mein kalender sind dinge wie

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Perry

Mitglied
mein kalender sind dinge wie


blisterverpackungen meiner tabletten,
aus denen ich morgens den tag drücke,
wachsende tellerstapel in der küche,
wenn die geschirrspülmaschine voll ist.

einkaufzettel für den wochenbedarf,
die ich abhake, um nichts zu vergessen.
müll, den ich sortiert entsorge,
damit der blaue engel mir zulächelt.

geburtstagseinträge im kalender,
die mich jedes jahr daran erinnern,
wie schnell das leben vorbeizieht,
wenn man nicht auf die uhr schaut.
 

Perry

Mitglied
Hallo Karl,

wenn man nicht mehr dem Zwang der Uhr unterworfen ist, übernehmen andere Dinge die Zeitrechnung.
Danke für dein Verstehen und LG
Manfred
 

revilo

Mitglied
Hallo Perry, mein Vater, der 84 Jahre ist, hat - so lange ich denken kann - einen kleinen Taschenkalender mit Anschriften von Bekannten, Freunden, Arbeitskollegen etc. Wenn jemand stirbt, versieht er den entsprechenden Namen mit einem Kreuz und notiert den Todestag. Neulich sagte er erschüttert zu mir:
" Jetzt hab ich nur noch Kreuze im Buch "..........Daran erinnert mich dieses Gedicht........LG REVILO
 

Perry

Mitglied
Hallo Revilo,

nun ganz so pessimistisch ist der Text nicht gedacht, er soll nur verdeutlichen, dass sich die Zeit im Alter andere Vergänglichkeitszeichen sucht, als Tage, Wochen und Jahre.
Danke für deinen Eindruck und LG
Perry
 
H

Heidrun D.

Gast
Lieber Perry,

für mich strahlt dein Gedicht viel Trauer aus. - Über ein verpatztes Leben, ein ungelebtes Leben, ein Vorbeirauschen der Zeit.

Auch ein Gefühl, das ich selber recht gut kenne, dass nämlich die Dinge außerhalb der eigenen Person stattfinden, dass Körper und Dasein getrennt voneinander existieren ...

Ein gutes Gedicht. - Gerade weil du so schlichte Dinge, wie den Abwasch und den Blauen Engel gewählt hast, die einen eher unspektakulären Trott vorzüglich einfangen.

Herzlichen Grüße
Heidrun
 

Perry

Mitglied
Hallo Heidrun,

ja es gibt Momente, wo einem das Leben als zeitlos fern vorkommt und nur noch Alltagsroutinen den Ablauf bestimmen. Aber solange wir das noch erkennen, können wir es auch ändern.
Manchmal muss man dazu (gedanklich)verreisen, um wieder bei sich in der Gegenwart anzukommen, wie ich in meinem vorherigen Gedicht geschrieben habe.
Danke für dein Verstehen und LG
Manfred
 

revilo

Mitglied
Ich glaube nicht, daß die Aussage meines Vaters pessimistisch war...Du hast für mich eine Erinnerung geschaffen.....Danke.......LG revilo
 
M

Marlene M.

Gast
schöne Bilder, lieber Manfred- zunächst zusammenhanglos, dann sich im Schluß findend als Resumee des Alltags, der uns die Lebenszeit so rasch vergehen lässt.
Irgendwie wirkt es auf mich auch wieder selbstironisch, wie man es von dir schon oft gelesen hat, provokant augenzwinkernd.
"aus denen ich morgens den Tag drücke"
ja, so what...ich leb trotzdem gut damit...
Gefällt mir ausgesprochen gut.
LG von Marlene
 

Perry

Mitglied
Hallo Marlene,

ertappt! Viele meine Texte sind selbstironisch geprägt, weil sie einfach auch ein Teil augenzwinkernde Alltags- bzw. Lebensbewältigung für mich sind.
Danke fürs Hineinspüren und Erkennen.
LG
Manfred
 



 
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