frei nach Goethes "Willkommen und Abschied"

JeanJeanny

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Ankunft und Abfahrt


Mir schlug das Herz; geschwind zur U-Bahn,
Und fort, beengt, fast wie im Bus.
Die Lichter leuchten auf dem Ku'damm
Und hinter mir ertönt ein Schuss.
Schon stund im Neonlicht der Täter,
Ein aufgetürmter Ries', so groß.
Wo Finsternis ihn birgt der Väter,
Deren Söhne er erschoss.

Der Mond von seinen Wolkenhügeln
Schien kläglich aus dem Rauch hervor,
Den Winde trugen wie auf Flügeln
Fort von dem Brandenburger Tor.
Die Nacht schuf tausend Ungeheuer.
Das Feuer war nur eins davon;
Doch nicht nur hier am Tor war Feuer,
In meinem Herzen war es schon.

Ich sah dich, und die milde Freude
Floss aus dem süßen Blick auf mich.
Ganz war mein Herz an deiner Seite
Und jeder Atemzug für dich.
Der gold'ne Schein von den Laternen
Lag auf dem lieblichen Gesicht.
Und Zärtlichkeit hier unter Sternen
Ich hofft' es, ich verdient' es nicht.

Der Abschied, wie bedrängt, wie trübe!
Aus deinen Blicken sprach dein Herz.
In deinen Küssen, welche Liebe,
O welche Wonne, welcher Schmerz!
Dein Zug fuhr ab, ich stand am Bahngleis
Und sah dir nach mit nassem Blick.
Und doch, welch Glück, ich dacht' mir leis,
Oh lieben, Götter, welch ein Glück!
 



 
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