entdecke deinen horror

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M

margot

Gast
der horror wurde entdeckt
als man durch das mikroskop in die winzigkeiten
der materie blicken konnte
der horror kam, als man mit teleskopen den
weltraum
ins wohnzimmer projezierte
der horror zeigt sein wunderschönes gesicht
und fasziniert den neugierigen
menschen
der horror steckt im detail
sowie in der unermesslichen weite
gott war bisher der adäquate korken für den
flaschengeist
des horrors schlechthin
inzwischen entweicht schier endlos
der losgelassene gedanke des bloßen erschauens
der welt
wir sehen ein horrorgemälde
es entsteht immer wirklicher vor dem auge
der erkennenden kreatur
wir sind frankensteins geschöpfe
auf dem weg, unserer eigenen monströsen natur
gewahr zu werden
wir werden es nicht vermeiden können
dass wir unser gespensterdasein
erblicken werden
auf diesem planeten
der horror wird sich langsam einen weg in
unser bewußtsein bahnen
manche zeitgenossen werden in ihrem
erschauern zu salzsäulen erstarren
andere werden rasend vor wut, ihre brüder
und schwestern meucheln
ich spreche von dem horror in unseren herzen
pur
wir sind bereits mittendrin

und ich verspreche
der horror erwischt auch euch
 

fonofil

Mitglied
kleine Frage...

... wir erblicken ein Horrorgemälde, entdecken unsere Monströsität, sehr sinnlich (im Sinne von: mit den Sinnen erfass-, wahrnehmbar) geschrieben. Geht es Wahrnehmung unserer eigenen grausamen Seelen, die dann nur noch Geister sind, unfähig dem Horror zu entweichen?

Da fällt mir B. Russell ein, der gesagt haben soll:
"the key to hapiness is to face the fact that the world is horrible, horrible, horrible."

Oder kann/darf man nicht mehr glücklich sein, wenn die Welt offensichtlich (wahrnehmbar/sichtbar) schlecht ist?

Oder liegt im Akt des Erkennens der Horror, und man verschließt lieber seine Augen vor der sog. "Wirklichkeit"?

Aber ist es nicht gerade dieses Erkennen, dass den Horror sichtbar also auch greifbar macht, folglich angreifbar macht?

Ich denke, dass mehr Horror durch Unkenntnis verursacht wird, und wenn der Mensch lernen würde, seinen Verstand so zu gebrauchen, wie er zu gebrauchen ist, dann kann er durch seine Erkenntnis die Welt verändern. Oder zumindest seine Welt.

liebe Grüße

f.
 
M

margot

Gast
jeden morgen begrüße ich meinen horror mit einem grinsen im spiegel

der horror bedingt erst das sahnehäubchen
menschlicher glückseligkeit. wir leben wand an wand
mit dem unsichtbaren monster in der nachbarwohnung
unserer seele. wenn wir verrückt werden, haben
wir die wand durchbrochen. im normalfall bleibt
die trennung bestehen, und nur die ahnung von der
dunklen seite unseres wesens kitzelt uns.
(dr. jeckyll and mr. hyde) das zimmer des horrors
hat im 21. jahrhundert überdimensionale ausmaße
gewonnen, so daß alle guten wünsche nach frieden
und liebe nur noch auf kinoleinwänden vorgeträumt
werden. das monster sitzt dir bereits im nacken.
an einem tag wie jeden anderen wird es dich erwischen
...
gruß
margot

(ps: eigentlich wollte ich ein echtes horrorgedicht
schreiben.)
 

fonofil

Mitglied
hihi...

... das grinsende Gesicht morgens habe ich übrigens auch in Betracht gezogen...
Jetzt bin ich ausgesöhnt mit deinem Gedicht: Die Introspektion als Gefahr den Verstand zu verlieren!
Wie Pandoras Büchse, die man nicht öffnen darf, und die gerade dadurch dazu verleitet es doch zu tun.

Oder klassisch: Sich einen Horrorfilm anschauen, bei den schlimmen Szenen sich kreischend die Hände vor's Gesicht schlagen, und dann doch durch die Finger spinzen...

Ich glaube, der Horror hat mich schon...

f.
 
M

margot

Gast
wer dabei noch lachen kann, ist im falschen film

das war eine schöne antwort. sehr geistreich finde
ich das bild des kinobesuchers. wie recht du hast.
die abgründe des horrors wirken anziehend auf uns.
es ist ein wahrer kitzel. wenn - allerdings der
horror uns selbst erwischt, ich meine, echt erwischt.
ich meine, wenn du auf den bahnschienen angekettet
liegst und das pfeifen des zuges hörst. die schienen
unter dir beginnen zu vibrieren, du im letzten moment
alle muskeln anspannst. deine gliedmaßen sind wund-
gescheuert. die fratze des todes kommt mit 100 sachen
und tausenden tonnen dahergebrettert.

ich würde sagen - das war`s dann.

seit ich nicht nur mein äußeres gesicht im spiegel
erkenne, brauche ich keine horrorfilme mehr.

monstermäßige grüße
margot
 



 
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