hier ist immer sonntag

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Perry

Mitglied
hier ist immer sonntag


hier ist daheim, unterm giebel
des kopfes, immer die heimkehr ins leere
haus, die lampe überm küchentisch trüb
auch die tage vorm fenster, von ästen
greiser bäume gepeitscht, auf denen
schwarzvögel wache halten,
warten, bis das haupt sich senkt.

und immer wieder gedanken an die,
die mit am tisch saßen, die hände falteten
zum gebet unterm kruzifix.
ich trage den braten auf und teile ihn,
inhaliere den sonntagmittagsgeruch.
der hund freut sich auf die reste.
 

Perry

Mitglied
Hallo ihr Lieben,

ja der Text soll ein Gefühl von Heimat vermitteln, auch wenn es eine Heimkehr in ein leeres Haus ist. Was den angesprochenen Dialekt anbelangt, so liegt die Nähe zum Bayerischen vermutlich an der verwendeten Zusammenfassung von "unterm, überm, vorm).
Danke für euer Interesse und LG
Manfred
 

Perry

Mitglied
Hallo revilo,

ja ein "hartes" Los ist es schon, die Eisamkeit solcher Sonntage zu ertragen.
Danke für den Hammer, ich schlag damit einen Nagel in die Wand und hänge dein Lob daran auf (lächel).
LG
Manfred
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Perry,

Die erste Strophe ist wirklich gut, vor allem wegen der raffinierten Zeilenumbrüche und schöner Sprachbildungen.

Die zweite Strophe bietet beides nicht. Da könnte man sicher noch mehr rausholen.

Ich würde

[blue]wie [/blue]die tage vorm fenster, von ästen
schreiben, sonst könnte man sich in der Zeile davor über ein Komma am Ende streiten :)

lG

Herbert
 

wüstenrose

Mitglied
geteilter Braten, geteiltes Leben

dieses Gedicht beschäftigt mich sehr.
Herbert, du schreibst, in der zweiten Strophe ist die Raffinesse der ersten Strophe nicht mehr anzutreffen und du empfindest dies als Mangel.
Ich verstehe das Gedicht so: Die beschriebene Szene in der zweiten Strophe ist komplett alltäglich und banal. Ebenso schlicht ist die Sprache. Was hier verloren ging, ist nichts Großartiges und Schillerndes, sondern gelebter Alltag. Menschen werden uns vertraut, wir gewöhnen uns an sie, eines Tages kehren wir in ein Haus zurück und sie sind nicht mehr da.
Da hat einer was mit anderen geteilt: einen Braten. Ein Haus. Ein Leben. Und das ist nicht mehr.
Der Verlust erschließt sich über die Schlichtheit des Bildes.

LG wüstenrose
 

Perry

Mitglied
Hallo Herbert,
ja die zweite Strophe ist lyrisch "schlichter" gestaltet, ich überarbeite sie gerade, aber gute Enjambements fallen nun mal nicht Himmel (lächel). Die Endfassung wird, wie meist bei mir, keine Satzzeichen mehr enthalten, um die mehrdeutige Lesbarkeit zu unterstützen.
Danke für deine Sicht und die Anregung (Wie-Vergleiche möchte ich so wenig wie möglich verwenden).
LG
Perry

Hallo Wüstenrose,
ich bemühe mich meist eine "schlichte" Sprache zu verwenden, Höhen und Tiefen sollen möglichst im Kopf des Lesers entstehen.
Danke und LG
Manfred
 



 
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