch ungewöhnlich, wenn nicht ungebräuchlich ist. Danke, manchmal ist man betriebsblind.

Grüße,
Monochrom
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Vollendung ist das punktierte Ergebnis eines Konglomerats aus Wirkungen.
Der ganze Text ist eine Rückführung, eine Verlaufsgröße, die in der Punktierung ihre bestmögliche Reflektion findet.
Das verstehe wer will.
 

Monochrom

Mitglied
Hi Mondnein,

ist doch O.K. Man muss nicht alles verstehen. Vielleicht einfach kein Text für Dich.

Ist halt Geschmackssache.

Grüße,
Monochrom
 

Perry

Mitglied
Hallo Monochrom,

ich gebe zu, der Text reizt wegen seiner Hermetik dazu ihn zu kritisieren.
Ich versuche einen anderen Weg der Annäherung und frage, was könnte dieses "ein(e) zeichen" sein.
Da der Text eine gewisse religiöse Tendenz hat (die himmel, welten), tippe ich mal auf das Kreuzzeichen, das ja gerade auch aktuell diskutiert wird.
Womit ich wenig anfangen kann ist das "in Blut und Schlamm",
weil Schlamm zwar zum Regen passt aber nichts Menschliches ist.

Ich hoffe, Du kannst etwas damit anfangen.
LG
Manfred
 

Monochrom

Mitglied
Hi Perry,

die Sichtweise, das Kreuz als eines dieser "Zeichen" zu reflektieren, gefällt mir. Es war nicht unbedingt gemeint, aber der Text lässt das zu.

Der "Schlamm", das ist ein persönliches Bild, das ich habe.
"Blut und Schlamm", das bezieht sich auf unser sysiphushaftes Tageswerk, das Bestreben, das meist scheiternde Wirken.
Schade, dass es nicht direkt durch den Text deutlich wird.

Grüße,
Monochrom
 



 
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