foto ohne erinnerung

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L

Lame

Gast
foto
ohne erinnerung
.
dort
bin ich gewesen
in einem fremden land
in einer fremden stadt
an einem fremden ort
vor wie langer zeit?
.
auf dem foto eine straße am ortsrand
ein paar autos
die davonfahren
keines
das ankommt
die sonne ein kaltes licht
das jeden punkt in klarheit taucht
es muß kalt gewesen sein
an diesem tag
an diesem ort
.
an den rändern der straße
dürres gras
etwas gebüsch
ein paar bäume
keine häuser
nur
hügel
und
himmel
und
land
.
wo wollte ich hin?
.
hinein
nur hinein
 

aboreas

Mitglied
Lebenskälte? Verlassenheit? Seelische Ödnis?

Ein unbekannter Ort? Da würden dich viele drum beneiden. Denen ist dieses Gefühl (dieser Ort) nur allzu bekannt.

Weniger abstrakt gesehen hat sich wohl jeder schon einmal verirrt. Und mit der Distanz der Jahre fragt man sich wirklich, wo man eigentlich hinwollte und warum man dahin wollte.

Warum aber heißt es am Ende, man wolle hinein. Warum nicht hinaus aus dem Zerrbild?

Wie auch immer - das Gedicht zieht einen wie magisch hinein in seine Zusammenhänge und Aussagen.

Gruß. abo
 
L

Lame

Gast
Danke das tolle Feedback! Das Gedicht ist entstanden fast 20 Jahre nach einer Tramp-Tour durch Skandinavien, in Erinnerung an ein Foto, das ich am westlichen Ortsausgang von Gävle (nördlich Stockholm) geschossen habe. Es sollte eine Stimmung transportieren, die ich beim Verfassen des Gedichts durchlebte, eine des Rückzugs und des Alleinsein-Wollens. Die Stimmung des Fotos entsprach dem einfach perfekt.
Daß das Gedicht auch den Eindruck des Verirrtseins hervorruft, war gar nicht beabsichtigt, aber es ist durch die Wortwahl "fremd" in der ersten Strophe natürlich naheliegend. Vielleicht hätte ich "fremd" durch "andere" ersetzen sollen. Andererseits, ohne jetzt zuviel hineininterpretieren zu wollen, ist vielleicht jeder Rückzug auch ein Rückzug in die Fremde, in die äußere und/oder innere Fremde.

Grüße,

Lame
 
L

Lame

Gast
Schrecklich, einmal angestochen und wiedergelesen, fallen mir noch ganz andere Sachen auf. Kurz vor Veröffentlichung änderte ich den Text an zwei, drei Stellen geringfügig (das Gedicht ist zwei Jahre alt). So änderte ich u.a. "wo will ich hin?" in "wo wollte ich hin?", da mir ersteres spontan nicht mehr einleuchten wollte. Falsch! Tatsächlich geht es in der beabsichtigten Form nicht darum, was ich zur Zeit der Fotoerstellung wollte, sondern darum, was ich zur Zeit der Fotobetrachtung will.
"wo wollte ich hin?" ist daher Unsinn - und zwar genau dann, wenn anschließend die letzte Strophe "hinein / nur hinein" folgt; für die letzte Strophe müßte es "wo will ich hin?" heißen.
"wo wollte ich hin?" ist berechtigt, wenn die letzte Strophe fehlt. Das Gedicht handelt dann nur von einer besinnlichen Fotobetrachtung ohne Bezug auf die gegenwärtige Gemütsstimmung.

:)

Lame
 



 
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