fast hoffnungsvoll - angelebt

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A

AchterZwerg

Gast
Hallo Hannah,
ich freue mich sehr, ein so anspruchsvolles Gedicht zu finden. :)
fast hoffnungsvoll - angelebt

warst mir so lange
graues Tuch
lagst rauchverhangen
biergetränkt
auf meinem Körperkopf
und wärmtest
Alte
Der erste Teil spielt mit dem bekannten Satz: "Du bist (warst) mir wie ein graues Tuch" und bezieht sich auf die Vergangenheit, auf ein "bis jetzt." Sehr schön ist in diesem Zusammenhang der "Körperkopf", der das Äußere gegen das Innenleben abgrenzt (kopfgesteuert). Tatsächlich kann die Verweigerungshaltung dem Wilden gegenüber durchaus Wärme geben. Allerdings nur eine laue, dumpf betäubende.
doch nun
da Staub die Narben glättet
am Ende
will ich lauter leben
drum brenne nun
ein letztes großes Mal
Doch jetzt scheint für LyrI die Zeit des Verstreichen-Lassens vorbei zu sein. Im Alter wünscht es sich ein letztes Brennen, das deutliche Gefühl, nicht ganz abgeschieden zu sein.
Offen bleibt wofür es lodern will: die Kunst? Einen Menschen?
Geschickt ist das Verlagern der Glut nach innen. - Wieder erscheint eine Lebensweisheit vor meinen Augen: "Glut unter der Asche." - Nicht immer leben Menschen freiwillig in der Abgeschiedenheit. Wunden müssen heilen und vernarben.
Der 8. Zwerg
 

Hannah Rieth

Mitglied
Hallo AchterZwerg,

wow. Vielen lieben Dank für Lob und Gedanken. Was soll ich sagen? Am besten das mit dem Nagel und dem Kopf wahrscheinlich ... :) Ich freue mich sehr darüber, dass der Text bei Dir ankommt, dass er nicht zu kryptisch auf Dich wirkt. Das passiert mir ja, nun ja, durchaus häufiger ...

Viele Grüße und nochmals danke

Hannah
 
G

gitano

Gast
Hallo!
Ich lese hier etwas von einem Entschluss, einer Abwendung vom Grauverhangenem, rauch- und biergetränkt...so lang daß es schon fast als zum LI "angelebt" gehörend scheint...auch das wärmend als positiver Aspekt dringt durch.

Wohin es geht ist nicht mehr Teil des Textes...

besonders gefallen hat mir:

doch nun
da Staub die Narben glättet
das atment richtig gut Zeit!

gestolpert bin ich über diese Stelle:
und wärmtest
Alte
doch nun
"Alte" allein als Bindewort zwischen den beiden Zeilen scheint mir hier nicht zu genügen ohne störende Irrittationen hervorzurufen.

gern gelesen!
gitano
 

Hannah Rieth

Mitglied
Hallo gitano,

auch Dir herzlichen Dank für Interpretation und Gedanken. :)

"Alte" war eigentlich gar nicht als Bindeglied gedacht. Für mich gehört es eher zum ersten Teil des Textes. Ich lese es so:

... und wärmtest, [Pause] Alte.

Doch nun, da Staub die Narben glättet,
am Ende ...


Erscheint Dir das schlüssiger?

Viele Grüße

Hannah
 



 
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