sirprise, täter und opfer offenbaren sich gleichermaßen.
du hast recht. oft sind sie nicht einfach in ihren rollen
zu erkennen. der täter bezeichnet sich selbst als opfer.
die tragik ist, daß das opfer sich auch noch als opfer
rechtfertigen muß, um gerechtigkeit zu erfahren. ich
nenne zb. manches vergewaltigungsopfer.
oder das opfer des holocaust, das, um eine entschädigung
zu erhalten, unter einer beweispflicht steht.
während manche täter in amt und würden munter weiter
leben, ohne zur rechenschaft gezogen worden zu sein.
im privaten bereich zwischen liebenden gibt es keine
instanz, welche gerechtigkeit herstellt.
das vertrauen, das mißbraucht wurde, bleibt meistens
eine offene rechnung; und nur die zeit kann die wogen
glätten.
manchmal ist unsere rolle als opfer auch nur eine
einbildung aus einer tiefen verletztheit heraus.
wir verkraften nicht, daß unsere liebe einem menschen
gegenüber nicht erwidert wird, wie es unserem wunsch-
denken entsprochen hätte.
das ist hart. und wir spüren die streitaxt, wie sie
auf uns niederfährt. wir erfahren, daß es in der
liebe keine gerechtigkeit gibt, und daß das wort
liebe scheinbar von jedem menschen anders gebraucht wird,
mit anderen vorstellungen verbunden ist.
es gibt schmerzen, die uns niemand abnimmt.
höchstens durch einen guter freund, der mit tröstenden
worten verständnis zeigt.
geht meine interpretation zu weit?
ich erwähnte im voraus, daß ich dein gedicht sehr
nah spüren kann.
bon.