ohne schlechtes Gewissen

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nally

Mitglied
Sie trägt einen viel zu starken Lippenstift (Kleider mäßig gehört sie zu den kostümierten Frauen) und ist noch deprimierter als sonst, und das, weil sich (mal wieder) alle, aber wirklich alle - das „guten Tag“ heraus quälen - und so rein gar nicht (wie unverständlich)... motiviert der kommenden Mathestunde... gegenübersitzen... – Nein, wir lümmeln auf den Bänken herum und starren auf die Armbanduhr, machen schlechte Witze (ich belege Platz 2) und wünschen uns das Stundenende, ausgelöst durch ein majestätisches Klingeln (nicht so majestätisch, wenn man genau unter dem Ding Dong Ding steht – man möchte Wortwiederholungen ja vermeiden). Genau heut...ist einer der Tage, an denen ich überlege, ob ich nicht einfach „mir ist auf einmal so schlecht“ spiele – wieso spielen? ... ob ich nicht einfach losgehe! Ich würde am liebsten nach Hause – punkt (.) Ich würde mich in mein Bett legen und so was wie„the regeneration“ hören... dabei einschlafen und dann an einem schönen Strand aufwachen... dem Meer eine Runde lauschen, dabei einen Kaffee aus meiner großen Lieblingstasse schlürfen, die Ärmel meines Lieblingspullis, über meine Hände ziehen und den Rolli bis zur Nase. Meine Augen würden dann vorsichtig über den Kragen hinweg träumen. Realistisch betrachtet wären auch so Szenen wie diese angenehm: In der Mitte meines Zimmers, tanz ich mit Mr. Bojangles und swing rum, wie es nur irgendwie möglich ist – Foto ist erhältlich unter der Rubrik: „was soll das wohl darstellen?“. Ich lach dabei (nicht weil ich mich im Spiegel sehe) sondern weil es einfach einen Mords Spaß macht (Mords Spaß haben – noch so ein Sprichwort, was ich nicht versteh). Sogar das Telefon lasse ich einfach klingeln, denn der Moment gehört schließlich nur, der Musik meiner Anlage, bzw. Mr. Davis und mir. Ausflippen aller Püppilangstrumpf also. („Püppilangstrumpf ist gekommen in unsere Welt... da da da...“ – herrliche Melodie) Oder die Musikvideo ähnlich Szene (cooles Video!): Ich sitz auf dem Dach meines Wohnblocks und schau mir den Mond genau an... ich spiele Tom Hanks „Apollo 13“ Daumen-vor-Mond...-Daumen-wieder-zurück Szene und fang an songs wie „in my place“ von coldplay zu singen. Würde ich mehr als vier Akkorde spielen können (Grund: Faulheit), würde ich jetzt auch meine Gitarre holen... es bleibt jedoch bei’nem kühlen Heiniken. Coldplay und Heiniken... es entsteht gerade ein Bild des lyrischen Ichs (wie manch einer beschreiben würde) unrealistisch. Egal, auf jeden Fall ist Bier sowieso eine Diskussionsgrundlage für sich: zuerst ist man in dem Alter, in dem Bier... einfach nur eklig ist, dann kommt man in das Alter, in dem man entweder a) nur besoffen von dem Zeug ist (egal welches Bier, muss nur billig sein), b) schnell einen individuellen Geschmack entwickelt oder c) mit der „Masse“ der longsdrinks mitzieht. Heiniken ist so ein Zwischending (between b and c)...oftmals steht die Aussage: „Heiniken ist kein Bier“ der Meinung: „Heiniken, ist das einzige Bier was schmeckt“ gegenüber und Mann schüttelt den Kopf. Wie geschrieben, sitz ich in der Szene alleine auf dem Dach – dem nach können mir alle Vorurteile gegenüber meines Schauspiels, Gesangs und Interpretationen gestohlen bleiben. Da ist nur die warme Dachpappe und ich. Also ich könnt jetzt wirklich`nen fetzigen (ein Adjektiv aus den späten 90igern), heute würde man sagen: „eh alter man, einen coolen song“ einlegen und abrocken (ausnahmsweise eine gute Bezeichnung) oder ganz rebellisch (... wo ist das rebellisch?) und mit melancholisch, philosophischen Gedanken auf dem Dach eines Plattenbautes Freiheit spielen oder sogar singen. Ich entscheide mich, ganz spontan, die Seite, der zu machenden Hausaufgaben aufzuschreiben... (zwar werde ich sowieso kurz vor der nächsten Stunde bei Ronny abschreiben – aber der Wille zählt ja bekanntlich auch) und dann werde ich mit dem Rad nicht nach Hause... sondern zum Obststand radeln... ein paar lecker Kirschen, für viel zu viel Geld, kaufen und zu`m Rosenhügel fahren. Dort kann man wunderbar über die Stadt sehen (zumindest ein Stück), da kann ich dann auch Mr. Bojangel antexten und ihn zu einer späteren Runde Heiniken (hat er sicher nicht gemocht) einladen – ja das werde ich machen. Et voila – mit dem verfassen so eines, äußerst informativen, interessanten, überhaupt nicht biographisches Textes, kann man sich eine lippenstiftreiche, very boring Mathestunde vertreiben, das ist doch was! Viele Grüße an das scheitern meiner Bildung.
 
M

margot

Gast
das innenleben einer schülerin der oberstufe -
interessant, locker (ja heiter) und plastisch
geschildert.
aber auf unkorrekte biernamen reagiere ich
allergisch. heißt es nicht "heineken"?!
bei meiner trinkerehre ...

liebe grüße
ralph
 
M

margot

Gast
plastisch in diesem zusammenhang bedeutet anschaulich.

lieben gruß
ralph
 



 
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