faszination schreiben

wabe

Mitglied
Losgelöst von den Anforderungen des realen Daseins konzentriere ich mich auf die Buchstaben des Alphabets, bilde daraus Wörter, bekannte und kaum bekannte, erschaffe, wenn nötig neue.
Die Wörter setzte ich zu Sätzen zusammen, die Sätze zu Absätzen, die Absätze zu Kapiteln, die Kapitel zu einem Buch. Ich erschaffe mir aus gut 30 Buchstaben und Zeichen meine eigenen fiktiven Welten, die andere mit mir teilen können, wenn Sie dies wollen und dafür bezahlen. Denn auch meine Welten sind nicht kostenlos, sie sind manchmal ernst, mal bedrückend, mal heiter, mal zynisch, mal belehrend, mal hilfreich. Sie fordern den Leser oft zum Widerspruch, manchmal auch zum Nachdenken oder zum Widerspruch heraus. Meine eigene Welt ist nicht farbig, nur schwarz-weiss, es sei denn ein Lektor versucht, meine Welt seinen Regeln anzupassen, dann erscheint mir die rote Korrekturfarbe oft wie eine blutende Wunde, ein Eindringen fremder Mächte in meine Welt. Immer frage ich mich dann, muss ich des schnöden Mammons wegen dies dulden, eigentlich nicht, sage ich mir dann. Doch wenn ich andere Menschen erreichen, sie an meinen Gedanken teilhaben lassen will, dann muss ich daran halten. Dies beeinträchtigt mitunter meine Lust am Schreiben, aber nur kurz. Dann lockt mich wieder der PC, die leere Fläche fordert mich heraus, der Drucker wartet begierig darauf, weisses Papier mit schwarzen Zeichen zu verzieren. Die Gedanken in meinem Kopf wollen sich über meine Finger mitteilen, nur dann fühle ich mich wohl, in meiner eigenen fiktiven Welt, die für mich oft realer ist, als die reale Welt der anderen. Ich schreibe, um gelesen zu werden, denn der Schreiber braucht den Leser, um in seiner Welt nicht einsam zu sein, er braucht das Lob und die Kritik, um besser zu werden, auch wenn ich bei mancher Kritik doch sicher bin, ich bin weit besser als sie. Die Leser sind das Salz in der Suppe des Schreibers.
Ich schreibe, also lebe ich.
wabe
 
G

Gelöschtes Mitglied 4259

Gast
Was wird hier mitgeteilt?

Hallo Wabe,

ich bin immer neugierig, wenn sich jemand Gedanken über seine Motive fürs Schreiben macht. Manchmal findet man unter der Vielzahl geäußerter Gründe tatsächlich auch merkenswerte, die den Schreibprozeß, der ja immer auch eine Art individuelle Antwort auf spezifische Lebensumstände ist/sein sollte, erklären oder verstehbar machen.
Das ist hier leider nicht der Fall. Daß man aus "gut 30 Buchstaben" seine eigenen fiktiven Welten basteln kann, bedarf keiner Wiederholung. Daß Schreiber und Leser einander bedingen, ist eine Binsenweisheit der gleichen Ungüte.
Die einzige Neuigkeit in Deinem speziellen Fall: "nicht kostenlos(e)" Teilhabe der anderen an Deinen fiktiven Welten. Das ist bemerkenswert...

Ein Schreiber ist kein besserer Mensch, seine Tätigkeit ist zwar eine spezielle, jedoch keine außergewöhnliche und a priori moralische(re), wertvolle(re), kulturell bessere. Die Grundmotive des Schreibers - aber hier breche ich ab. In der Hoffnung, daß bei neuen Überlegungen zum Thema mehr herauskommt.

P.
 



 
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