gerbung

4,30 Stern(e) 12 Bewertungen

noel

Mitglied
ich will weiches
leder um die waden
& uns
den bogen spannen
zur liebe
will ich dem tag entstehen
& spüren
was andere nicht
sprechen
hören
mit den augen
was andere nicht
zum schwingen bringen
wagen
uns
ist jahrhunderte
schwer & staub
tanzt dennoch leicht im licht

ich will dich
mich
uns nicht wieder_holen müssen
gestern
morgen
heut
wer weiß schon
was gefühl diktiert

weiches leder will ich um die waden
wenn ich durch die weiten
der gezeiten
deinen namen laufe
um nicht gefällig
zu sein
 
D

Dominik Klama

Gast
Darf Lyrik denn überhaupt alles?

Glaub ich nicht so ganz.

> „zur liebe / will ich dem tag entstehen / und spüren / was andere nicht sprechen“

Ich will DEM Tag entstehen? Ich? Nee. Ich will dem Text entstehen. Dem Meer entstehen. Dem Moos entstehen. Dem Mond entstehen. Dem Mus entstehen. Dem Mut entstehen. Dem Mann entstehen. Dem Butter entstehen.

> „wagen / uns / ist jahrhunderte / schwer und staub / tanzt dennoch leicht im licht.“

Genau. Seh ich mehr oder weniger auch so. Wagen uns ist Perioden kurz und Gas trinkt dennoch leis das Licht. Schaffen wir ist Monde lang und Mehltau springt uns auf ins Tief. Risk ihre ist du und ich tanzt ungescheut ins All hinab. Ja, ja, so ist das, voll d’accord.

> „wer weiß schon / was gefühl diktiert“

Feinsinnig erfasst. Denk ich jetzt nur mal, dass man manchmal meint, Gefühl würde einem diktieren, man hätte jemanden zu lieben... Und dann ist das gar nicht so. Man ist total frei und gar nicht diktiert. Stellt sich raus, man hat einfach wieder mal Haut an Haut erleben wollen.

> „...wenn ich durch die weiten / ... / deinen namen laufe / um nicht gefällig / zu sein.“

Hm, na ja, da trennen sich unsere Wege zum Schluss hin dann aber. Sie läuft durch die Weiten seinen Namen, während ich durch die Weiden ihren Wohnort fliege. Sie läuft, um nicht gefällig zu sein. Ich mach’s, um nicht zu fallen. Tu ich immer, wenn ich laufe in den Prielen und Gezeiten. Und gar nicht, wenn ich drüber wegfliege, da bleib ich oben. Sie ist nicht gefällig, servil, angepasst, ein-gängig, konventionell, konform und konformistisch. Ich aber bin das alles. Darum wird sie so feindselig belauert und mir wird nonstop und eigentlich fast schon zu viel applaudiert. Das ist eben der Unterschied.
 

noel

Mitglied
gerbung

ich will weiches
leder um die waden
& uns
den bogen spannen
zur liebe
will dem tag entstehen
& spüren
was andere nicht
sprechen
& hören
mit den augen
was andere nicht
zum schwingen bringen
wagen

uns ist jahrhunderte
schwer & staub
tanzt dennoch leicht im licht

ich will dich
mich
uns nicht wieder_holen müssen
gestern
morgen
heute
wer weiß schon
was gefühl diktiert

weiches leder will ich um die waden
wenn ich durch die weiten
der gezeiten
deinen namen laufe
um nicht gefällig
zu sein
 

Der Andere

Mitglied
das beste gedicht, das ich hier seit sehr, sehr langem lesen durfte.
es ist grundsolide gearbeitet, setzt den eigenen stil noels fort, enthält tolle elemente(uns ist jahrhunderte//schwer und staub/tanzt dennoch im licht, oder: ich will dich//mich//uns nicht wieder_holen müssen, oder das ende, einfach großartig).

das einzige, was man eventuell überdenken könnte, wäre die erste strophe, sie erscheint mir als gerüst(als das ich es lese)zu lang, würde ein wenig streichen vielleicht.

& uns
den bogen spannen
zur liebe
will dem tag entstehen
& spüren
was andere nicht
sprechen
& hören
mit den augen
was andere nicht
zum schwingen bringen
wagen

dieser teil ist mir fast zu viel, zumal manches altbekanntes nicht genug umgeformt wird. vielleicht könnte man hier etwas verdichten, um dem rest mehr raum zu geben.

nur eine überlegung. wie gesagt: lange nicht mehr so gute lyrik hier gelesen.
 
P

penelope

Gast
Darf Lyrik denn überhaupt alles?

Glaub ich nicht so ganz.
brr... da kräuselt sich bei mir alles: wenn lyrik nicht alles durfte, wäre ihr sinn hinfällig...

und hier in diesem gedicht leuchtet wie immer die poetische kraft aus dem ungewohnten uns entgegen... ich will und darf kein wort zuviel sagen:

es bricht darin auf der keim mitten im dämmer
an dem es der einzige zuschauer seiner geburt

und im unzucht des windes seines todes ist -

ich verneige mich wie immer vor dieser kraftballung...

lg penelope
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich trenne es anders, als Klara.

ich will weiches leder um die waden & uns den bogen spannen zur liebe

will ich dem tag entstehen & spüren was andere nicht sprechen

hören mit den augen was andere nicht zum schwingen bringen wagen

uns ist jahrhunderte schwer & staub tanzt dennoch leicht im licht
...

Es gefällt mir sehr gut.

DIe Formatänderung ist kein Vorschlag, sondern dient nur zur Verdeutlichung, wie ich es verstehe.

Viele Grüße von Bernd
 

noel

Mitglied
vielen lieben dank an euch alle.

@ bernd esatto!
auszer, dass du ein "ich" eingeschleust hat,
das nicht geschrieben steht & das mir auch nicht klingt :)

will [red][strike]ich [/strike][/red]dem tag entstehen & spüren was andere nicht sprechen
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Keine Ahnung, wie es reinkam. Ich hatte erst das gesamte Gedicht und dann nur das Wesentliche gelassen, um die Frage zu klären. Es war ein Tippfehler, aber keine Ahnung, wir es passiert ist.

Hier die Korrektur:

ich will weiches leder um die waden & uns den bogen spannen zur liebe

will dem tag entstehen & spüren was andere nicht sprechen

hören mit den augen was andere nicht zum schwingen bringen wagen

uns ist jahrhunderte schwer & staub tanzt dennoch leicht im licht
...
 

Der Andere

Mitglied
diese zeilensetzung würde viele mehrdeutigkeiten zerstören.[auch wenns nciht als vorschlag gemeint ist, muss ich meinen senf dazu geben]

uns ist jahrhunderte
schwer und staub[lässt schon mindestens zwei lesarten zu]
tanzt dennoch im licht[bringt eine wendung und somit eine dritte lesart, so wie du, bernd, das gesetzt hast, geht das alles verloren, aber nun gut]

ich geh ins bet:D
 

noel

Mitglied
verstehe ich nicht rEcht?
so wie die setzung jetzt ist,
ist sie offen?
oder nicht?

oder sollte ich den schlauch unter meiner
rückfront hervor ziehen?
noel
 
U

USch

Gast
Hallo noel,
eigentlich schreibe ich nur Prosa. Heute hatte ich mal Lust bei Lyrik zu stöbern und stieß auf dieses schöne Gedicht. Chapeau, auch wenn ich von Lyrik kaum etwas verstehe.
LG USch
 



 
Oben Unten