stuck brüche

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AchterZwerg

Gast
Hallo Julia,
gehe ich von der Fuge als einer Verbindungstelle und eben auch von dem dazugehörigen winzigen Zwischenraum aus, ist dir hier ein kleines Meisterwerk gelungen. - Nicht, dass mich dies wirklich wunderte ...
Im Grunde hast du dein Gedicht im Stil einer Fuge gearbeitet: Exposition: Die erste Stimme trägt das Thema vor (Dux). In der Folge kommt eine zweite Stimme hinzu, die das Thema nun als Comes (lat. „Gefährte“) versetzt vorträgt.
Am Ende wird das ursprüngliche Thema wieder aufgegriffen, hier mit Leid verbunden.
Gerade dieser Bruch im (schmucken) Stuck der Verzierung, die leise Klage am Ende, macht dieses Gedicht zu etwas Besonderem. :)
Beim Vers:
zu scharfes glas gibt zu er trinken
leuchtet mir das "er" (Abkehr? Fuge = Flucht?) nicht
g a n z ein. -
Es war mir eine Freude, mich mit diesen schönen Versen zu befassen.
Heidrun
 
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AchterZwerg

Gast
Es folgt Teil II

Ach, Julia, belle, ach, Julia, belle, du bist so herrlich intellektuell ... schrumdibumm ... :)
Trotzdem handelt es sich natürlich um ein Liebesgedicht, das auf einer Ebene von Gefühlen zu einem Gefährten, auf anderer Ebene von der Liebe zur Musik und Lyrik handeln kann. In einer dritten Lesart wird sogar das Fugen als Vorgang im Handwerk angesprochen (Hier wieder Rückgriff zur Musik: die Kunst der Fuge).

Mein absolutes Higlight ist das Schlüsselnotenbein, ein so bezauberndes, zärtliches Wort ...

Das Bewunderswerte am Gedicht ist, dass alle Ebenen gleichzeitig angesprochen werden und deshalb Kopf und Sinne zusammengefügt werden. Wohl der, die über solche Fugenkunst verfügt:
ein Spiel mit Worten, mit Begriffen, das tiefes Fühlen widerspiegelt. Gaaanz hinten auch ein bisschen "rrrussischä Seelä ..."
Heidrun
 
Denk ich an Julia in der Nacht,
ist Rätselraten angebracht.
Doch auch nach vielen Lesestunden
hab ich die Lösung nicht gefunden.

Trotzdem, liebe presque rien, habe ich mich gefreut, von dir zu lesen.
Interessant sind deine Gedichte ja allemal.

Es grüßt
Marie-Luise
 

Sta.tor

Foren-Redakteur
Ach Heidrun,

bei aller Bewunderung glaube ich, dass Du bei diesen "Bruchstücken" irgendwie auf dem Holzweg bist. Man müsste sich die große Mühe machen alles in die richtige Reihenfolge zu bringen. Da ist ne ganze Menge umzusortieren. Und es scheint viele Möglichkeiten zu geben.
Wortspiele, wie es Julia liebt.


VG Sta.tor
 
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AchterZwerg

Gast
@ Sta.Tor
Um Ferkelkram könnte es sich auch handeln; den nehme ich aber als Teil der Amore ... :cool:
 
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AchterZwerg

Gast
Ich gebe auf. - Es geht doch nicht um Celan?
Für mich ist das Gedicht offenbar zu verschlüsselt. Eine Zusatzspur hätte ihm vieleicht nicht geschadet ...
 

presque_rien

Mitglied
Liebe Heidrun,

Vielen Dank für Deine netten Kommentare und das genaue Lesen :).

Es freut mich sehr, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, einiges zu entschlüsseln, was hier vers-schlüsselt ist... das mit der Fuge als Musikstück und Verbindungs- aber auch Trennungsstelle ist auch für mich das zentrale Bild (das "gefügt" gehört da auch noch hinzu, und die Gegenüberstellung von Nacht und Morgen usw.).

Und auch mein Lieblingswort ist hier "Schlüssel Noten Bein" (ich wollte zuerst "Noten Schlüssel Bein" schreiben, damit "Schlüssel" in der Mitte ist, und die zwei Komposita bildet - aber ich wollte auch, dass "dein Schlüssel" hervorsticht).

An Liebende habe ich natürlich auch gedacht, und an Celan auch.. ich wollte zuerst irgendwo etwas von einer "Lebensfuge" oder "Liebesfuge" anbringen, aber die Assoziation wäre dann doch sehr unangebracht, das ist mir zum Glück doch noch aufgefallen ;).. Deshalb, wenn ich an Celan gedacht habe, dann eher an "So schlafe..." - eins meiner liebsten Gedichte aller Zeiten, das ich auch nach jahrelanger Auseinandersetzung immer noch nicht verstehe ;).

Aber ich würde mir jetzt nicht soooo viele Gedanken um eine präzise Interpretation hier machen ;).. Stator hat schon Recht, es ist ein Spiel, man kann eben einzelne Bruchstücke umsortieren und bekommt verschiedene Dinge raus.

Z.B. bei
... ein
zu scharfes glas gibt zu er trinken
könnte man das "er" umsortieren und bekommt "ein zu scharfes Glas gibt er (der Morgen) zu trinken". Aber wenn man das "er" an seiner Stelle lässt, kann man es zum "trinken" ziehen und bekommt "zu ertrinken". Das "gibt zu" verschmilzt phonetisch zu "gib zu", man könnte dann auch "gib zu, es ist ein zu scharfes Glas (um es) zu trinken - es bleibt nur, zu ertrinken" lesen, wenn man will. Also ich möchte keinesfalls behaupten, dass der Leser das alles so lesen muss, aber das sind alles Gedankenpfade, die ich beim Schreiben hatte..

LG Julia
 
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AchterZwerg

Gast
Keine Gedanken machen? Bei diesem Gedicht? :D
Im Gegenteil! Mich packte irgendwann der wilde Ehrgeiz ... gottlob lag ich nicht ganz falsch, sonst würde ich mich den Resttag über grämen. :cool:
Die Sache mit dem Ertrinken war schon klar, ich hätte aber, von meiner Lesart her, in diesem Fall ein "Du" einleuchtender empfunden.
Bzgl. Celan gleichen sich unsere Gefühle aufs Haar. Irgendwie möchte man sich an diesem Lyrikgott nicht "vergreifen", dem Meister aller Meister.
So schlafe, und mein Aug wird offen bleiben.
Der Regen füllt`den Krug, wir leerten ihn.
Hier habe ich sogar die Seitenzahl im Kopf (46). :)
... wenn ich recht überlege, haben deine Verse mit diesem Gedicht zu tun.
 



 
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