strandläufer

habe keine freiheitsstatur
und würde am liebsten
unterdrücker unterdrücken gnadenlos
träumen von fluchtflugversuchen mit
möven kreischen und der krähe
hinterherwaten durch
sand leckende wasserzungen

stemme mich gegen sturm gebeugt
am strand lauf ich gezeiten hinterher
bücke mich nach vollständigen muscheln
im treibholz und sammele gar nichts mehr
gegen windstärken starre ich
ins weitere zwischen gischtkrone und wellental
ein angefressener fisch versandet
neben netzresten liegt
angekohlt ein stück balken

suche immer noch
eigentumswohnung mit meeresblick
 

HerbertH

Mitglied
Lieber Karl,

beim zweiten Lesen wurde es immer besser. Ein sehr plastisch geschildertes Wechselspiel zwischen äußeren und inneren Befindlichkeiten.

LG

Herbert
 

Perry

Mitglied
Hallo Karl,

mir gefällt das Spannungsfeld zwischen der eher resignierenden Suche im Treibgut und der idylle "Haus mit Meerblick" gut, auch wenn ich mir das Ganze noch mehr verdichtet wirkungsvoller vorstellen könnte. Z.B. kommt das Windbild zweimal (Sturm, Windstärken) vor auch die Strandimpression, mit Fisch, Netz und Balken ist für mich (zu) üppig. Bei der Möwe hast du die Wiederholung mit der Krähe vermieden, wobei ich ein wenig unsicher bin, ob diese ein typischer Strandläufer ist.
LG
Manfred
PS: "sammle"
 
habe keine freiheitsstatur
würde am liebsten
unterdrücker unterdrücken gnadenlos
träumen von fluchtflugversuchen mit
möven kreischen und der krähe
hinterherwaten durch
sand leckende wasserzungen

stemme mich gegen sturm gebeugt
am strand lauf ich gezeiten hinterher
starre ins weitere zwischen
gischtkrone und wellental
ein angefressener fisch versandet
neben netzresten

suche immer noch
eigentumswohnung mit meeresblick
 
Lieber Herbert,
danke für dein mehrmaliges Lesen und für deinen Kommentar.
Wie du sehen kannst, habe ich noch ein wenig am Text gearbeitet und hoffe, meine zweite Fassung gefällt dir besser.
Herzliche Grüße
Karl
 
Lieber Manfred,
auch auf Grund deines Hinweises habe ich noch am Text gearbeitet. Ich hoffe, er gefällt dir jetzt besser.
An der holländischen Nordseeküste sieht man immer weniger Möven (Nahrungsmangel) und immer häufiger Krähen und Dohlen.
Die Krähe sollte also nicht die Wiederholung vermeiden.
Außerdem symbolisieren Rabenvögel den Tod und halten sich oft auf Friedhofsbäumen und abgeernteten Feldern auf...
Liebe Grüße
Karl
 
habe keine freiheitsstatur
würde am liebsten
unterdrücker unterdrücken gnadenlos
träumen von fluchtflugversuchen mit
möven kreischen und der krähe
hinterherwaten durch
sand leckende wasserzungen

stemme mich gegen sturm gebeugt
am strand lauf ich gezeiten hinterher
starre ins weitere zwischen
gischtkrone und wellental
ein angefressener fisch versandet
neben resten eines netzes

suche immer noch
eigentumswohnung mit meeresblick
 

Perry

Mitglied
Hallo Karl,

Daumen hoch! Durch die Änderung ging nichts Wichtiges verloren und die Bilddichte hat sich erhöht.
LG
Manfred
 

Charmaine

Mitglied
Wer am Meer steht, wendet sich ab von der Welt. Aber man hat den freien Blick in die Ferne und kann sich viel zusammen träumen. Dann ist es egal, welche Gestalt man angenommen hat. So findet man natürlich nicht seine Eigentumswohnung. Oder besser: wenn die Häuser schon so nahe beim Meer stehen, macht´s auch keinen Spaß mehr.
LG
Charmaine
 
H

Heidrun D.

Gast
Lieber Karl,

in der jetzigen Fassung gefällt mir dein Gedicht sehr gut.

Du schilderst einen typisch-menschlichen Zwiespalt: Da ist einerseits der unauslöschliche Wunsch nach dem Haus am Meer (natürlich Reetdach!), der Wunsch, der gewöhnlichen Unbill des Dasein zu entfliehen, andererseits das Wissen darum, dass es sich selbst in der Fantasie um eine Scheinidylle handelt ... also für immer gefangen zu sein im eigenen Netz.

Tja.
Heidrun
 
Liebe Heidrun,
wir sollten einen Gefangenen-Shanty-Chor aufmachen.
Jaja, die Sehnsucht nach Idylle, die ich gleichzeitig verabscheue, weil sie nicht das Leben ist. Schließlich gehört zum Lyr-Ich immer auch ein Alter Ego.
Danke für dein Mitfühlen und dein Lob.
Gruß
Karl
 
H

Heidrun D.

Gast
Schließlich gehört zum Lyr-Ich immer auch ein Alter Ego.
Hoffentlich! Obwohl ich sagen muss, dass ich schon dem LyrI mit einer gewissen Skepsis gegenüberstehe ... ;)

Von nix kommt halt nix :D
Heidrun
 

Mara Krovecs

Mitglied
Hallo Karl,

für mich ein deutliches Sehnsuchtsgedicht, Sehnsucht nach Verschiedenem, nicht nur nach der Strandidylle, auch nach echtem Rebellentum mit Herz und letztendlich schimmert noch ein Funken Hoffnung durch, einen Weg zu finden,Unmögliches miteinander zu verbinden.Hab ich gerne gelesen, denn es ist auch ein lebendiges Meeresrauschen darin zu hören und zu sehen.



Herzliche Grüße aus dem Ostseeraum


Mara
 
Hallo Mara,
über deine Interpretation und dein Lob habe ich mich sehr gefreut. Herzlichen Dank. Du lebst im Ostseeraum?
Ich bin in Lübeck geboren, wohne seit 1972 in Köln und Umgebung und habe Sehnsucht nach dem Meer. Der Rheín mit seinem Süßwasser ist nicht einmal ein schwacher Ersatz...
Liebe Grüße
Karl
 

Mara Krovecs

Mitglied
....ich wurde auch in Lübeck geboren und lebe nun im Kreis-Herzogtum Lauenburg ( bei Ratzeburg)
Eine Weile lebte ich in Niedersachsen, aber die Sehnsucht nach dem Rauschen der Wälder und der Ostseewellen hat mir keine Ruhe gegeben ...nach 10 Jahren kehrte ich zurück und habe das nie bereut.

Mara :)
 

Mara Krovecs

Mitglied
Meine Bewertung wäre eine 8;

ich müste Negativbewertungen sammeln, um wieder normal bewerten zu können, ich weiß nicht, ob ich das möchte ....

Mara
 



 
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