langsam drohen sanfte flieger

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HerbertH

Mitglied
langsam drohen sanfte flieger
sechsgeeckte äste fingern

kalt im fluge
[ 6]hart im fallen

schwarzer torus rutscht im weißen
wasserlachen bildend weiter

führt gerade
[ 6]aus dem leben

stahl verplankt verspricht verharren
streckt die bleche bis zum reißen

unter lasten
[ 6]weichen streben

sanft gerundet liegen wehen
noch scheint licht ins weite tiefe

spuren folgen
[ 6]stumm im dunkel
 

HerbertH

Mitglied
langsam drohen sanfte flieger
sechsgeeckte äste fingern

kalt im fluge
[ 6]hart im fallen

schwarzer torus rutscht im weißen
wasserlachen bildend weiter

führt gerade
[ 6]aus dem leben

stahl verplankt verspricht verharren
streckt die bleche bis zum reißen

unter lasten
[ 6]weichen streben

weich gerundet liegen wehen
noch scheint licht ins weite tiefe

spuren folgen
[ 6]stumm im dunkel
 
G

gitano

Gast
Lieber Herbert!
Eine harte Nuß in Metaphern, ich versuche mal eine erste Annäherung:

S1 sehe ich Schneeflocken vor mir
S2 schwarzer torus =Autoreifen?
S3/S4/S5 Auto-Unfallgefahren/-folgen
S5 wäre auch möglich als Naturbild: Blätterhaufen, Schneewehen

ganz schön kniffelig. :D

ansich eigentlich ein ernstes Thema.
Die langen Laute dehnen tatsächlich und betonen zusammen mit der Metrik das wehmütig skeptische...
im Wechsel mit kurzen und auch dumpfen Abschnitten wie

spuren folgen
stumm im dunkel

oder hier:
stahl verplankt verspricht verharren

Beim Nachbilden von Elegien kommt mir soetwas häufiger unter
Metrik nach Klangschwere ist absolut spannend für mich.

Ich würde es fast experimentell sehen,
sehr selten in dieser Konsequenz!

Sollte ich mich inhaltlich total verirrt haben, sorry!
Tut aber dem anderen Aspekten keinen Abbruch.
Ein sehr spannender Text ist Dir da gelungen
gitano
 
Lieber Herbert,
obwohl ich dein Gedicht nicht ganz verstehe, gefällt es mir sprachlich sehr. Manche Gedichte möchte ich auch gar nicht auf Anhieb verstehen. Ich lasse mich gern in deine Sprachbilder hineintreiben...
Gruß
Karl
 

HerbertH

Mitglied
Hallo gitano,

Deine "erste Annäherung" trifft schon sehr genau die Idee dieses Gedichts. Klasse :) Das freut mich, weil ich manchmal zu stark 'verkrypte', weil es dann spannender werden soll. Das ist eine Gratwanderung, die diesmal anscheinend geglückt ist.

Es ist die Beschreibung eines Autounfalls, und der Furcht davor und dem Schneeeinfall und den Folgen, und auch Naturbeschreibung gemischt mit eher gefühlsbeladenen Bildern ("wehen").

Hättest Du mich nach einem beschreibenden Wort für dieses Gedicht gefragt, hätte ich "langsam" gesagt. Es ist eine Zeitrafferaufnahme. Aber Dein "elegisch" trifft es wohl noch besser.

Wegen der strengen Metrik hätte man es auch nach Feste Formen stellen können, wegen verschiedener Reimformen sogar nach Gereimtes. Es hat sicherlich auch experimentelle Züge.

Auf jedenfalls hat es Spass gemacht, die mit Dir diskutierten Ideen (Klang/Metrum/Assonanzen) hier mal auszuprobieren.

lG

Herbert
 
G

gitano

Gast
Hallo Herbert!
Das Kompliment von Karl ist ja deutlich!
Es ist also gelungen!

Kryptisch wirkt der Text schon auf mich, aber er steht noch vor der Grenze des gänzlich unverständlich-Verschlüsselten.

Wenn man die "sechsgeeckten äste" (die in Natura oft mehr Äste haben) und den "schwarzen torus" entschlüsselt, wird es flüssiger im Verständnis. Kann dies nicht entschlüsselt werden, landet der Leser jenseits der Grenze eines in sich sammelnden Textbildes.

Das es auch ohne gänzliches inhaltliches Verstehen ein schöner Text bleibt (Klang, Phonetik, abwechslungreich) hat Dir Karl und auch ich schon lobend angezeigt.

Ich persönlich bin der Meinung (wie du ja weißt), daß Phonetik/Klang eine Menge sinnlicher Eindrücke transportieren kann.
Es freut mich sehr, dass Du einiges aus unseren Klangspielexperimenten, aufgegriffen hast und in einer DIR eigenen Weise hier genutzt hast...und daß ich Deine Spuren im Text erkenne. Da freue ich mich wie ein Entdecker!
Liebe Grüße
gitano
 



 
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