frei-tod

G

Gelöschtes Mitglied 8146

Gast
Der Titel beinhaltet eine Wortspielerei. Der Freitod bedeutet, dass man den Tod frei wählt. In diesem Fall wird aber der Tod mit Freiheit gleichgesetzt.

Ebenfalls fällt mir auf, dass das Wort „will“ durch „muss“ ersetzt wurde. In diesem Punkt sehe ich die Interpretationsfähigkeit des Gedichtes.

Für mich hat das Gedicht eine zweifelhafte Aussage.
 

rogathe

Mitglied
hallo tigerauge,
herzlichen dank für deinen kommentar!

niemand beendet sein leben leichtfertig.

aktueller anlass ist der tod von gunter sachs: suizid statt siechtum.
ich kann es gut nachvollziehen, dass man sich selbst und seiner familie die qual des körperlichen und geistigen verfalls ersparen möchte. ist sicherlich altersabhängig, 78jährig wird man möglicherweise anders entscheiden als 38jährig.

religiöse bedenken gelten für mich nicht.

wird das leben zu beschwerlich, "muss" man es irgendwann nicht mehr ertragen. der tod macht frei.
es geht dann auch so - ohne einen selbst - weiter. daher steht das "weiter" in einer extra zeile.

was ist zweifelhaft?


rogathe
 
G

Gelöschtes Mitglied 8146

Gast
Ein Suizid im Sinne einer Selbst-Euthanasie…
Ich hab mir so was Ähnliches schon bei diesem Text gedacht.


Der Tod hat sehr viel mit Religion zu tun. Anscheinend ist der Sprecher kein Atheist. Wäre er ein Atheist, so wäre er ja davon überzeugt, dass seine Existenz mit dem Tod endet; hier wird aber von einem Zustand der Freiheit berichtet, die den Sprecher erwartet.
Ich finde, der Freitod ist eine falsche Entscheidung. Der Zeitpunkt des Sterbens ist eine göttliche Fügung. Dieser Fügung darf man nicht zuvorkommen. Man kann (besser: man soll) sich nicht über sein eigenes Leben stellen, sonst greift man in die Schöpfung Gottes ein.
Wir sind hier auf Erden, um zu lernen und unsere Erfahrungen zu machen, das beinhaltet die Freude und das Leid. Auch wenn die Zukunft schlecht aussieht, sollte man den Weg des Lebens gehen. Die verbleibende Lebenszeit kann man noch gut nutzen, um viele Sachen im Leben zurechtzurücken, versäumtes nachzuholen oder Fehler zu korrigieren. Letztendlich besteht die Erfüllung darin, wie wir unser Leben gemeistert haben und nicht darin, dass wir möglichst gut gelebt haben und uns den schlechten Tagen entziehen konnten.
 

rogathe

Mitglied
danke sehr, tigerauge, für deine ausführliche antwort.
für mich hat tod überhaupt nichts mit religion zu tun.
er ist ein notwendiger bestandteil der natürlichen abläufe.
ein leben macht platz für ein anderes, neues!

suizid ist in meinem text keine verzweiflungstat, um sich aus der verantwortung zu stehlen, sondern ein loslassen in frieden.

rogathe
 

gareth

Mitglied
Ich werde keine Diskussion über Religion anfangen, will aber doch anmerken, dass ich uneingeschränkt rogathe unterstütze in der Art, wie sie ihr kleines Werk erklärt. Unser Leben und Sterben dürfen wir getrost und ohne uns darüber grämen zu müssen, als ein wahrhaft natürliches Geschehen ansehen. Es wird dadurch nicht entwertet oder weniger wunderbar, sondern im Gegenteil wahrhaftiger und selbst verantwortet. Ein Freitod ist (idealer Weise) die souveräne Entscheidung eines Menschen und mitnichten an den Glauben an eine Existenz nach dem Tod verbunden. Die Freiheit besteht in eben dieser Souveränität der Entscheidung über ein Weiterleben. Das einzige ernsthafte Problem kann darin bestehen, dass wir Menschen unsere Entscheidungen in nicht eben wenigen Fällen aus guten Gründen nachträglich gerne korrigieren würden.

Die Zeilen lassen wenig Spielraum für Interpretation und ich lese sie mehr als einen verdichteten, mitfühlend zustimmenden Kommentar.

gareth
 

Charmaine

Mitglied
Hallo rogathe,

dein Gedicht bringt in seiner sehr knappen Form eine Willensbekundung zum Ausdruck, die auf freier Entscheidung beruht.

Ich halte aber dagegen, dass die Mehrzahl der Suizide die Folge eines Krankheitsprozesses ist, sich die betroffenen Menschen in einer ausweglosen Situation wähnen, der sie sich aus ihrem Inneren heraus nicht entziehen können.

LG
Charmaine
 



 
Oben Unten