slow down

mortisha

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Dem Tag quoll die fette, süße Frühlingsluft nur so aus den Poren. Es war wie die Wirkung einer teuren Droge, mit dem Duft nach nasser Erde und Benzin drang es in die Tiefen seines Körpers vor, zersetzte seine Gehirn und lähmte seine Glieder. Der Weg lief unter seinen Füßen, als gehörte er genau dort hin. Der Himmel erging sich in einem angeberischen Blau, und es roch, es klang und es schmeckte nach Frühling. Er schlenderte vorsätzlich unter den Bäumen dahin, stahl sich Zeit und horchte in den nachmittäglichen Lärm der Siedlung. Ein wenig musste er sich wehren gegen die Assimilation des Gefühls, das die Sonne erzeugen konnte, wenn das Thermometer begann, über zehn Grad plus zu klettern. Er war ausgefüllt mit einer Selbstzufriedenheit von der Größe eines Gran Canon und viel zu feige, es zu genießen. Nicht einmal eine Zigarette hätte den Augenblick noch steigern können. Da war wenig, was noch in seinem Kopf passierte, es geschah mehr darüber oder darunter, aber es war nicht sein Körper und mit Räumlichkeit nicht zu beschreiben. Was in ihm Gestalt annahm, war die Erinnerung, eine Erinnerung an Straße und Kreide, an den Geruch, den seine Haut bekam, wenn die noch ein wenig kühlen Tage begannen, länger zu werden. Ein Erinnern wie ein Traum, der sich auf Gerüche und Geräusche beschränkte. Die Erinnerung war so präsent, sie spann ihre Fäden unerträglich sanft um sein Sprachzentrum, das er ohnehin nicht in der Lage sein würde zu benutzen. Nie war er stummer als jetzt. Auf seiner Zunge lag die Vollkommenheit dieses unvollkommen Augenblicks voller Sehnsucht, wieder Kind sein zu können. Selbst in dem Moment, wo du glücklich bist, da und das zu sein, wo und was du bist, bist du noch in der Lage, dir vorzumachen, dir würde etwas fehlen. Er holte tief Luft, pumpte die fette, dreckige Frühlingsluft in seine winterverklebten Lungen und steckte die Hände in die Taschen. Grinsend ging er weiter und betrachtete im Vorbeigehen die grünen Flecken zwischen den Schlammfurchen der Wiesen.
 



 
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