lachen und weinen

2,40 Stern(e) 5 Bewertungen
M

mako

Gast
Hallo, strolch,

erst einmal ein Willkommen in der Leselupe. :)

Du hast Dir ein schwieriges Thema als lyrischen Text ausgesucht, eines das normalerweise betroffen macht.

Doch ich finde es nicht sehr gelungen. Zuerst störte mich das Ende: Wieso für alle, die an Krebs erkrankt sind? Wieso erzählst Du ihnen, dass da jemand gesund ist? Sicher wolltest Du Mut machen, doch so klingt es fast zynisch. Zumindest kommt es bei mir so an.

Von den Gefühlen, dem Hin- und Hergerissensein zwischen Bangen und Hoffnung, kommt nur wenig bei mir als Leser an. Ja, lachen und weinen, sagt es schon, doch dann, Floskeln - Anspannung, Angst, Glück, Erleichterung, klingt eher beliebig, austauschbar.

Die dritte Strophe ist einfach eine Aussage, für ein Gedicht, denke ich, viel zu direkt, da entstehen bei mir als Leser keine Bilder, werde ich nicht angeregt, mich weiter mit diesem Text zu beschäftigen.

Das ist meine Sicht, andere mögen es anders sehen.

Für Dich ist es vielleicht auch ein Text, der sich mit einer intensiven persönlichen Erfahrung verbindet, ein Text, der durchs Ändern für einen selbst verliert. Dann würde ich ihn so lassen, vielleicht irgendwann mit Abstand noch einmal hervorholen.

Ansonsten habe ich meine Sicht als Leser beschrieben, der ich diese Situation nur "aus der Ferne" lese.
Ein Vorschlag, wie es anders aussehen könnte, fällt mir deswegen auch schwer, da ich mich in die Situation nicht so richtig hineinversetzen kann.

Vielleicht einige wenige Punkte:

Ich würde die Überschrift ändern, aussagekräftuiger, vielleicht "Diagnose:Krebs?" oder "Diagnose...", dann könnte die dritte Strophe wegfallen.

Um die Intensität des Textes zu steigern, wäre es vielleicht auch möglich erst etwas über die Zeit vor/während der Untersuchung zu schreiben, die Gefühle VOR der erleichternden Diagnose, die Ungewissheit und dann als Lösung die Erleichterung.

Wenn auch eine kritische Antwort, so hoffe ich doch, dass diese konstruktiv gewesen ist. ;)

Lieben Gruß
Mako
 

Jongleur

Mitglied
Mutmachen

Hallo Strolch,
obwohl Du mit sehr einfachen Worten einen Text gestaltet hast, der einem Prosakurztext näher scheint als einem Gedicht, obwohl auch mir etwas fehlt - hat er für mich dennoch etwas Eindringliches auf seine Art. Man spürt, dass er aus einem vollen Herzen kommt, aus Dankbarkeit, dass es nicht der erste Befund des entweder-oder ist, von dem hier die Rede geht, sondern vielleicht einer nach überstandener Behandlung, Therapie, einer Fünfjahresfrist.
Dein lyrisches Gestaltungsmittel ist einmal das Verbgegensatzpaar, das nebeneinaner steht und gelebt wird, und dann die Wiederholung des: "lachen und weinen". Damit kannst Du noch mehr erreichen.
Wie Mako auch sagt, als Leser von Gedichten möchte man mehr erfahren, nicht nur das Gefühl an sich, sondern Bilder dazu, Nachdenkliches, eine gewisse Spannung, die allein aus der Benennung "nach der anspannung, der angst" noch nicht entsteht.
Das wichtige und eindringliche "lachen und weinen" belassen, aber die Zwischenzeilen mit Details auszufüllen, die mehr über die Krankheit oder das Gefühl aussagen, uns Leser dadurch teilnehmen lassen.
Keine Ahnung, welche Dinge das alles waren, die Dich beschäftigt haben. Ich möchte schon Anteil nehmen.
Ich phantasiere mal: Es ist nur schwarze Farbe, es sind nur Zahlen, aber sie sind auf der richtigen Seite! - immer in diesen Wartezimmern - keinen Bogen mehr um Friedhöfe machen - nie mehr diesen aseptischen Geruch in der Nase - fünf Jahren kühlschrankgelagerter Pillen - die Ersatzhaare einmotten, verschenken - und jetzt noch Saxophon lernen - ...
Ich liebe Gedichte. Und ich finde es toll, dass Dir danach gewesen ist, mit einem Gedicht anderen Mut zu machen. Im Gegensatz zu Mako (Du siehst, jeder kann etwas anderes aus einem Gedicht lesen) höre ich aus Deinem Text mit heraus:
Ich habs geschafft. Ich bin gesund und sooo glücklich. Ich wünsche es euch auch! Und ihr könnt das auch schaffen.
Lieben Gruß
Jongleur
 

strolch

Mitglied
Lieber Marko,

erst einmal danke für Deine Kritik, sicherlich man kann hier viel machen, ausweiten.
Aber ich mache es wie du sagst, ich lasse es so.
Ich bin keine Lyrikerin und werde es wohl auch nie werden. Hier habe ich jedes Wort genau überlegt, gerade weil es ein sehr sensibles Thema ist.
Es geht hier nicht um mich, ich bin nicht an Krebs erkrankt.
Es geht darum, das wenn du an Krebst erkrankt bist, dann für dein ganzes Leben.
Es ist oft so, dass viele erfolgreich behandelt werden können und jahrelang kein damit leben ohne das wieder etwas auftritt. Nur es kann zur jeder Zeit wieder aufbrechen.
Deshalb müssen sie vierteljährlich zur Untersuchen. Zwischen Untersuchung und erfahren des Befundes, liegen oft Tage. Diesen Zustand versuche ich zu beschreiben und eben, auch wenn es heißt OB (ohne Befund).
Das Gedicht, habe ich geschrieben, nach einem Gespräch mit einer Freundin, die seid 19 Jahren an Krebs erkrankt ist, sie hatte Ruhephasen und dann wieder neuen Ausbruch. Sie war wieder zur Untersuchung und als sie das Ergebnis hatte, rief sie mich an.
Sie sagte, „ich heule“ und ich sagte, “du sollst lachen“. Sie, „mache ich doch Beides gleichzeitig.“

Ich habe diesen Text auf eine anderen Literaturseite stehen und von Betroffenen viel Zustimmung bekommen, sie schrieben mir, das ich ihre Gefühle gut getroffen habe und sie haben sich bedankt. Einige haben dadurch selbst angefangen, darüber zu schreiben und das finde ich gut.

Vielleicht habe ich eine falsche Auffassung, von Literatur, für mich ist die nicht künstlich, sondern ein Spiegelbild vom Leben.

Oder wie Gisela Steineckert mal schrieb: „Schreiben suche ich mir einen Weg, der mich anderen nahe bringt und zugleich erlaubt, dass ich bei mir bleibe…Meine Gedichte sind Leben, gegen den Strich gebürstet. Ob ich darin gefalle, daran denke ich nicht. Ich bemühe mich auch nicht, absonderlich zu wirken. …Mit „ Gisela Steineckert, Verlag von Neuen Leben Berlin 1983

Ganz lieben Gruß Brigitte
 

strolch

Mitglied
Lieber Jongleur,

danke für Deine Zeilen, was ich zu diesem Gedicht zu sagen habe, hab ich in den Brief an Markus geschrieben, da es hier offen ist fühle dich auch angesprochen.

danke für die Gedanken
Brigitte
 

strolch

Mitglied
Lieber Mako,
entschuldige, bin mit den Namen durch einander gekommen, da man hier nichts mehr ändern kann, muss ich es so machen.
Ganz lieben Gruß Brigitte
 
M

mako

Gast
Hallo, Brigitte,

nach der Antwort von Jongleur und Dir will ich mich erst einmal entschuldigen.
Glücklicherweise ist das Thema Krebs in meinem Familien- und Freundeskreis ziemlich unbekannt, da es keinen direkt oder indirekt betrifft und ich hoffe es bleibt auch so.

Aber dadurch habe ich Deine Aussage eben nicht richtig verstanden, dass es um erneute Untersuchungen geht, dass es auch bei dieser Krankheit immer Hoffnung gibt.

So habe ich mich auf die Form gestürzt ohne den Inhalt zu erfassen. Dennoch, Jongleur hat es mit für mich sehr eindringlichen Bildern beschrieben, was aus diesem Gedicht noch werden könnte. Aber ich verstehe, dass Du es nicht ändern wirst.

Was heißt hier übrigens:
Vielleicht habe ich eine falsche Auffassung, von Literatur, für mich ist die nicht künstlich, sondern ein Spiegelbild vom Leben.
Jeder hat seine Auffassung von Literatur, gibt es da überhaupt ein falsch? (nun, ja, vielleicht gehören diese vielen Autobiographien prominenter 18Jähriger nicht dazu ;) )
Jedem ist anderes wichtig an einem Gedicht, einem Text. jeder liest es anders, nach seinen Erfahrungen, seinen Vorlieben.

Dass sich andere Autoren mit Deinem Gedicht hier so intensiv beschäftigen, zeigt doch auch, dass es berührt hat, so ausführliche Antworten sind ja nicht so häufig.

Deswegen brauchst Du auch nicht zu schreiben, dass Du keine Lyrikerin wirst, ich bin auch "nur" Hobby-Poet (was auch immer der Untertitel unter dem Namen sonst so behauptet ;) ), aber unser Licht unter den Scheffel zu stellen, brauchen wir dennoch nicht.

Lieben Gruß
Mako alias Marko alias Markus :D

______________
MITSCHREIBPROJEKT "Winteranfang - durch das Jahr" - Rengadichtung,
hier zur Theorie,
und zur Diskussion
 

strolch

Mitglied
Lieber Mako,
Du brauchst dich nicht entschuldigen, sondern solltest dich freuen, dass du noch keine Erfahrung mit Krebs gemacht hast. Ich habe in der Familie und Freundeskreis mehr als genug damit.
Weißt du bei Gedichten ist es doch oft so, dass du ein Gedicht liest und es sagt dir überhaupt. Jahre später liest du dieses Gedicht wieder und es geht dir soviel durch den Kopf – warum? Lyrik, ist für mich das Nächste am eigenen ICH, und deshalb spielt hier schon Eigenerlebnis eine große Rolle.


Ich denke einfach, Schreiben geht nur, wenn man sich treu bleibt, seinen Stil findet und das wünsche ich Dir
Brigitte
 



 
Oben Unten