richtungswende im oktoberschnee

3,00 Stern(e) 1 Stimme

guido

Mitglied
richtungswende im oktoberschnee.

dann wintersonnwende.

gewesenes
sind keine tränen mehr
die am rücken trocknen

der blick zurück
tötet

eiswind
dreht den kopf
vorwärts
und das singen der sonnenvögel
hebt ihn

noch zehrst du
vom fett des letzten sommers

deine schatten
werden kleiner
passen wieder zu dir

gib dem licht ein auge
und geh dorthin
wo man nicht gehen kann

- die zeit steht
zwischen dir -

in die sonne
in den horizont hinein
 

guido

Mitglied
Nachdem mir niemand antwortet, tu ich es jetzt selbst!
Nennt es Eitelkeit, oder egal wie, ich wünschte mir doch Kritik an meinem Gedicht!
Zugegeben: erst nach der Veröffentlichung habe ich den sog. FORENTEXT durchgelesen und konnte mein Gedicht nicht wirklich den vorgegebenen Kriterien einordnen. Nachdem es aber auch nicht - wie angekündigt - verschoben wurde, habe ich jetzt einmal für mich beschlossen, dass es doch hier her gehört, oder irre ich mich?
Nachdem ich schon einige Zeit in der Leselupe eingeloggt bin, einige Werke auch schon veröffentlicht habe, habe ich mir schon einen kleinen "Reim" auf die Umgangsformen in diesem Medium gemacht und bin zu der Erkenntnis gekommen, dass man hier sehr wohl mit dem Glacé(?) Handschuh arbeitet, denn so richtiges feedback auf eine Veröffentlichung bekommt man nicht, sondern nur ein "sehr nett", "sehr schön" und "bleib wie du bist". Und wenn es etwas auszusetzen gibt, dann nur, wenn das Versmaß nicht stimmt, oder wenn jemand eine bessere Formulierung parat hätte, obwohl in vielen Werken das Zeug zu einem wirklich guten Gedicht vorhanden wäre.
Das klingt jetzt sehr aufgesetzt und vielleicht erscheint es dem eine oder anderen Leselupen User sehr überheblich, was ich da von mir gebe, aber eine wirkliche Auseinandersetzung mit den veröffentlichten Werken vermisse ich schon hier.
Mein Wunsch ist ein ganz konkreter: ich halte es ehrlich aus, wenn mir jemand seine Meinung sagt, ich will das ehrlich! Legt ab eure Glacé (?) Handschuhe und schreibt mir eure Meinung, oder sagt klipp und klar, dass ich hier falsch am Platz bin !
 
M

Minds Eye

Gast
Tja, vielleicht hast Du recht.
Allerdings solltest Du den Mit-Mitgliedern zugute halten, dass täglich eine Fülle neuer Texte hier hereinschwemmt und sich nicht jeder um alles kümmern kann. Meistens bleibt es dann auch bei einem "gefällt mir gut", oder auch nicht.
Nach einer Weile hat wohl jeder so seine Lieblingsautoren, die er immer wieder gerne liest und mit deren Texten er sich beschäftigt. Dann kommen ja auch noch die eigenen "Babys" dazu und manche haben auch noch einen Job und/oder Familie. Was ich sagen will ist, dass man hier das Recht auf Kritik nicht einklagen kann.
Jedenfalls, Dein Gedicht gefällt mir gut. Auch wenn ich es nicht komplett verstehe.
Viele Grüße,
ME.
 

Kinderherz

Mitglied
feedback zum Werk und Deiner Antwort

Hallo Guido,
die meiste Motivation für meine Antwort hat mir Deine "Ansage" gegeben. Ich bin auch noch frisch und habe wenig Orientierung, aber das Problem was du ansprichst ist doch ein zutiefst menschliches. Man hat Angst über etwas zu schreiben, was man vielleicht völlig falsch verstanden hat. Sorge, den Clou nicht begriffen und daneben gegriffen zu haben. Nun, ich denke es geht nur mit selber vormachen. Ich meine frei von seiner eigenen Beschränktheit zu schreiben.
Also zu Deinem Werk, so wie ich es nicht verstanden habe:

richtungswende im oktoberschnee...

(wer zweimal wendet geht in die alte Richtung oder nach 2 Monaten werden die Tage wieder länger; der Schmerz des frühen Winters läßt nach und gibt Hoffnung)

gewesenes...
(Schmerz ist trocken und klebt nicht mehr am eigenen Körper oder auch: beim Wegrennen glitten die Tränen durch den Fahrtwind bis auf den Rücken - keine Zeit zum stehenbleiben, keine Zeit zum Tränen wischen)

der blick...
(wirkt übertrieben! - oder die Erinnerung war eine so große Enttäuschung, dass hassende Blicke...)

eiswind...
(kommt gut: der Geschlagene wird gezwungen nach vorne zu sehen - und da kommen neue Eindrücke - Zauberhaftigkeit und leichtigkeit von oben (vielleicht Natur - vielleicht die Erinnerung an den eigenen Glauben? -jedenfalls steigt der Selbstwert wieder)

noch zehrst...
(da war einer satt - übersatt, umso größer der Unterschied zum Selbstversorger; noch ist kein Notstand)

deine Schatten...
(das satte war dem Satten selbst unheimlich, hat erkannt das er zuviel genommen hat - oder seinen Körper verwöhnt die Seele gegeißelt hat)

gib dem Licht...
(Seele ruft: Wo ist mein Weg?- mein Weg kann kein gemachter Weg sein. Der Wanderer braucht die eigenen frischen Fußstapfen Richtung hell-vielleicht Erleuchtung/ Weisheit/Reinheit?)

die zeit...
(keine spontane Idee - aber: vielleicht die Grenze zwischen Vergangenheit und Zukunft- so wäre die Zeit die Gegenwart?)

in die Sonne...
(im Sinn wie ...gib dem Licht ein Auge... da es hier aber nun wiederholt wird und nun die Sonne ist, wirkt diese Verstärkung wie ein optimistischer Glaubensentschluss mit weitem Ziel (Horizont).
So lieber Guido, das waren meine Fehldeutungen - HURRA. Insgesamt schlüssig - aber vielleicht würde ich die Metaphern noch weiter vom Kern entfernen.
viel Erfolg
kinderherz
 

guido

Mitglied
Danke! Danke! Danke!

Natürlich: auch ich gebe meinen Senf nur dort dazu, wo es (ohne) fad wäre, keine Frage. Ich hatte aber das Problem, das ich nicht weiss ob ich Fleisch oder Fisch bin, denn meine Werke - so mein zutiefst subjektiver Eindruck - passen nicht so ganz in dieses Konzept, und (im Vergleich zu anderen hier Publizierenden) haben ich wenig feedback...und wer sagt, dass ich mein feedback nicht einklagen darf, ich darf!
P.S. Ich habe nicht den Anspruch, dass meine Werke verstanden werden sollen, ich will, dass man sie spürt: ich lese ein Gedicht nicht, um es zu verstehen, sondern, um es zu spüren. Ich lese es mit dem Bauch und nicht mit dem Hirn!

Kinderherz: mein brotbringender Beruf ist der des Sozialpädagogen, dein Name allein schon hat mich angesprochen!
Es ist mir in diesem Forum noch nie passiert, dass sich irgendein user so intensiv mit meinen Werken auseinander gesetzt hat. Danke. Ja, und es gibt mir Bestätigung, du liest nicht nur mit den Augen und dem Hirn, bei dir, so glaube ich, tut sich mehr!
Eine alte Leidensgeschichte tat ich kund: das Ersehnen des neuen Sommers mit all seinen "Leidenschaften" beginnt dann, wenn die alten passé sind. Punkt. Aus. Mehr wollt ich nicht rüberbringen. (... und wenn es heute erst um 17:20h zu dämmern begann und nicht schon um 16:30h, so bin und fühle ich mich schon auf der sicheren Seite...)

Glaub mir: so nah am Kern meines Gedichtes war noch niemand, der mir Rückmeldung gab!!!
 

Duisburger

Mitglied
Hallo Guido,

eines Vorweg: Du liegst mit deinen Beobachtungen falsch. Schaust du dich mal objektiv um, so wirst du merken, dass hier sehr wohl fundierte Kritik geübt wird. Manchmal mehr, als der Autor erhofft bzw. befürchtet hat. Doch solche Themen sollte man in der Plauderecke diskutieren, nicht hier.

Zu deinem Werk:

Auch ich habe es nicht ganz verstanden und tue es auch jetzt noch nicht (warscheinlich ein Grund für die fehlende Resonanz, anderen ging es wohl genauso). Ich weiss nun nicht, was für eine Art Kritik du hier erwartest, doch im folgenden ist jene Art von Kritik anzutreffen, die in dieser Form oft geübt wird.

richtungswende im oktoberschnee.
[blue]wenn das die Überschrift ist...[/blue]
[red]dann[/red]wintersonnwende.
[blue]...ist der Einstieg gut gewählt, da der Übergang fließend ist, jedoch finde ich das einfache [red]dann[/red] etwas primitiv.[/blue]

gewesenes
sind keine tränen mehr
die am rücken trocknen
[blue]schöne Methaper, wenn auch schwer verständlich[/blue]

der blick zurück
tötet
[blue]Ja, aber warum tut er das? Die Aussage hinterlässt eine unbeantwortete Frage.[/blue]

eiswind
dreht den kopf
vorwärts
und das singen der sonnenvögel
hebt ihn
[blue]Sehr schönes Bild mit gut gewählten Methapern.[/blue]

noch [red]zehrst du
vom fett des letzten sommers[/red]
[blue]Verständlich, doch hier fällt der Anspruch doch gegenüber dem vorigen Vers sehr ab, etwas zu einfach und abgedroschen.[/blue]

deine schatten
werden kleiner
passen wieder zu dir
[blue]Schön.[/blue]

gib [red]dem licht ein auge[/red]
und geh dorthin
wo man nicht gehen kann
[blue]Jenen Vers verstehe ich nicht. [/blue]

- die zeit steht
zwischen dir -
[blue]Auch nur schwer verständlich für mich[/blue]

[red]in die sonne[/red]in den horizont hinein
[blue]Auch hier fällt das Niveau.[/blue]

Dein Werk hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck bei mir, da einiges sich mir nicht erschließt. Auch nicht, wenn ich es mit dem Bauch lese, da ich es erst geistig (also mit dem Kopf) erfassen muss, bevor mein Bauch zum Tragen kommt.
Da durchaus die Möglichkeit besteht, dass ich nicht in der Lage bin, dein Werk ohne weitere Erklärungen zu erfassen, warte ich deine Reaktion ab, bevor ich eine Bewertung abgebe.

lg

Uwe
 

guido

Mitglied
...und genau dort liegt mein Problem: ich schreibe nicht Gedichte, um sie zu erklären, ich kann sie nicht erklären. Das einzige, warüber ich erzahlen kann (als Erklärung) ist die Motivation, die mich das Gedicht schreiben ließ, das Gefühl, das mich Papier und Bleistift nehmen ließ, das kann ich dir im Nachhinein sagen, was ich fühlte steht im Gedicht. Konkret auf dieses bezogen, so habe ich schon Kinderherz die Beweggründe genannt; "ausgegraben" und in die Leselupe habe ich es deswegen gestellt, weil es in den letzten Tagen bei uns so was wie ein erstes Frühlingserwachen gegeben hat, da passte es wieder.
Das ist meine Erklärung.
Was für mich sehr hilfreich ist, das sind Rückmeldungen über nicht gelungene Formulierungen, das hast du sehr gut und ausführlich getan, da kann ich doch etwas mit nehmen.
Lieber Uwe, tut leid, falls dir die Erklärung zu dürftig ist, mehr geht nicht. Lass es wirken und sage anschliessend: trifft mich oder geht spurlos an mir vorbei. Beides zählt.
 



 
Oben Unten