nachtwache

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M

margot

Gast
ich habe eine arbeitskollegin, die nackte
füße scheußlich findet
wenn schon
dann finde ich runzlige ärsche und hängetitten
scheußlich
klar, sehen die füße mit ihren eingewachsenen
nägeln auch nicht zum knutschen aus
überhaupt ist es manchmal interessant
wie menschen sich schöne, glatte gesichter
bewahren können, während alles andere
aus dem leim geht
auch andersrum sehe ich
wunderbare popos, während die gesichter
ein einziges faltengebirge darstellen
die kontrakturen der bettlägerigen gestalten
das ganze noch skurriler
sie liegen wie abgemurkste heuschrecken
in den betten – die gliedmaßen seltsam
verrenkt oder verknotet
bei manchen kommst du mit der windel
kaum noch durch die mitte
so eng krampfen sie ihre beine zusammen
das saubermachen ist dann
ziemlich schwierig
und tut weh
manche liegen flach wie bretter in ihren
betten
wenn ich sie zur seite drehe, stemmen sie sich
voll dagegen
aus angst
aus verzweiflung
ich weiß nicht
ich muß doch die neue windel unter ihr gesäß
schieben
okay, ich bin profi, ich habe meine tricks
und wenn gar nichts geht, hole ich meine kollegin
zur hilfe
am ende einer nacht schleifen wir vier volle
müllsäcke zum container
die tragen den gestank der gesamten menscheit
in sich
diese arbeit muß tag für tag verrichtet werden
nein, ich sehe nicht nur die ausscheidungen
die scheiße, den urin, die kotze, das blut
die alten spielen verrückt, wenn sie dement
werden
nein, auch das sehe ich nicht
wenn sie ihr zimmer auf den kopf stellen
oder kotverschmiert in ihren betten liegen
oder
oder sterben
die lunge voll wasser läuft
sie kaffeesatz kotzen
oder krampfen
im unterzucker das bewußtsein verlieren
all das sehe ich nicht
ich mache meinen job
heute bin ich fertig
heute kann ich nicht schlafen
wer weiß, wann ich wieder schlafen kann
...
 
T

TRW

Gast
oh man(n) wie ich es liebe solche nutzlosigkeiten zu lesen. und das meine ich ernst - ich liebe es. habe von charles bukowskie so gut wie alles gelesen und das erinnert mich sehr daran. nur weiss ich er hat es nicht nur geschrieben, er hats auch gelebt. wie siehts mit dir aus.

zur lyrik: gefällt mir sehr gut - hoffe auch weiterhin diesen stil zu finden.

beste grüsse, trw
 
M

margot

Gast
ich bin altenpfleger - wenn du das meinst.
buk half mir damals zu abiturzeiten mit seinen
short-stories. das war 82. seine ersten sachen
wurden im fischer-verlag veröffentlicht.
ich verschlang sie. endlich ein dichter, der mir
spaß machte. ein antiheld des wirklichen leben
nicht nur ein donald duck. carl weissner übersetzte
ihn wunderbar, toll, genial. du weißt es.
"die ochsentour". quasi vor meiner haustür.
"fuck machine", "kaputt in hollywood" - das waren
die ersten sachen, die ich von ihm las und vieles
mehr, bis er abnippelte: "ausgeträumt".
ich liebe buk. aber es ist keine verehrung.
ich liebe noch eine menge andere schriftsteller.
nur buk kam für mich zur richtigen zeit an den richtigen
ort.

ralph
 
T

TRW

Gast
der mann mit der ledertasche ist einfach nur genial. ich habe buk vor gut drei jahren zum ersten mal gelesen, naja und mittlerweile habe ich fast alles gelesen. ich hatte vor einigen jahren das glück die tour bukowski waits for us sehen zu können. waits und buk werden wohl immer ein teil meiner selbst sein.

beste grüsse, trw
 
M

margot

Gast
stimmt, "der mann mit der ledertasche" ist neben
"das schlimmste kommt noch - fast eine jugend" das
beste buch von charles. wie gesagt, ich kam über seine
short-stories zu ihm, die waren 1981 der hit.
ich schwänzte die schule und legte mich mit einem
schmöker von bukowsky auf die neckarwiese. zwischen-
durch schielte ich auf die geilen ärsche der jungen
studentinnen um mich rum. die weinflasche im gepäck.
was wollte ich mehr?

ralph
 
T

TRW

Gast
ich bin anscheinend ein wenig jünger als du und trotzdem ergeht es mir genauso. der buk war halt eine wirklicher revolutionär und das geniale daran er hats wahrscheinlich nicht einmal gewusst. das gedicht "danke" aus "roter mercendes" ist der hammer und sollte in jeder schule abgehandelt aber niemals interpretiert werden.

beste grüsse, trw
 
M

margot

Gast
manche wollen, daß ich weiter
über huren und kotzerei schreibe

andere sagen, sie fänden so etwas
unappetitlich

well, mir fehlen die
huren nicht

obwohl gelegentlich die eine oder andere
versucht, mich ausfindig zu machen

...


meinst du das?

...

die armen schätzchen hatten keine
ahnung - und ich auch nicht -
daß jene häßlichen bedröhnten nächte
einmal stoff abgeben würden

wie ihn selbst dostojewki
nicht verschmäht hätte.

yeah
that`s it!
bullshit over the world!
und ich höre led zeppelin ...


ralph
 
T

TRW

Gast
genau - ich liebe es. jetzt solten wir wirklich mal einen trinken gehen.
well - irgendwann ielleicht.


beste grüsse, trw
 
M

margot

Gast
mir ist es scheiß egal, wie alt du bist.
bleibe, wie du bist.

ralph

prost
 
T

TRW

Gast
ich bin halt wie ich bin, auch im alter so wie heute (hoffe ich).

prost

trw
 
T

TRW

Gast
welch eindrucksvoller satz. "hm"

nun muss ich lachen - warum auch immer.


trw
 

Jutta

Mitglied
Hallo Ralphi :)

Na, das ist ja mal was für Jutta´s Augen. Das gefällt mir sehr gut. Davon bitte mehr.
Übrigends ich hab mal in einem Altenheim gearbeitet und kann Dein ?Gedicht? gut nachempfinden. Hart, sehr hart.
Und das was man am Tag so sieht, die ganzen Eindrücke, alles versammelt sich Abends auf dem Kopfkissen und will einen nicht mehr loslassen. Da kannste noch so wegschauen und die Scheissegal- Maske aufsetzen, das wegzustecken ist mehr als mühsam.

Liebe Grüsse von Jutta.
 
B

Betty Blue

Gast
Charles "Hank" Bukowski

Hallo Ralph,

zu deinem Text ein Zitat von Hank:

"What matters most is
how well you
walk through the
fire"

und zu eurer Diskussion über seine Werke:

Sein "Liebesleben der Hyäne" ist für mich der absolute Hit, obwohl...."Fast eine Kindheit" kommt direkt danach.

So wie du sie beschreibst, die Alten, musst du sie sehr lieben...ich ziehe meinen imaginären Hut vor dir :)

Ein lieber Gruß von Betty
 



 
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