es treibt eine rose

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Perry

Mitglied
es treibt eine rose


sie scheint so friedlich, die donau von der brücke aus
betrachtet, wäre nicht das flehen in den strudelaugen,
der nie verstummende hilferuf der wellen.

sie war schön, die baderstochter, gefiel dem herzogssohn
so sehr, dass er sie freite. doch missgunst
verleumdete sie als hexe, stieß sie gefesselt in die fluten.

viel wasser ist seither geflossen, aber noch immer
wohnt hinterlist in den weiden, sodass ich den blick
nicht wenden kann, von ihrem nassen grab.
 

MarenS

Mitglied
Mißliebige Personen waren dazumal leicht loszuwerden. Heut müsste man schon Geld dafür ausgeben, wofür damals eine Verleumdnung und drei Kreuze reichten.
Vieles ist heute denkbar, was undenkbar war, noch vor wenigen Jahrzehnten, und nicht alles, was sich änderte ist schlecht, das sollten wir nicht außer acht lassen.

Dies Gedicht hat es mir angetan, perry.

Es grüßt die Maren
 

Perry

Mitglied
Hallo Maren,

freut mich, dass dir meine lyrische Aufbereitung der Geschichte von Agnes Bernauer gefallen hat.
Ja die Mittel mögen sich geändert haben, aber "die Hinterlist wohnt noch immer in den Weiden."
Danke fürs Interesse und LG
Manfred
 

MarenS

Mitglied
Für perry:

Nie vorbei

Rauch erhebt sich, dunkel, stickig, leise knistert's in den Zweigen
Helle Flammen flackern aufwärts, Scheite brennen in dem Haufen.
Lichter wird der Rauch jetzt wieder, will die Hexe noch mal zeigen,
Lauter prasselt nun das Feuer, sie steht dort, sie kann nicht fliehen.
Kinder johlen, Alte starren, Junge um den Stehplatz raufen,
Immer wieder ist's das gleiche, Wolken hoch am Himmel ziehen.

Gierig fallen ihre Blicke auf die Lumpen, die sie kleiden
Suchen nach den Blößen, suchen Unzucht zu erhaschen.
Blicke, die sie hart verlachen, Blicke, die sie angstvoll meiden
Blicke, die an Fetzen reißen, Blicke die sie lüstern nehmen,
Blicke ohne Mitleid fallen auf die Flammen, die in raschen
Folgen ihren Körper züngeln, Blicke, die sich nicht mal schämen.

Vorne in der ersten Reihe steht ein Pater, schwarz die Kutte
Hart sein Blick von Gottes Gnaden, über alles Leid erhaben,
Seine Wünsche sind befriedigt, jede Frau ist eine Nutte.
Er bekam schon, was er wollte, nun bekam das Volk ein Fest,
Nichts bleibt von der Hexe übrig, keine Teile zu begraben,
Nichts gibt's mehr zu sehn ihr Leute, so verteilt sich nun der Rest.....

31.05.2004
MarenS
 
B

Beba

Gast
Das ist richtig gut, Manfred! Hier hast du gekonnt die Gefahr umschifft, kitschig zu werden. Sehr ausdrucksstark und in meinen Augen ein ganz anderer Perry als sonst, oder?

Lieblingsstelle eindeutig:

wäre nicht das flehen in den strudelaugen,
Ciao,
Bernd
 

Perry

Mitglied
Hallo Maren,
danke für diese "lyrische" Hexenverbrennung. Ich denke zwar, dass es nicht unbedingt immer nur die Lust am Leid etc. war, die die Inquisition verfolgte, aber für die Opfer war das vermutlich kein Trost.
LG
Manfred

Hallo Revilo,
ja mal etwas anderes. Freut mich, dass dir meine kleine Hommage an die Bernauerin gefallen hat.
Danke und LG
Manfred
 



 
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