ohne blumen

alles steckt mit allem unter einer decke
aus schnee rein weiß und drunter braun vereist
auf versalzenen wegen verlieren spuren
in der wildnis die unschuld des niemandslandes
wartet hinter zäunen stochern hungerdrosseln

schornsteine auf geweißten dächern atmen rauchend
gelb geschwängerte wolken halten noch zurück
den kalten flaum fürs nächtliche prachtdaunenbett


doch
an den lärmschutzfenstern
fehlen die eisblumensträuße
 

Perry

Mitglied
Hallo Karl,

die hier eingestreuten zeilenübergreifenden Konstrukte gefallen mir gut, allerdings erschließt sich mir der Bezug von dieser verschworenen Winterwelt zu dem was hinter wärmeisolierenden Fenstern lebt nicht so richtig.
Im weitgespannten Sinn könnte es vielleicht den ewigen Konflikt zwischen Gut und Böse ausdrücken.
LG
Manfred
 
H

Heidrun D.

Gast
Lieber Karl,

für mich zeigt dieses Gedicht einen deutlichen Gesellschaftsbezug, zeichnet die Klasse der jeweiligen Volksrepräsentanten nach, wie es treffender kaum möglich ist. Ebenso den ewigen Konflikt zwischen denjenigen, die im Überfluss hocken und den Hungernden.

Geradezu brillant:
doch
an den lärmschutzfenstern
fehlen die eisblumensträuße
Verse, die auch die "Armut" der Besitzenden aufzeigt.

In anderer Lesart lauert unter der Unschuld das Verderben, hinter der Hoffnung der Tod. - Ein schlichtes Stimmungsbild winterlicher Exzesse ist es mit Sicherheit nicht; das war noch nie dein Ding. ;)

Herzliche Grüße
Heidrun
 
Lieber Manfred, liebe Heidrun,
danke für eure Interpretationen. Sie treffen auch meine Absicht. Natürlich versteckt sich hinter dem Winter- ein Gesellschaftsstimungsbild. Das Lyr-Ich kann sich (wie ich)den Winter hinter wärmenden Lärmschutzfenstern ansehen...
und ahnt unter und hinter der Winteridylle unter den weißen Teppich Gekehrtes...
Herzliche Grüße
Karl
 
Lieber Karl,
zu meine Schande muss ich gestehen, dass ich deine Gedichte manchmal erst durch die Kommentare dazu verstehe.
Nie und nimmer hätte ich es so wie Heidrun gesehen.

Viele Grüße
Marie-Luise
 
Liebe Marie-Luise,
manches in meinen Gedichten verstehe ich selbst auch erst durch die Interpretationen von LeserInnen...
Das Unbewusste schreibt halt immer mit.
Herzliche Grüße
Karl
 



 
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