erfahrenes herbstmosaik

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achtung gefährliche kurve
wahnsinnswitzig versinken inseln
in meerwassern menschenmassen
und massenkarambolagen
staumeldungen im verkehrsfunk
warnen vor druckwellen und wieder
schneller sein zu müssen
lösen see len beben aus
während die angst vor freiheiten
der sicherheit gefangene zutreibt
zum ihrem glück scheuchen erste nachfröste
winterschläfrige in wärmende arme
und an romantikkamine
junges fleisch in knapper reizwäsche
lockt von fast allen plakaten mit fast
nichts bleibt wie es wird und
bei nebel beschlagenen brillen
rast angst in endlose tunnel
kreisläufe aus wertstoff und biotonnen
entkommen fliehkräften und ich
erhoffe wunder denn
der nächste sommer kommt vielleicht bestimmt
wird noch ein wenig wärmer sein

müsste ich nicht bald
die winterreifen aufziehen
 

Hella

Mitglied
hallo karl, ich mag dein herbstmosaik, in manchen punkten wäre meins ähnlich --- einzig das see len beben stört mich --- ich finde sowas funktioniert nur, wenn die wörter auch jeweils für sich vollständig sind

ich bliebe in diesem punkt beharrlich :)
gruß, hella

ach ja, noch was:
zutreibt/zum ihrem glück
, nicht "zu ihrem glück"?
 

revilo

Mitglied
Hallo Kalle, ich bemerke eine Veränderung.Du oder Dein(e) Gedicht(e) ist/ sind stringenter, fordernder geworden. Nicht mehr so um die Ecke gedacht mit einem fast plausibelen Schluß. Solltest Du Dich auf Deine alten oder jungen Tage verändern? Oder liege ich total schief? LG revilo
 

MarenS

Mitglied
Lieber Karl:

Auch für mich erscheint das "see len" nicht schlüssig. Das brauchts nicht, würde der Bayer sagen, dein geidcht trägt auch so und transportiert viele Gedanken, nein, Unmengen eher.

Ansonsten viel guter Inhalt in interessanten Zeilen!

Liebe Grüße von der Maren
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Karl!

Schön, wieder ein Gedicht von dir zu lesen.
Wie immer habe ich mich besonders auf den lapidar dahingerotzten Schluss gefreut, denn der ist deine absolute Spezialität.
Beim Rest bin ich mir nicht sicher, ob du nicht etwas über das Ziel hinausgeschossen bist. Da wäre weniger vielleicht mehr gewesen.

Liebe Grüße
Manfred
 
Ihr Lieben,
zunächst einmal Dank für eure Anmerkungen und Hinweise, die ich gern aufnehme. Die Vielfalt würde ich gern belassen,
da bei einer Autofahrt eine Flut von Eindrücken über den Fahrer schwappt. Und Fluten sind ja das eigentliche Thema des Gedichts.
Und wenn ich (mein Text) stringenter wirkt, dann freut mich Alten das...
Ansonsten beginne ich jetzt sofort mit der Überarbeitung.
Liebe Grüße
an euch Vier
Karl
 
achtung gefährliche kurve
wahnsinnswitzig versinken inseln
in meerwassern menschenmassen
und massenkarambolagen
staumeldungen im verkehrsfunk
warnen vor druckwellen und wieder
schneller sein müssen
als die angst vor freiheiten
der sicherheit gefangene zutreibt
erste nachfröste scheuchen
winterschläfrige in wärmende arme und
junges fleisch in knappster reizwäsche
lockt von plakaten mit fast
nichts bleibt wie es wird und
bei nebel beschlagen brillen
angst rast in endlose tunnel
kreisläufe aus wertstoff und biotonnen
entkommen fliehkräften und ich
erhoffe mir wunder
der nächste sommer
kommt vielleicht bestimmt
wird er noch etwas wärmer sein

ich müsste bald
die winterreifen aufziehen
 
H

Heidrun D.

Gast
Für mich strahlt das Gedicht vordergründig Atemlosigkeit aus, nicht Fluten.

Aber das macht ja vielleicht nix, passt es doch zum sich ständig wiederholenden Ablauf der Jahreszeiten. - Während des Alterungsprozesses scheint diese Wahrheit ja Tempo aufzunehmen ... ;)

Besonders gelungen finde ich in diesem Zusammenhang:
angst rast in endlose tunnel
kreisläufe aus wertstoff und biotonnen
entkommen fliehkräften und ich
erhoffe mir wunder
wenngleich mir LyrI in letzter Zeit ein wenig zu oft über Angst reflektiert ...

Hoffentlich geht es dir trotzdem gut.

Heidrun
 
Liebe Heidrun,
herzlichen Dank für deine ausführlichen Anmerkungen.
Ja, das LyrI setzt sich zurzeit wirklich viel mit Angst auseinander, da ich meine, dass in unserem politischen und gesellschaftlichen System immer mehr mit Angst Macht ausgeübt wird. Ich empfehle dazu u.a. die Lektüre "Angriff auf die Freiheit" von IliJa Trojanow und Juli Zeh - erschienen bei Hanser.
Liebe Grüße
Karl
 



 
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