rückkehr

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M

margot

Gast
das prokekt lief
ganz nach plan
die schlachthöfe waren übervoll
kein mensch
sah und hörte was
die sonne kümmerte sich auch nicht drum
kaum zu glauben
aber man hatte im fernsehen gesehen
wie sie
die gebeine in kisten verpackt
auf die reise schickten

...


rückkehr


eigentlich hatte er angst. er war zu diesem job gekommen.
ja, wie eigentlich? keiner seiner freunde hätte diesen job angenommen.
wahrscheinlich. so ohne weiteres hatte er sich auch nicht dazu entsclossen.
nein! nichts hielt ihn hier!
er war noch jung. darum also. so ein typ, der nichts rechtes mit sich an-
zufangen wusste. auf den hund gekommen war er. und trotzdem alle
bedingungen geschafft. eine stabile natur war er.
wenn man zu lange darüber nachdachte, fing man an sentimental zu werden,
und das war nicht gut. verflucht, er musste sich zusammenreißen! schließlich
bedeutete das für ihn unabhängigkeit. ein neues leben. das wollte er doch.
das war`s doch. von den eltern. von der freundin. den sogenannten kumpels.
nichts wie weg von hier! und trotzdem spürte er sowas wie trauer. scheiße,
dachte er, jetzt hast du die gelegenheit wirklich auszubüchsen und schiffst
dir vor angst in die hose. törichter bengel!
„noch ein bier“, verlangte er und lächelte die bedienung charmant an.
zupp. zupp.
es war schon ärgerlich. die menschliche rasse hatte es über die jahrtausend-
wende hin nicht fertiggebracht zu überleben. ganz entgegen so mancher
prognosen. damals. sie hatten es einfach nicht verdient. ein gesundes maß
an krieg. nicht die totale vernichtung, sondern wohldosierte kleinkriege.
ein system von überdruckventilen durch die nationen. das menschenopfer.
der krieg wurde zum notwendigen ritual. der kreis schloß sich.
es gab sie, die götter. der egoismus war besiegt. die weltreligion.
die schaumkrone seines pils war dahin. solche und tausend andere gedanken
fegten durch seinen kopf. es drängte sich ihm das bild eines sandsturms auf.
er – inmitten einer wüstenlandschaft im halbdunkel. gespenstige felsen-
massive. wie sich doch manche bilder über jahre im kopf hielten.
vielleicht ein leben lang. was für die psychologie.
gerade ergötzte er sich an der zigarettenschachtel. diese zigarettenschachtel
war ein kunstwerk. oder auch nicht. slurp. dack.
nichts schlimmeres als abgestandenes bier. diese bilder waren sehr wichtig.
sie übersandten irgendeine botschaft. das fühlte er. aus seinem innersten
innern.
der punkt. einen punkt an einem faden um einen festen mittelpunkt in
der ebene gedreht. der kreis. ein kreis um seinen durchmesser im raum
gedreht. die kugel. ein aufgeblasener punkt.
batsch!
weiterspinnen. die nächste dimension ist die zeit. der körper gestaltet den
raum. plastik. gestalt. identifikation. zweck. ein sich ausbreitender körper
verändert den raum. das ist die zeit. die raumveränderliche.
das bier war fast leer. er zündete sich eine zigarette an. das cafe war mäßig
besucht. neben ihm ein pappkamerad, der in einer zeitschrift blätterte.
und gegenüber sah er ein paar augen. neben den zapfhähnen. zrrrt.
das streichholz entzündete sich. der tabak knisterte und glühte, als er an der
zigarette zog, den ellenbogen auf die theke gestützt. es war bald so weit.
für die anderen gestorben. ein tag, zwei tage, eine woche, wie unwichtig.
er war schon jetzt weg. salbei.
„ich bezahle dann.“ er hatte noch etwas altmodisches münzgeld in der
tasche. das wollte er endlich loswerden. was für ein quatsch!
„das geld stirbt“, grinste er zur bedienung.
vergütung. computer. zahlenkolonnen. es verträgt sich. immer so weiter.
das geld stirbt nicht. es ist nur nicht mehr da. genau wie ich, dachte er.
natürlich, natürlich, natürlich nicht. ein cafe im wiener-stil. mamorboden,
runde tischchen mit zierlichen stühlchen-chen-chen-chen.
wie ist das mit den bildern? finstere nacht, der mond im mathematischen
kleinerzeichen. aber klar! um so länger er da hochschaute, desto mehr
helle pünktchen kamen dazu. immer mehr. er schritt durch die fußgänger-
zone, den blick nach oben. die sterne flackerten, als wären sie lebendig.
er hatte gut augen. er winkte den sternen. bis bald, murmelte er und
konzentrierte sich auf den nachhauseweg.



der schatz lag schon im bett. wie furchtbar quietschte es, als er sich
neben sie legte. aber sie rührte sich nicht. ihm war plötzlich so schlecht.
diese decke über ihm – arrrrghh! nicht möglich! wie war das möglich?
er schaute rüber und hoch. huch! er krabbelte aus dem bett und ging
gebückt zum klo. einmal, zweimal, drei- , besser. viel besser.
sie stand hinter ihm.
„sag mal, was ist denn los?“
„mir ist nur schlecht.“
sie streichelte ihm das haar. er richtete sich auf und lächelte ein wenig
gequält.
„hast du zuviel getrunken?“
„nein, mir ist nur ein bisschen schlecht gewesen.“
er spülte sich den mund aus. „wie einem eben so schlecht ist.“
er drehte den hahn zu und trocknete sich ab. dann drückte er sie an sich
und flüsterte in ihr ohr: „du kleines biest, du.“
wie furchtbar quietschte das bett. er dachte an eine schildkröte, die sich
am kinn streicheln ließ, die äuglein dabei genussvoll schloß. einfach
niedlich. neeeeeeeeeeeeee.......eeeeeeeeeee.
verbrannte heuschrecken. kohlrabenschwarz. verschüttete quaulquappen.
wie sie zappelten. ausgerissene froschbeine. katzen getreten. mit der
steinschleuder auf vögel geschossen. aber nie einen runtergeholt.
pure neugierde. und jetzt? aaaah. philosophisches hickhack. seine
freundin ruhte an seiner brust. was ist das?
zeppelin.



die riesigen aussiedlerschiffe lagen fertig in den hangars. sie wurden
beladen. lastkräne, ohrenbetäubender, hohler lärm. gestalten mit schutz-
helmen fuselten über gerüste. ha-lt. knatsch. ein geknarre und gebrumm
war das. apfelsinenkisten, gemüse, tiefgefroren. fffffrrrrrr. latter.
ganze bibliotheken elektronisch verpackt. darf ich meinen apfelbaum
mitnehmen? so nicht. sowas großes. unvorstellbar. metallgebirge. die
schafften arbeitsplätze. materialschlachten. er kaute auf dem hustengutzel,
während auf dem bildschirm die vorbereitungen gezeigt wurden. mit re-
klame gespickt. knäckebrot. glasklar ohne. so ein quatsch! dachte er
ärgerlich. konzentriert schaute er in die röhre. furchtbar zäh war das
morgentliche steak. noch blutig. oder war das messer stumpf? er züngelte
nach den fleischfäden zwischen seinen zähnen. „bringst du mir ein stück
käse mit aus der küche?“ rief er und rutschte in dem sessel rum. große
pakete wurden auf die platform gewuchtet. jetzt blieb das bild stehen,
und ein kommentator rückte in den vordergrund. sprachrohr.
ein großes ereignis. dudeldum. wie oft sprache sie davon. etwa 100
millionen freiwillige. dudelda. einfach phantastisch, nicht? ersparen
wir uns das reporterpolitikerwissenschaftlerpriesterreklamekauderwelsch.
drücken wir den leiserknopf der fernbedienung. wir fahren in eine andere
einstellung. unsere geschichte, deine geschichte. moment! okay. küche.
sie. jogginganzug, pantoffeln, dunkel, sehr dunkel. die nächste! wohnzimmer.
er. jeans, t-shirt, vers, vers, sehr vers.
wie hieß das ? arche noah. sie nannten es arche noah. der im fernsehapparat
sah aus wie ein mechaniker. vollbart, schütteres haar. es fehlte nur der blau-
mann. uuuuuuh. im sessel tat sich was. beine und arme von sich gestreckt.
„der käse.“
„danke.“
brabbel, brabbel machte der fernsehapparat.
„setz dich auf meinen schoß.“
sie knabberte an einem lachsbrot.
„wie eine maus“, sagte er und betrachtete die spuren seiner zähne im käse.
„maus, maus, aus, haus, laus, klaus, raus.“
„ich bin müde“, sagte sie.
„du bist müde“, sagte er.
wohnzimmer. er und sie. arm um taille.
„du bist kalt.“
„hmmm.“
„was ist das?“
„arche noah ohne sintflut“, fing er an, „doch die sintflut haben wir ja.
menschen, menschen, menschen, mensch-schen.“
sie klabusterte sich wieder hoch und gab einen langgezogenen gähner
von sich. er schielte sie an. jetzt ein bier, dachte er, ein bier, jawoll!
„warum bist du so unruhig?“ fragte er. die frage schlängelte sich durch
die wohnung.
„ist mir zu blöd, jetzt schon vor der glotze zu sitzen“, schallte es zurück.
„achso, aha“, und er verzog das gesicht. richtig war`s den job anzunehmen.
hier fiel einem ja die decke auf den kopf! die würden sich wundern!
alle miteinander mit ihren hinterfurzigen gedanken. seine augen glänzten.
er träumte.



vorbei an den ringen des saturns
den riesigen jupiter im rückspiegel
kalter, alter pluto, brrrrr ....
tiefgefroren im jahrhundertschlaf
ganz leicht, bis der
raum seinen ersten knick macht
die große leere zwischendurch, wüste zwischen
galaxien, meteoritenstaub
computernase schnüffelt nach leben
eine oase mit dattelpalmen und orangenhainen
bananenstauten, huhuh!
hier sind wir!
woher wir kommen? schau –
die sternenkarte
diese sonne gibt`s nicht mehr, sagt man
uns, und wir lachen und
umarmen uns und tanzen
von fremder sonne wachgeküsst

guter gott, es ist unmöglich. erde
so dumm. erde. erde. erde. und
eine warme dusche, dann

als würde ein grashüpfer mit einem
satz kontinente überspringen. hinterher
grünes zirp-zirp. eine art



„brummbär.“ sie saß wieder auf seinem schoß.
„was hast du denn gemacht?“
„haar gewaschen“, piepste sie.
„ja, sind ganz naß.“
„läuft denn immer noch derselbe mist?“
„wie du siehst.“
ohne risiko. blink. ohne risiko. blink. ohne risiko. blink.
save our souls. hunger und überbevölkerung bedrohen uns. blink.
melden sie sich jetzt! blink. jetzt. jetzt. blink. die größte rettungsaktion in
der geschichte der. rettet ohne risiko-ko-ko-ko.
bunt aufgemacht hatten sie es. mit allerlei dokumentation. und die tech-
nischen details genau erklärt. prinzip des. ganz einfach. das kennen sie von
der schule. sie sind ingenieur? dann kennen sie sich ja aus. tja, die arbeitslage.
ist nicht zu ändern. nun, herr ingenieur, gerade leute wie sie brauchen wir.
oh, entschuldigung! das wollte ich wirklich nicht ...
macht doch nichts.
aber ihr buch, das wollte ich nicht.
na, ein buch liest man, ist keine dekoration. ich sehe es jedenfalls so. nicht?
recht haben sie, herr ingenieur. wir brauchen praktiker wie sie. trotzdem, es
tut mir leid. kaffeesätze, haha.
„so ein schwachsinn“, zeterte seine freundin, „die machen grade so, als wäre
es die einfachste sache der welt, sich einfrieren zu lassen. und dann blasen sie
einen ins all ohne rechtes ziel. das ist massenmord.“
„massenmord ist, wenn jahr für jahr millionen und abermillionen menschen
auf unserer welt vor hunger krepieren. wir brauchen platz. platz!
in unserer milchstraße gibt es bestimmt zig planeten mit ähnlichen bedingungen.
da oben ist platz.“
kzzz. kzzz.
„würdest du dich vielleicht als tiefkühlkonserve in den weltraum schießen
lassen?“
„ihr bringt mich noch dazu“, und er nickte bestimmt.
(sinnwiederholungen in der unterhaltung wurden absichtlich unterschlagen.
die dialogregie.)
„...“
„...“
die bierdose zischschte beim öffnen. flimmerkiste aus. genug-ug. was für`s
auge und den tastsinn. auf dem fernsehsessel. fernsehsessel. fernsehsessel.
ein schluck. schluckuck. bäch, machte er und fuhr sich mit der hand über den
mund – und?
Stop. ein nichtsnutz. 1 uhr mittags, schon wieieieieieder müde. Stop. trinkt
bier. typisch. Stopp. und sonst? ein arbeitsloser nichtsnutz. Stopp. nicht.
Stopp. lethargie.




die werbekampagne lief auf hochtouren. er kannte zwar niemanden in seinem
bekanntenkreis, der sich auch zu diesem job entschlossen hatte, aber irgendwie
hatten sie die ersten 100 millionen zusammengekriegt. viele alleinstehende
machten einfach die flatter, ohne sich abzumelden. wie damals bei der fremden-
legion. tschüßi! vielleicht sehen wir uns ja wieder. da oben. wir begegnen uns
noch mal. oder? kindliche fragen: hat`s da denselben gott? kommen die in den-
selben himmel? hölle?
j-o-b, das hieß aufgabe. zweideutig. aufgabe und aufgabe. aufgeben und retten.
und: verbreitet die menschliche zivilisation überall im all. parallelen. missio-
nierung im all.
eigentlich floh er vor den großen worten. was scherten ihn aufgaben und recht-
fertigungen? er sah keine bewegung. alles so furchtbar langsam. so öde. wenn
er die politiker hörte. schmähungen. große worte. schlagworte. feindbilder.
die großen männer unserer geschichte. was für eine tragik! trotzdem hatten
sie es geschafft. kein frieden, nein, das feuerchen wurde weiter geschürt.
das hieß gleichgewicht. ratatata. die fassaden des aufgeplusterten weltgeschehens
fielen vor ihm in den staub. erst alles im nebel. dann: die dunklen umrisse einer
gestalt, eines menschen. hager und zerbrechlich, ganz abscheulich, grinste ihn
an aus zahnlosem mund. schnell wieder zumauern! ein andermal sah er
ein auf dem boden kauerndes kind, spielte da ganz versunken. sezierte einen
frosch. glubsch. schnell wieder zumauern! da war was. er war sich sicher,
dass da was war. hallo!
hallo, ja, hören sie mich nicht?!
links und rechts. das kind rieb mit dem zeigefinger am daumen. der war`s
nicht. am anderen daumen war die narbe von dem taschenmesserschnitt.
prüfendes reiben. da ist rechts. seit damals wusste er, wo rechts war.
man bekam so viel beigebracht. nicht nachdenken. es war einfach so.
wieso? seine frage: wieso? seine absolute lieblingsfrage. wieso.




an jenem tag schien die sonne auf den frühstückstisch. ihm war das un-
angenehm. und dennoch ein erfreuliches zeichen. man sah all den staub,
fand er. und dennoch war es freude. der kaffee sah schmutzig aus, und als
er in den spiegel schaute, sah er ein bleiches gesicht und jeden pickel.
über die ersten frühlingszeichen freuten sich die leute. er aß ein butter-
hörnchen und trank den kaffee. merkwürdig. die freundin aß schweigend
gegenüber auf einem holzstuhl. die strahlen tauchten alles in helles, mattes
licht. ihre hand tauchte ein butterhörnchen in den kaffee. das mochte er nicht.
er mochte keine krümel im kaffee. es war ihr kaffee. er legte sich die tages-
zeitung auf der eckbank zurecht und schielte auf die überschriften. die würden
sich nie ändern. der unattraktive text darunter. die fettgedruckte überschrift,
die ihn selbst angin. schlagzeile. heute war stichtag, und auf den letzten seiten
der zeitung zwischen der reklame und den amtlichen bekanntmachungen stand
eine namensliste. ganz winzig kreis heidelberg. er traute sich nicht unter „r“
nachzuschauen. ganz sicher stand sein name dabei.
„bist du fertig mit der zeitung?“ fragte sie und biß in ein marmeladebrot.
dieses süß duftende gelee. er vertrug das nicht. ihm wurde flau.
„wieso?“
„wieso, wieso! weil ich was nachlesen will. verflixt!“ und sie streckte die
hand aus.
„ja, ja.“ er verdrehte den kopf. wann hatte sie das letzte mal die zeitung
verlangt? sie hatten schon darüber diskutiert, sie wieder abzubestellen.
er war dagegen.
„danke.“
„was guckst du denn?“ fragte er unsicher.
da lachte sie hinter der zeitung hervor. „da bist du wohl perplex. aber
schließlich ist eine zeitung zum lesen da. nicht?!“
„ganz sicher.“ er war blaß. „ich habe nachher einen termin beim zahnarzt“,
sagte er und entfernte sich.
„wann nachher?“
„10 uhr 30.“
er ging ins bad und rasierte sich die bartstoppeln weg. er fand sich aus-
gesprochen hässlich an diesem morgen. in der ganzen wohnung gab es
kaum eine dunkle ecke. östliche lage. wie ein zebra sah die wohnung aus.
saugen müsste man auch wieder, seufzte er.
nach der morgentoilette lief er unruhig durch die zimmer und drückte seine
nase an den fenstern platt. wären die benachbarten wohnblocks nicht gewesen,
hätte er eine fantastische aussicht in die rheinebene gehabt. die morgen-
sonne aber schummelte sich irgendwie zwischen die betonberge, wollte ihn
aufheitern. brumm.
er liebte die dichter des 20sten jahrhunderts. er kramte gern in den alten
büchereien. wie viele wahrheiten entdeckte er dort! ganz hingerissen von der
damaligen wildheit und der romanze zwischen mensch und natur, las er
nächtelang. ihre helden. und. er war in die falsche zeit geboren. er. auf
dieser erde hatte sich so viel verändert. man wusste alles mögliche.
für alles eine wissenschaftliche erklärung. gott war eine wissenschaft.
das machte ihm angst. natürlich gab es viele menschen, die mit dem
wissensungetüm ganz prima zurecht kamen. nur, er war einer von der
alten sorte, so dachte er. nicht dumm, nur unpassend. der schuh drückte.
der materialismus hatte die menschen fest in der hand. zu jeder zeit,
dachte er dann, sonst wäre es schließlich nie so weit gekommen. nur das
drumherum änderte sich. er war ganz durcheinander. er stand vor dem
fenster. bruchsicher. ein neuer tag war angebrochen. fliegendreck.
am besten, ich wache nie mehr auf, dachte er. alle hoffnung war ihm
entglitten. der teppich, auf dem er stand, war wichtiger und der krümel
auf seinem pulli. er war ein loch. die wände dieses lochs bildeten die
welt. ein brunnenschacht in endlose tiefe. ein nichts.
er gähnte und stolperte verdattert zur garderobe. in der küche schepperte
das geschirr.
„ich werde dann losgehen!“ rief er.
„hast du gehört?“
„ja!“
er überlegte, ob er nicht gleich die türklinke in die hand nehmen sollte.
aber er hielt inne. schleppte sich in die küche.
„schatz“, krächzte er.
„ja?“
er stellte sich hinter sie, umfasste ihre taille und zog sie an sich. drückte sie.
seine hände glitten unter ihre bluse und umfassten die beiden festen halb-
kugeln. er atmete schwer und lehnte den kopf an ihr haar. roch ihr haar.
„was ist?“ fragte sie und wandt sich ihm zu. sie schaute ihn ganz lieb an.
eichhörnchen. dunkelbraune augen.
„naja“, er lächelte gezwungen und presste die lippen aufeinander.
„es ist der zahnarzt.“ sein gesicht wurde breiter. „wer hat da kein mulmiges
gefühl?“
sie legte die hände um seinen hals und gab ihm einen kurzen schmatzer.
schmatz. er schloß die augen. hatte sie seinen namen in der zeitung entdeckt?
„wann kommst du zurück?“ fragte sie und hatte ein ehrliches gesicht.
aaaaaaaaaaaah!
„kommt drauf an, wie viele vor mir dran sind. aber ich glaub`, bei mir geht`s
schnell. bis mittag“, sagte er überzeugt und hatte bilder von seiner rückkehr vor
augen.
„ich geh dann. tschüß!“
„tschüß!“




im flur unten angekommen, zog er einen brief aus der jackeninnentasche.
besann sich und steckte ihn wieder zurück. in der u-bahnstation warf er
den brief in einen abfallbehälter. was sollte das geschriebsel? die erinnerung
war besser. oder so ähnlich. punkt.
von nun an sehen wir alles ganz nüchtern. klar? keine gefühlsduseleien.
davon bekommen wir nur einen schweren kopf. es gab kein zurück mehr.
vorwärts!




das wartezimmer war voll. eine knisternde atmosphäre. pochenden herzens
pflanzte er sich in eine lücke. er vermied es, die leute zu betrachten. er nahm
eine illustrierte vom stapel. die beine überkreuz starrte er in die zeitschrift.
ein modemagazin. die schwester rief einen namen auf. sein kopf zuckte hoch.
bald würde „r“ an der reihe sein. viele alte leute sah er. das interessierte ihn,
und er schaute schüchtern in die runde. wahrhaftig! vielleicht war er im
falschen warteraum. er würde die schwester fragen. ihm waren die alten ge-
sichter widerlich. schon wollte er aufstehen, denn er fühlte sich hier am falschen
platz. da trat die schwester in den warteraum. er erhob sich halb und stotterte:
„...bin ich eigentlich richtig hier?“
die schwester suchte in ihrer liste.
„robert rand?“ sie hatte eine warme, herzliche stimme. „kommen sie doch bitte
gleich mit mir. er folgte ihr durch einen dunklen, schmalen korridor.
„diese vielen alten leute“, lachte er ihrem weißen kittel hinterher. „da war ich
wohl falsch?“
„nehmen sie bitte auf dem stuhl dort platz.“ sie wies ihn in ein kleines
kämmerchen. „natürlich sind sie aufgeregt.“
„ja“, lächelte er. von so einer schwester ließ man sich gerne einweisen. wie
aus dem modejournal. ob sie wohl was unter diesem weißen vorhang anhatte?
„jetzt gebe ich ihnen erst mal was zur beruhigung.“ sie nahm spritze und
fläschchen aus einer vitrine. scheinbar interessiert verfolgte er jede ihrer
bewegungen. war das ein verlobungsring?
„würden sie bitte den arm freimachen.“
„ja.“
sie beugte sich halb über ihn und betupfte die stelle mit desinfektionslösung.
ein traum, dachte er und starrte in ihren ausschnitt. der busen hing wie eine
überreife frucht in dem kittel.
„bitte halten sie still.“ da piekste es schon.




außerdem:
saubere arbeit, die füchse.
kriegten schon die richtigen an die kandare.
betrug?
solange das gros der menschen nicht das bewußtsein
für die notwendigen maßnahmen hat
theoretisch wäre es durchführbar gewesen
phantastereien. viel zu aufwendig
außerdem hätte sich alles rausgeschoben. zu spät!
es wurden nur diejenigen abgeschoben, die ...
andere wollte man gar nicht überreden. leider
gibt es eine menge solcher unnützer elemente
das klingt hart. aber. wenn die natur nicht
von selbst ins gleichgewicht kommt
und außerdem: ist es nicht viel menschlicher
menschen entscheiden zu lassen, wen ...
so bleiben kinder von der auslese verschont
geschickt eingefädelt. einiges an überredungskunst
wenn man den geheimen statistiken glauben darf
wurden ca. 65 prozent der zielpersonen erfasst
die angehörigen? traurig, aber, das nicht selten
erleichterung. außerdem:
im guten glauben
dass die da oben im paradies landen werden. na?
da könnte man glatt neidisch werden. haha
sind richtige helden. haben die menschheit vor
dem erstickungstod gerettet. soll ja bloß ein
bisschen sauber aussehen für die geschichtsbücher
schließlich
ach was!
die krankenschwester? macht ihren teil. versteht
die zusammenhänge nicht. sehr präzise
ausgearbeitet
 

jon

Mitglied
Teammitglied
fesselnd

Angsichts der Uhrzeit nur noch Stichpunkte:

fesselnd, beängstigend glaubhaft, in dieser etwas russisch anmutenden Mentalität ein wenig schwer zu lesen, formatierungsbedingt (inhaltlich falsche Zeilen-Teilungen) manchmal sehr mühsam zu lesen, vielleicht ein klitzeklein wenig zu lang (für den Schwierigkeitsgrad) (ich wollte mittendrin zwei-,dreimal fast aufgeben)

Am tiefsten sitzt bei mir die Passage, als „schatz“ die Zeitung verlangt. Ich glaube, das berührt mich mehr als alles andere…
 
Zustimmung

Ich schließe mich jon an, gefällt mir sehr gut( wirkt zum Teil etwas durcheinander), aber ist für meinen Geschmack eindeutig zu lang.
Kürzer wäre besser gewesen, trotzdem spende ich Appplaus
 
M

margot

Gast
danke für`s lesen

das problem ist, daß heutezutage alles zu lang ist.
ich schrieb diese story 1987. die zeilenverschiebungen
kamen erst beim reinsetzen zustande. leider bin ich
kein computerspezialist, also nahm ich es in kauf.
danke, daß ihr die ausdauer hattet, sie zuende zu lesen.
damals wohnte ich noch bei meinen eltern - und dieser
stoff des ausbrechen-wollens drängte sich mir auf.
mit ein paar pils und der nötigen phantasie wurde diese
geschichte daraus.

margot
 



 
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