es schleicht sich

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P

Pelikan

Gast
Hallo, Nachtigall, erfrischend ist Dein Gedicht, denn
es steuert so herrlich der hysterischen "Novemberdepression"
entgegen und die erste Strophe zwinkert so schelmisch all
dem Gejammer gegen den Herbst zu.
Dennoch, es holpert mir ein bisschen zu sehr. Wahrscheinlich jedoch ist das von Dir beabsichtigt - dennoch, gestatte bitte, dass ich schreibe wie ich es mir vorstellen könnte...
wie gesagt, könnte ;)


es schleicht sich

das Jahr novembert
so dezent
hab ich die Depression
verpennt

in meinem Doppeldaunendecker
bin ich der König
"Steuerwecker"

den Herztakt
will der Himmel klopfen
mir heut
durch Regenprasseltropfen

das Dunkel ist ein Diamant
ich hab ihn lange
Zeit verkannt


ansonsten, sehr gerne gelesen und mit darin
wiedererkannt ;)

mit herzlichen Grüßen, Pelikan
 
G

gitano

Gast
Liebe Elke!
Mir macht dieser Text in seiner Feinsinnigkeit und Fülle von Anspielungen sehr viel Freude. (z.B. der Doppeldaunendecker!)

Schöne "Drehpunkte" in den zweiten Zeilen ermöglichen den Freiraum und Griff in andere (innere) Ausdeutungen.
Die Enjabements zw. den Strophen gefallen mir. (außer von S3 zu S4, später noch dazu...)Deshalb wäre auch schön wenn der "Wecker" bliebe.
Der regelmäßig wechselnde Aufbau der Strophen.
und Wortschöpfungen (Silben- und betonungsgleich)
Zu S2:
Ich bin die Königin
oder auch:
bin ich dei Königin

gäbe für den Inhalt noch ein schönes Collorit.
(minimale Abwechung im Metrum, jo, aber schöner Gedanke...)

S3:
angenehm: keine verkürzung von "heute" zu heut´
Z: empfinde ich als Inversion, die mir noch nicht schlüssig verständlich ist. Ich erwarte natürlich ein ähnlich schönes Enjabement wie vorher, doch es bleibt aus...
von daher neige ich eher zu:

durch dicke Regenprasseltropfen
will heute der Himmel
mir den Herztakt klopfen, (und Komma nach klopfen)
dies ermöglich noch einen schwachen Bezug/Intension eines Enjabements zu S4...grenzt aber auch ab
Einen deutlicheren Bezug zum "Dunkel" (in S4) schaffen oder deutlich Abgrenzen wären natürlich auch noch Möglichkeiten.

Mein Vorschlag Ist nicht ideal...hält aber nach meienr Intension beide Möglichkeiten offen.

S4: sorry bidde: saustark!

Außer meinem Stolperstein von Z3 S3
für mich ein ganz starker Text, fantasievoll, toller Aufbau (Idee und Umsetzung, Reimstellung und Klang), viel Freiraum für Deutungen,...und die weibliche "Handschrift" dahinter würde sicher die "Königin" in S2 erfreuen.
Die "vermeintliche " Schlichtheit entzieht sich einem nur linearem Lesem...etwas, daß mir ganz besonders gefällt.
..und die Fülle ist zigfachgrößer als der Wortschatz...
Fortsetzung folgt vielleicht noch, da ich beileibe nicht alles aufeinmal nennen kann...
-Vorläufiges Ende meiner Lobpudelei-
Gern gelesen!.
gitano
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Pelikan,

danke für Deinen interessanten Kommentar und den Vorschlag einer anders klingenden Variante, die in der Tat melodischer ist.
In jedem Fall fühle ich mich inspiriert, noch etwas "nachzulegen". Ganz zufrieden bin ich nämlich damit nicht. Mir fehlt noch eine Facette zwischen vor- und letzter Strophe.

Freut mich, dass Du Dich von der Stimmung angesprochen fühlst. Ja, das Novembertief muss nicht nur runterziehen. Es kann auch etwas Herausforderndes haben.

Grüße von Elke
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo gitano,

auch Dir herzlichen Dank für die intensive Auseinandersetzung mit dem Gedicht.
Dein Kommentar hat mich angeregt, noch weiter darüber nachzudenken. Ja, da fehlt noch ein Übergang zu dem Dunkel. Das ist sonst zu abrupt.
Der König darf ruhig so bleiben, weil er in Anlehnung an den Schneekönig (ich freu mich, wie ein ...) oder das simple Volkslied Froh zu sein bedarf es wenig einen Gemütszustand personifiziert. Da steckt Männlein wie Weiblein gleichermaßen drin.
Bei der Zeichensetzung bevorzuge ich Konsequenz; also entweder mit oder ohne. Das geht manchmal auf Kosten leichterer Verständlichkeit, lässt aber mehr Deutungsspielraum.
Für die Enjambements habe ich eine gewisse Schwäche, wie Du gesehen hast. Meine gereimten Gedichte dürfen auch immer etwas ruckeln.

Nun habe ich fertig - gefeilt. Jetzt lass ich es sein!
Hab viel Spaß beim Dichten und Deuten!

Grüße von Elke
 

ENachtigall

Mitglied
es schleicht sich


das Jahr novembert
so dezent
hab ich die Depression
verpennt

in meinem Doppeldaunendecker
bin ich ein König
ich steuer den Wecker

durch dicke Regenprasseltropfen
scheint heut der Himmel
den Herztakt zu klopfen

so seelenruhig ganz fasziniert
gestatte ich
dass Nyx passiert

das Dunkel birgt den
Diamant
wie lange hab ich das
verkannt


© elke nachtigall

2010-11-13
 



 
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