kleine Fluchten

WuZhao

Mitglied
Ich sitze am Fenster. Es ist ein kleines Fenster in einer kleinen Wohnung in einer großen Stadt. Ich sitze hier und beobachte die Welt. Sehe hinaus in den großstädtisch grauen regennassen Novembersonntag, dort, vor dem Fenster. Spukgestalten huschen vorbei, vereinzelte Abziehbilder von Menschen auf dem Weg von Nirgendwo nach Irgendwo. Weit weg liegen Motorengeräusche in der Luft, die im Regen ertrinken. Nur ganz kurz, flüchtig, wird die Momentaufnahme draußen unterbrochen, als ein kleines Mädchen lachend in eine Pfütze hüpft. Zwei Sekunden Gelb - bevor die Mutter es ungeduldig weiterzieht und die Stadt zurück ins Koma fällt.

Gleichmäßig trommeln die Regentropfen an mein Fenster. Wenn ich meine Augen schließe, kann ich den Rhythmus fühlen. Schlaftrunkener Beat wird lauter, fesselnd. Zieht mich hinaus aus meiner Haut, aus meinem Zimmer, aus meiner Stadt, aus diesem Land, dieser Welt.
Mit dem Klang der Trommeln muß ich aufstehn. Aufstehn und tanzen, wie hypnotisiert. Endlos.
Dann verstummen die Trommeln und die Sonne geht unter am Horizont über dem Meer. Warmgolden und Blutrot ergießen sich die letzten Tropfen des Tages über den Sand, der warm meine nackten Fußsohlen streichelt. Der sanfte Wind, der von Nimmerland herüberweht, läßt die schweren Blätter der Palmen sanfte Lieder singen. Schäumende Wellenkrönchen erzählen Geschichten von Weite und Sehnsucht im Takt. Einschläferndes plätscherndes Wasserspiel. Dann nichts mehr. Kein Ton.

Nur ein Regenbogen.
Draußen, vor meinem Fenster.
 
S

Sanne Benz

Gast
Hallo WuZhao,
mir gefallen diese kurzen,doch prägnanten Wiedergaben von Eindrücken.Hast Du klasse beschrieben.
Ich habe so etwas mal in Spanien erlebt,allerdings vom Balkon aus.
Gefällt mir sehr, auch Deine Ausdrucksweise..Wortwahl..etc..
lG
Sanne
 

WuZhao

Mitglied
Liebe Sanne,

hab dank.... (ach stünd ich nur in Spanien auf dem Balkon ... müßt ich mich dann träumen in die Ferne.... seufz..)

grüzie
wu
 



 
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