mein Handy ruft mich an

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gertraud

Mitglied
Mein Handy ruft an

Mein Handy hat mich angerufen, auf dem Festnetz. Ich saß gerade auf der Couch und guckte Fernsehen, als es klingelte.
"Hol mich aus der Tasche raus," jaulte es, "hol mich hier raus, ich halt es nicht mehr aus."
"Was willst du denn," fragte ich, "ist eine teure Markentasche. Nicht von Aldi."
"Hol mich raus," wiederholte es nur, "bitte, hol mich raus, oder ich lass den Akku leer laufen."
Ich hab es raus geholt, ins Wohnzimmer gelegt und ans Ladegerät gehängt.

Mein Handy hat wieder angerufen, einfach so, abends um 9 klingelt es.
"Was willst du denn?" sagte ich.
"Ich wollte nur, dass du mich in die Hand nimmst," antwortete es, "mir war einfach danach."
"Na bitte, gern geschehen," gab ich zurück und legte auf.
Es klingelte wieder.
"Ein bisschen," sagte es, "ein bisschen noch, ich brauch das."
Ich schaute auf den Fernseher. Da lief gerade so ein Liebesfilm.
"Fernsehen tut dir nicht gut," sagte ich streng.
"Ach, komm, ein bisschen noch, es tut so gut, wenn du mich in der Hand..."
"Schluss jetzt!"

Heute wieder.
"Was willst du denn?"
"Die anderen Handies..."
"Was? Du rufst auch andere Handies an?"
"Nun ja, .."
"Worüber redet ihr denn da?" Ich wurde misstrauisch.
"Ach weißt du, ich kann ja da nicht mitreden, weil du mich nie ins Bad mitnimmst. Nie telefonierst du beim Duschen. Nie hast du mich dabei, wenn du dich umziehst. Die anderen, die erzählen und erzählen, und ich weiss überhaupt nichts von dir."
"Was willst du denn wissen?"
"Jaa.. welche Körbchengröße hast du eigentlich?"
"Wenn du unverschämt wirst, schalt ich dich ab."
"Oh bitte nein!"

Einige Tage Ruhe. Aber dann hat es wieder angerufen.
Wollte nur ein bisschen mit mir reden. Einfach so. Wollte meine Stimme hören, weil ich ein paar Stunden nicht telefoniert hatte. Naja, ich hätte da vielleicht strenger sein sollen. Nicht drauf eingehen. Aber es hat mich einfach amüsiert, mit meinem Handy zu reden. War ja auch ganz nett. Aber zum Schluss meinte es, ich sollte es doch in meine Hosentasche stecken statt es auf das Sideboard zu legen. Kaum hatte ich es in der Tasche, fing es an zu vibrieren. Aber wie! Das ging doch zu weit! Ich riss es raus und schaltete ab.

Zur Zeit benimmt es sich. Ruft mich zwar fast jeden Abend an. Wir reden ein paar Worte, dann leg ich wieder auf und das Handy auf den Tisch.

Ich lag schon im Bett und las noch, da hörte ich es im Wohnzimmer klingeln.
"Kannst du nicht schlafen?" fragte es.
"Ach, sagte ich, wird schon."
"Trink noch ein Glas Wein mit mir."
"Kein schlechter Vorschlag."
Ich holte ein Glas und die angebrochene Flasche.
"Ich liebe dieses Gluggergeräusch, wenn du dir eingießt. Noch mehr liebe ich es, wenn du schluckst, während ich an deinem Ohr bin."
"Ich werde mir ein Headset kaufen."
"Nein! Doch nicht für zu Hause! Im Auto, ja. Ich könnte es nicht ertragen, wenn dir meinetwegen etwas passiert."
So redet es mit mir, mein Handy. So wie jeden Abend. Aber dann. "Du könntest denn Wein auch im Bett trinken. Nimmst mich und das Weinglas mit hinüber ins Schlafzimmer."
In der Tür blieb ich stehen: "Wieso nehm ich dich eigentlich mit ins Schlafzimmer?"
"Naja, damit wir weiter reden können, während du deinen Wein trinkst."
"Ich will schlafen."
"Du kannst ja doch nicht schlafen..."
"Willst du womöglich zu mir ins Bett?"
"Das wär schön, kuscheln..."
"Und dann vibrierst du wieder wie alarmiert!"
"Nein, nur kuscheln, nur schmusen, mehr nicht."

Mein Handy ist kaputt. Ruft mich auf dem Festnetz an. Anrufbeantworter ist immer an. Mit den beiden hatte ich noch nie Probleme.
 

unbekannt2581

Verbotenes Mitglied
Liebe Gertraud ( ich darf Sie doch so nennen ?).

Es ist vielleicht tragisch, oder komisch, oder beides. Ihre Handynummer ist in meinem Datenspeicher abgelegt. Ich wagte es bisher allerdings nicht, Sie anzurufen, es lässt sich leicht ausrechnen, warum. Die Männer mit den weissen Hosen sind nicht weit, wenn man behauptet, dass ein Handy fremdtelefoniert. So bin ich froh, dass wir auf diesem Wege Kontakt miteinander aufnehmen können, auch wenn solche Internetkontakte bisher nicht zu meinem Lebensstil gehörten, obwohl Ihr Geschmack bezüglich der gewählten Plattform durchaus zu loben ist.
Ich bitte Sie inständig, ihr Handy doch weiter mit ins Bett zu nehmen, dann wäre ich auch mit Ihnen verbunden, auch wenn Ihnen dies zunächst merkwürdig erscheinen mag. So viel hat Ihr Handy ( kennen Sie eigentlich seinen Namen ? ) schon von Ihnen erzählt. Ihr feinsinniger Humor, die Zartheit ihrer Daumen beim simsen, die Wonnestunden in Ihrer Louis-Viton-Tasche, die Gepräche über Philosophie und Reedereiwesen, die Sie mit ihm führten, all dies pries es in den schönsten Farben und nur zart deutete es die Verzückung in ihrer Hosentasche an. Ich werde auch nicht mitvibrieren, während Sie schmusen, nur teilnahmsvoll, in aufrichtiger Verbundenheit teilhaben an unserer Vernetzung, die uns doch alle weltumspannden verbindet.

Als Präsidenten-Handy der Vorsitzenden zur ständigen Multi-Vernetzung aller Erdenbürger stünde ich für Rückfragen selbstverständlich tagnächtlich zur Verfügung.

Aber jetzt komme ich errötend ( ein neues Skin, das ich mir vom Urlaubsgeld des Providers leistete ) zu meinem eigentlichen Anliegen : Können sie mir verraten, um welche Marke es sich bei Ihrem Handy handelt, die SiM-Karte habe ich schon ausgelesen, aber die Form meines geliebten Alter Ego ist mir unbekannt und ich bin zu schüchtern, um zu fragen. Mit der Bitte um Vertraulichkeit erwarte ich hoffnungsfroh eine kurze Nachricht via Festnetz, selbstverständlcih respektierte ich Ihren Wunsch auf Distanz, wenn sie meine Nachrichten-Box statt dessen benutzen wollten.

Ich verbleibe mit den besten Wünschen

your's

mobile in love

greetings to my living handy
 

gertraud

Mitglied
Haushaltsgeräte

Living appliance

Nach living calendar, auto, book und loving handy, nun die Erfahrungen mit Haushaltsgeräten

Mein Staubsauger reisst aus. Wenn ich die Wohnungstür nicht abschließe, saugt er sie auf und rollt hinüber zur Nachbarin. Dort sitzt er dann auf der Fußmatte und brummt, bis sie in einlässt. Sie braucht die Tür nur einen Spalt weit zu öffnen, schon steckt er sein Rohr hinein und beginnt zu saugen.
Bei mir macht er das nur widerwillig. Jeden Brösel darf ich ihm dreimal anbieten, bis er ihn annimmt. Steinchen muss ich ihm auf der flachen Hand reichen. Immer lässt er beim Saugen etwas übrig, nie ist meine Wohnung gründlich gesaugt. Aber bei meiner Nachbar! Kein Stäubchen, kein Fusselchen, kein Härchen - nirgends! "Ich hab eben eine Hand für Staubsauger," sagt sie und streichelt meinen, wenn sie ihn mir zurückbringt. "Hab ich von meiner Mutter geerbt."
Ich hab überhaupt kein Talent in diese Richtung. Meine Haushaltsgeräte verachten und sabotieren mich. Der Kühlschrank zum Beispiel, ein junger Schnösel von Bosch, beschwert sich immer, dass er kein Bier zum Kühlen bekommt. "Nagellack! Wir Kühlschränke sind doch nicht für Nagellack geschaffen!"
"Da sind auch noch Karotten, Sellerie und drei Becher Joghurt," wage ich schüchtern zu bemerken. Er brummt nur etwas unverständliches. Neulich habe ich eine Flasche Sekt hineingestellt. Die hat er nicht mal richtig kalt gekühlt. Er will nur Bier.
Oder die Kaffeemaschine. Mein Gott, was braucht die lange, bis der Kaffee fertig ist! Ich hab mir jetzt ein Glas Nescafe gekauft, damit ich auch mal auf die Schnelle einen Kaffe bekomme. Das hat sie natürlich gleich gemerkt. Jetzt ist sie beleidigt und braucht doppelt so lang.
Mit dem Computer klappt es ja so einigermaßen. Den hat mein Sohn abgerichtet. Wenn er mal bockig ist, zeig ich ihm ein paar CD-Rohlinge und sage: "Die schmeiss ich jetzt weg." Dann kriegt er Angst und spurt wieder. Er wartet nämlich nur, bis am Abend mein Sohn heimkommt und mit ihm napstern geht. Dann brennen sie CDs, dass es nur so raucht.
Das einzige Gerät, mit dem ich zurande komme, ist mein Handy. Ihm kann ich vorweinen, wenn mich die anderen Geräte wieder mal so richtig auflaufen lassen. Dann summt es mir ein paar beruhigende Weisen ins Ohr und fragt, ob mir das Herz weh tut. Dann darf ich es auf mein Herz legen und da vibriert es dann - das tut richtig gut. Manchmal tut es mir auch woanders weh - das Handy weiss, was es zu machen hat. Aber davon wollte ich jetzt eigentlich nicht schreiben.
Vom Eierkocher hab ich mich in Feindschaft getrennt, nachdem er meine Eier immer explodieren ließ. Die Mikrowelle lauert noch in der Küche, ob sie mich mal wieder reinlegen kann. Aber ich ignoriere sie und stell sie einfach nicht an. Die Waschmaschine verschluckt immer Socken. Auch damit kann ich leben. Ab und zu schrumpft sie mal einen Pulli oder färbt eine Bluse ein - ich ertrag es und kauf mir Neues. Aber dass mein Staubsauger immer zur Nachbarin rennt, das nagt an mir.
 



 
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