salto mortale

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
[ 4]salto mortale


du fährst ins parkhaus – über der leitung
vom tunnelschlauch schweben grinsende rochen
da öffnet sich weit aufatmend die halle
check ein gate zwei nimm dir eine zeitung

du fliegst nach hause du denkst an die kleine
die alles dir zeigte in stunden wie wochen
melodisch und lang dich beatmend im falle
bevor euer schirm – reiß die leine die leine!

denn dünn ist die leere dort zwischen den sternen
wir hätten verloren dich hätten vergessen
daß du existierst doch wir sind nur die stimmen
verhallender verse gedenken der fernen

doch dir tönte jene die rief dich ins leben
artistisch zurück da im jet du gesessen
die stewardess stürzte mit dir durch die schlimmen
verstrickungen tief in den sprungnetz geweben
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Sehr gerne!
Vor allem die dritte Strophe ist grandios. Das ist eines der Gedichte hier, die ich öfter besuchen werde.

Liebe Grüße
Manfred
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
danke!

Ja, Franke, in der Strophe bricht die Ekstase durch, bricht durch die Imaginationsschleifen, in ein anderes Medium hinein. Der Trapezkünstler hat die Stange verlassen, fliegt.

grusz, hansz
 

Tula

Mitglied
Hallo Mondnein

bei so mancher Stewardess kommen mir auch "Freier-Fall-Träume", man wird ganz traurig, wenn man wieder landet, ein weicher und doch harter Aufprall ... :)

In der ersten Strophe V1 und V4, warum sind die kürzer? - Das macht die erste weniger melodisch als die anderen.

LG
Tula
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
lschl, chschw, ngr,

GrüßDich, Tula!

Ich schreib mal die Akzente über die Zeilen in Strophe eins bzw. färbe sie [blue]blau [/blue]ein (weil Akzente nicht auf die Umlaute passen); diese Strophe kommt mir selbst natürlich ganz regelmäßig vor - unbetonter Anfang (iambisch), vier Hebungen pro Vers, "weiblicher" Ausklang:
du f[blue]ä[/blue]hrst ins p[blue]a[/blue]rkhaus – [blue]ü[/blue]ber der l[blue]ei[/blue]tung
vom t[blue]u[/blue]nnelschl[blue]au[/blue]ch schweben gr[blue]i[/blue]nsende r[blue]o[/blue]chen
da [blue]ö[/blue]ffnet sich w[blue]ei[/blue]t auf[blue]a[/blue]tmend die halle
check [blue]ei[/blue]n gate zw[blue]ei[/blue] nimm d[blue]i[/blue]r eine z[blue]ei[/blue]tung
Es sind auch alternative Lesarten möglich, z.B.
vom t[blue]u[/blue]nnelschlauch schw[blue]e[/blue]ben gr[blue]i[/blue]nsende r[blue]o[/blue]chen
oder in der dritten Zeile "sích weit auf átmend", aber die hier zuerst (oben) aufgeführte Version liest sich wohl flüssiger - ohne daß ich das festlegen muß. Es dürfen (in meiner spontanen Lesart) nur nie zwei betonte Silben hart nebeneinandergeraten.
In der Tat liest sich der zweite Vers durch die Konsonantenhäufungen schwergewichtiger, träger, gedehnter als etwa der erste Vers davor. Ich glaube, ich lese "vom tunnelschlauch schweben" doch meistens so, wie die erste Version "gebläut" ist: "túnnelschláuch schweben", wobei das "schweben" noch einen leichten Nebenakzent hat, wie ein Dreiklang abwärts "schlauch schweben", díng dèng dang, eine Walzerverzögerung, die dann im folgenden Daktylus "grinsende" eine rhythmische Wiederholung hat. Jedenfalls mit der fast schon gleichschwebenden Verzögerung, die sich schon durch die Konsonantenhäufungen (lschl, chschw, ngr) ergibt.

grusz, hansz
 

Tula

Mitglied
Hallo Mondnein

danke für die ausführliche Antwort. In der Tat würde ich es wie die Alternative, also

vom t[blue]u[/blue]nnelschlauch schw[blue]e[/blue]ben gr[blue]i[/blue]nsende r[blue]o[/blue]chen

lesen, und dann scheint nach dem Schweben irgendwie eine Silbe im 'Dreiertakt' zu fehlen.

Wie dem auch sei, du siehst, ich mag diese Gedichte in der Tat melodisch, dann kommt das 'mit den Worten spielen' besser zur Geltung.

LG
Tula
 

rag

Mitglied
Hallo Mondnein,

ein sehr schönes Gedicht, wie ich finde. Da ich eher Konsument als Kritiker bin, spare ich mir eine tiefere Analyse und gebe ersatzweise ein paar gute Punkte.

Freundliche Grüße

Rainer
 



 
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