gehobene qual

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Thys

Mitglied
gehobene qual

was
die leute quatschen
zwanghaft
zwischen zwei häppchen nur
effekte haschen
augennaschen
und tratschen so viel

dieses zeug
ohne belang und zusammenhang
so trist
witzchen
verkrampft
gunst
günstige kunst
preise heisse
gekünsteltes lachen
verbal der schall
im widerhall

können nicht zusammen-
stehn sehn meine qual
für minuten nur schlau
zu schweigen
zu schonen
meine ohren verloren
sind sie

jacket kronen
gold dublonen
küsschen hier und da
ein händedruck

ton in ton
die garderobe
nicht billig
auch das
silikon
das toupet
ich schweige stumm und starr
ins dekolleté
 
H

Heidrun D.

Gast
Ja, ja,
so ist es auf `ner Vernissage. :D

Schlimm ist es besonders dann, wenn die Daueranwesenheit des Künstlers dringend (!) erforderlich ist und er schlendernd den Kommentaren "beiwohnen" muss. - Da kann es ihm dann schon manchmal schlecht werden ...

Gut geworden, dein Gedicht, und aus dem mageren Malerleben gegriffen (ist auch sowas; jeder Musiker erhält Geld für seine Darbietung, der Maler/Bildhauer etc. muss noch für die Bewirtung latzen ...)

Aufgebrachte Grüße
Heidrun

P.S.: Hattest du den Text nicht früher schon mal drin? In etwas ausführlicherer Form?
 

Thys

Mitglied
Jaja Heidrun, den hatte ich schon mal hier drin.
Ich bin zur Zeit irgendwie einfallslos. Eigentlich sollte ich jetzt eine Sinnkrise kriegen, oder? ;) Hast du etwa Vernissage-Erfahrung?

Damals hab ich übrigens zwei Dinge gelernt, die ich selbst nicht über meinem Tod hinaus vergessen werde!!

* Die Suspendierung von Form und Farbe (was durchaus auf einige Objekte zutraf, nur bei mir nicht positiv belegt)
* Das Reziproke Déjà-vu :confused: :eek:

Aber die Häppchen waren gut :)
 
H

Heidrun D.

Gast
Manchmal ist es nicht schlecht, in älteren Werken zu kramen. Dabei kannst du dich zuweilen selber überraschen ...

"Vernissieren" kenne ich :D, in der Kleinstadtgalerie redet das Publikum aber über andere Dinge: Kohlrouladen, Fußball und die Preise (was, 500 Euronen?).

In den letzten Jahren (seit 2007) habe ich mich aber fast ausschließlich auf die Schreiberei geworfen. Und mache nur noch ein paar Sachen für meine Freunde und mich. Bin auch keine große Künstlerin, wohl eher für den Hausgebrauch. ;)

Das Leiden am Bild ist jedoch das Gleiche. :(

Herzliche Grüße
Heidun
 

Rhea_Gift

Mitglied
schön ist, dass sich das Gedicht auf andere Situationen locker übertragen lässt mit ähnlich dämlichem Small-Talk... Betriebsfeiern o.ä. ;)

Tolles Ende,

schmunzelnde Grüße,

Rhea
 

Rhea_Gift

Mitglied
warum? Weil es
1. am Ende zum Schmunzeln bringt - wenn sonst schon nix gefällt auf so ner Veranstaltung, kann man sich wohl nur noch wenigstens an einem Blick ins künstliche Dekolleté - die einzige vielleicht noch Blicke anziehende Kunst an so nem Ort - erfreuen... :D
2. könnte man es auch so verstehen, dass das LyrI am Ende vor Fremdscham den Blick senkt (ins eigene Dekolleté dann eben) - doppeldeutig, gelungener Schluss daher, zudem überraschend...

LG, Rhea
 
H

Heidrun D.

Gast
Ähem,
hat Thyssy denn `ne Geschlechtsumwandlung hinter sich?
Nee, nä?

:p
 

Rhea_Gift

Mitglied
Na, das LyrI muss doch nicht dem Geschlecht des Autors entsprechen?? Sicher meinte er eher Variante 1 - schön ist aber der Gedanke einer zumindest doch auch möglichen Variante 2 ;)

LG, Rhea
 

Thys

Mitglied
rhea:

version 3 könnte noch so aussehen, dass man starr vor schrecken starrt. nicht jedes dekolleté muss ein freudiger blickfang sein. musst du mal in marbella die tausendfach gelifteten restadeligen mumien angucken.

wissentlich hab ich keine umwandlung gemacht, heidrun. allerdings weiss man ja, dass beim man das y-chromosom langsam verkümmert. vielleicht läuft bei mir der abbauprozess schneller ab als bei anderen männern. nagut, dann wär ich aber auch noch keine frau. ein abwesendes y macht noch lange kein x. also, keine ahnung ob mein fehlendes y dann zur ausbildung eines dekolletés führen würde. interessante frage...
 

Rhea_Gift

Mitglied
Na um so besser - stummes Starren kann beides meinen - erfreut oder entsetzt ;) Haste also gleich trideutig - zwar wohl nicht angelegt - aber lesbar gemacht... ;)
Und ick schmeiss mir wech - ohne y zum x?? Na, das würd sicher nicht jedem gefallen, wenn das der Alterungsprozess automatisch mit sich brächte... lach ;)
Denk schon, dass da ein xx für nötig wär...
 

Thys

Mitglied
also, während der alterung verkümmert das y nicht. das verkümmert wohl durch den vermehrungsprozess. die x können sich immer schön verdoppeln nur das y steht was alleine im wald rum, weil es halt bei der doppel-x-frau keinen entsprechenden kumpel zur verdopplung findet :-( der prozess geht aber so langsam von statten, dass man die nächste überschaubare zeit noch mit männern herkömmlicher bausweise rechnen darf :)
 

Rhea_Gift

Mitglied
Jo, hörte von sowas, die Männer sterben uns aus... na, ob das sich nicht vielleicht auch wieder als Wissenschaftsente entpuppt?? Wir werden sehen... ;)
 

Thys

Mitglied
"die männer sterben aus" ist das, was die bildzeitung draus macht. die schreiberlinge der bildzeitung müssen halt jegliche informationen auf ein niveau runterdampfen, das sie selbst kapieren. die wissenschaftler stellen einfach nur fest, dass das y nachweisbaren schwund aufweist und fragen sich welche auswirkungen das uu auf das stolze heroische männergeschlecht haben kann.

so, jetzt mach ich schluss, sonst wird mir der text leselupenredaktionell lupinisch verschoben.
 

Rhea_Gift

Mitglied
Is mir schon klar - habs halt entsprechend deines vorher schmunzelnden Tons ähnlich flappsig ausgedrückt - die Bild les ich nämlich nicht *entrüstet schau" - das zum Ende vor des Foren-Redakteurs Blende dieses Getratsches ;)
 
B

Beba

Gast
Gefällt mir. Rhythmus, aneinandergereihte Bilder, immer neue Bilder: das Thema gut verarbeitet mit dem Text.

Ciao,
Bernd
 



 
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