theaterstück mit ironie versehen

zettelstraum

Mitglied
Kleines Theater ohne Wirkung

Die Personen:

Iphigenie
Tauris
Hanni
Nanni

Die Vorgeschichte:

Hanni geht mit ihrer Schwester Nanni im Wald spazieren. Sie reden über Alles und Nichts. Auf einer Lichtung treffen Iphigenie auf Tauris. Irgendwie wollen sie die Szenerie verdrängen. Man weiß nicht.

1. Szene:

Hanni: „Weißt du?"
Nanni: „Was du denkst?"
Hanni: „Glaub schon."
Nanni: „Dann ist gut."
Hanni: „Ja."
Nanni: „Nein, denn..."
Hanni: „Was? Sprich`s nicht aus!"
Nanni: „Du weißt schon?"
Hanni: „Iphigenie..."
Nanni: „...auf Tauris."
Hanni: „Pfui!!!"
Nanni: „Komm, laß uns hören, was sie sich erzählen."

Und so schleichen sie durch die Büsche, so nah wie möglich, an das philosophische Paar.

Iphigenie: „Du edler Freund meiner Liebe, willkommen seien mir deine Triebe."
Tauris: „Ach, mein edles Weib, schein verzaubert von deinem Leib,
erquick mich in der Wonne, der untergehenden Abendsonne."
Iphigenie: „Ach, wie die Vögel lieblich singen, uns ein schönes Ständchen
bringen,
und wir umarmt im Freundesbunde, verbrennen in der
Lebenswunde."
Tauris: „O Freundin meiner Sinne, wie schön ist die Liebe am Beginne,
wenn jede Zeit uns frei, Traurigkeit uns einerlei."
Hanni und Nanni sehen zwei Körper, hören zwei Sprachen, aber haben doch nur eine Scheu: darüber zu reden.

Hanni: „Wie schön war es doch bei Tantchen vor Stunden."
Nanni: „Ja, der Kuchen hat so gut geschmeckt."
Hanni: „Ja, mein Magen ist so richtig voll - und jetzt so etwas!"
Nanni: „Von so etwas hat uns Tantchen noch nicht erzählt."
Hanni: „Dann müssen wir nur einfach aufpassen was weiter passiert, oder?"
Nanni: „Ja. Aber dem Tantchen dürfen wir nichts davon erzählen."
Hanni: „Nein, da hast du Recht."

Und so lauschen sie weiter dem Gespräch der beiden Verliebten, die ihre eindeutige Stellung nicht mehr halten können und nun nebeneinander, nackend, auf dem Boden liegen.

Iphigenie: „O Tauris, liebster Knabe, Dein Körper ist wahre Göttergabe.
Ja, wirklich wahr, vom sanften Fuße bis zum goldenen Haar.
Alles frohlockt und jubeleit, welch schönes Schicksal mir dein
Geleit."
Tauris: „Ach, güldne Büste der verlorenen Geister, gern befehl ich meinen
Meister,
mich in die Liebe einzuführen, wenn du mich zum Schatz magst
küren,
deiner Wünsche, deiner Ideen, treibendes Floß auf tausend Seen."
Iphigenie: „Gib deine Hand mir auf die Brust, so zehrt an mir die Lust,
dir zu schenken, das von dir verlangte, wenn`s mir auch arg bangte
mein Herz ganz und gar zu verlieren, wenn ohne dich auf Erden muß
gastieren."
Tauris: „Noch drei Tage sind über, wünscht ich mir auch lieber
es wären derer mehr, so muß ich denn, aber auf baldge Wiederkehr."

Und sie umarmen sich weinend, ihre nackten Körper aneinander pressend.

Hanni: „Was spinnen sie aus?"
Nanni: „Weiß nicht. Sie weinen."
Hanni: „Ja, schon."
Nanni: „Wie schön er doch ist, wenn er weint."
Hanni: „Ja, sehr."
Nanni: „Möcht ihn pflücken, ganz zart drücken."
Hanni: „Nanni, wenn das Tantchen wüßte, hörte, sähe, oh wehe!"
Nanni: „Du hast recht."
Hanni: „Aber warum weinen sie denn?"
Nanni: „Werden wir bald sehen, aber ich muß einmal."
Hanni: „Jetzt!?"
Nanni: „Ja! Gehst du mit?"
Hanni: „Ja, schon."
Nanni: „Danke. Ich würde auch lieber da bleiben."
Hanni: „Aber wir kommen ja wieder."
Nanni: „Gut, aber jetzt müssen wir gehen, es drückt mich arg."

Und so entschleichen sie so leise wie sie gekommen waren zu der nächsten Buschreihe. Das philosophische Paar bleibt für`s erste allein zurück.

Iphigenie: „Nimmst du das Rascheln wahr, im Gebüsche sonderbar?"
Meinst auch du, man hört uns zu?"
Tauris: „Aber nein, sicher nicht, ich seh kein menschliches Gesicht;
wahrscheinlich nur Getier, welches wohnt im Walde hier.
Doch Liebste darf ich ehrlich sein, so frage ich - im Herzen rein - :
Warum läßt man mich allein, bist du nicht auf ewig mein?"
Iphigenie: „Mein Herz und meine Trauer schenk ich dir für diese Dauer.
Mögen sie deine Ängste teilen, dich tragen beim Verweilen."

Und zart drückt sie seinen Kopf in ihren Schoß...
Hanni und Nanni haben einstweilen ihre Plätze wieder eingenommen.

Hanni: „Ja, was machen sie nun schon wieder?"
Nanni: „Sie verstecken sich unter einem eingebildeten Tisch."
Hanni: „Was redest du, Nanni?"
Nanni: „Ich weiß nicht, wie ich`s anders nennen soll."
Hanni: „Na gut, dann nennen wir`s halt verstecken."
Nanni: „Ja."

Nach einer Weile.

Hanni: „Ich bin müde."
Nanni: „Ich auch."
Hanni: „Glaubst du, sie spielen noch lange verstecken."
Nanni: „Hoffentlich nicht."

Nach einer langen Weile kann sich ihr Gespräch fortsetzen.

Hanni: „Schau, jetzt sind sie auch müde."
Nanni: „Ja, auch sie."
Hanni: „Komm, ein bißchen bleiben wir noch, es ist noch Zeit."
Nanni: „Ja, wir erzählen Tantchen einfach, wir hätten Rehe gesehen, die
miteinander lustig spielten."
Hanni: „Ja, sehr gut."
Nanni: „Meinst du, sie wird uns glauben?"
Hanni: „Ja, doch, wir lügen ja nie."
Nanni: „Gewiß."
Hanni: „Aber wenn wir uns verhaspeln?"
Nanni: „Das werden wir schon nicht."

Sie steigern sich immer mehr in ihr Gespräch herein, so daß sie gar nicht merken, was um sie herum geschieht. Denn:

Tauris: „Iphigenie, mich dünkts nicht gar vergeben, ich müßte mich erheben;
hinter`s Gebüsch mich zu begeben um Flüssigkeit von mir zu
geben."
Iphigenie: „So tu wie`s dich empfindet, kein Zwang dich an mich bindet."

Und auf dem Weg zu seinem Tun, sieht er die Beiden im Grase sitzen;
er kann nicht umhin, nicht ruhn, ohne kurz nach ihnen zu spitzen.

Hanni: „Aber Tantchen hat doch sicher auch Verstecken gespielt."
Nanni: „Aber doch nicht so lang. Und Tantchen sähe doch ohne Kleider nicht so
schön aus."
Hanni: „Du denkst ja auch nur an den Jüngling!"
Nanni: „Aber er ist doch soooooo schön, nicht wahr?"
Hanni: „Schon, ja, du hast recht. Er ist so schön wie ein saftiger, roter Apfel."
Nanni: „So schön wie ein Bild von Opa, als er noch jung war."

Der Jüngling denkt, daß es genüge, macht ein End mit seiner Lüge,
betritt die Szene mit Gelächter. Keine Blicke wären gerechter,
als die seinen, mit denen er lacht und gute Miene zum bösen Spiele macht.

Tauris: „Ei, ihr beiden Wunderwesen, sind doch Menschen da gewesen,
die belauschten unser Treiben, anstatt brav weit weg zu bleiben,
Könnt ihr warten, ihr zwei Guten, ohne am Zweifel zu verbluten?
Ich muß ganz kurz verschwinden, doch wünsch euch hernach wieder-
z`finden."

Damit verschwindet er, seinem körperlichen Drängen nachgebend.

Hanni: „Ach, Nanni, warum redet er so komisch?"
Nanni: „Ich weiß nicht, vielleicht ist er krank."
Hanni: „Im Kopf meinst du?"
Nanni: „Na ja, vielleicht."
Hanni: „Ich glaub nicht."
Nanni: „Du glaubst mir nicht, deiner Nanni!? Du machst mich traurig."

Hanni streichelt ihrer Nanni sanft die Backe und entschuldigt sich, als Tauris plötzlich wieder vor ihnen steht.

Tauris: „O wunderschöne unschuldige Verzeihungslaune,
ich gestehe, daß ich hierbei staune."

Hanni und Nanni schauen sich erstaunt an, werden rot vor Scham, trauen sich nicht, ein Wort zu sagen.

Tauris: „O welch Scham auf diesen Bäckchen, in jenem schuldigen
Versteckchen.
Noch nie bemerkt ich solch ehrlich Scham, macht meine Schritte gen meiner Liebsten lahm,
doch es ruft der ersten Liebe Reiz, o verflucht sei dieser Geiz!"

Damit verschwindet er wieder hastig zu seiner Geliebten, die sehnsuchtsvoll ihn schon erwartet.

Iphigenie: „O liebster, schöner Wundergatte meines Seins,
letzter Tropfen eines edlen Weins,
laß dich auf`s neue trinken,
menschlicher Wunsch zu versinken
in der Liebe kühnsten drang,
gleich sei eigen meinem Zwang!"

Und schon entwendet sie ihm seine kleidliche Umhüllung und möchte ihn in die ferne Leere - nur ausgefüllt mit ihrer Liebe - blicken lassen, da nimmt er ihre Hände in die seinen und bittet sie, ihm zuzuhören.

Tauris: „Laß dir berichten, was geschehen,
während ich entschlich auf leisen Zehen.
Ich entdeckte die lauschenden Ungetiere.
Zu zweit waren deren Beine viere.
Ja, zwei Menschen aus Fleisch und Blut,
unschuldig, verlassen von ihrem Mut,
als ich sie entdeckt,
und herausfand, was sie ausgeheckt.
Zwei junge Damen, frisch und frech,
verrieten unbewußt ihr Liebespech.
Beide hielten viel von jenem Knaben,
welchen sie belauscht dort haben,
doch fürcht dich nicht, edle Liebe,
unschuldig sind ihre Triebe.
Sie sind geweiht dem kindlichen Frieden,
so sonderbar, daß sie meine Blicke mieden.
Als daß ich fremd, nicht Mensch sei,
doch meine Liebste, es bleibt dabei:
Getrennt haben sie mich nicht von dir,
geliebt sei deine Nähe hier bei mir.
Nur darf kein Donner über uns wüten,
weil ihre Knösplein so zart blüten,
daß sie mich erfreuen, mich wecken,
mit Lächeln auf dem Gesichte bedecken."
Iphigenie: „Tosendes Rollen in meinem Fluß
der Freude, Verdruß,
wie plötzlich du vollkommen
von zwei Frauen eingenommen..."
Tauris: „Nein, Frauen waren`s nicht,
Mädchen mit unschuldigem Angesicht."
Iphigenie: „Ja, mein liebster Knabe,
Eifersucht ist tödlcihe Gabe,
doch laß uns von hier verschwinden
bevor meine Ängste die beiden finden,
und ich, nicht wissend deiner Treue,
verbreche, was ich nachher doch bereue."
Tauris: „Gern würd ich dir die beiden zeigen,
brav versteckt hinter jenen Zweigen,
doch fürcht ich mich der dunklen Wolken über mir,
sind auch Sturm, Regen, Gewitter noch fern von hier.
Vielleicht gibt`s noch Tage mit Versuchen,
diesen Ort des Liebestreffen aufzusuchen."

So verschwinden denn Tauris und Iphigenie von der Bildfläche, verfolgt von den Blicken Hannis und Nannis. Nach einiger Zeit finden sich deren Augen wieder und sie fliehen in ihre geschwisterliche Zweisamkeit.

Hanni: „Nanni, sollen wir wiederkommen?"
Nanni: „Wer hat`s uns denn übel genommen?"
Hanni: Keiner, nicht wahr?"
Nanni: „Klar nicht, Hanni, klar."
Nanni: „Gut, dann laß uns jetzt aber nach Hause gehen."
Hanni: „Bis bald schöner Jung, auf Wiedersehen!"
( zu sich selbst )

So verlassen denn auch Hanni und Nanni die Bühne.

Der Vorhang fällt, die 1. Szene ist beendet.




2. Szene

Iphigenie befindet sich mit Tauris auf einem Waldweg, in angenehmer Ruhe, als Iphigenie zu zweifeln beginnt.

Iphigenie: „O Tauris, möchtest du von mir scheiden?
Ich spür mein Herz, spür es leiden.
Es scheint meiner Wörter Klang,
lieblichster, frisch verliebter Gesang,
dir nichts mehr bedeuten,
wenn du so eingenommen von fremden Leuten.
Gesteh mir Bedenkzeit zu,
tout ca est vraiment fou."
Tauris: „Neue Gesichter, neue Sprachen, neue Augen,
nichts mag jungen Männern mehr zwar taugen,
doch ist`s nicht der Reiz des Neuen,
laß mich sprechen, laß mich bereuen
es war eine Sekunde meines Lebens,
ein Stoß, der zum Glück vergebens
meines Schicksals in die Seite,
wehe, wenn ich meine Flügel bereite,
nur des Schicksals wegen,
denn so spielte Schicksal dann..."
Iphigenie: „...mein Degen.
Ja, ich verzeih, ich vergeb,
wie froh, wenn lebend ich dich erleb,
Schicksalskämpfer menschlicher Natur,
gebunden durch den Lebensschwur
an den Tod und an mich,
Tauris, auf immer: ich liebe dich!"

Sie umarmen sich, Tränen kullern ihre Wangen herunter.

Hanni und Nanni: „Schade."
( aus dem Hintergrund )

Da betritt der Autor die Bühne und entschuldigt sich:

„So hat die Moral doch verloren,
das Glück ward auserkoren,
rein und unbetrübt,
wie froh ich, wär ich auch verliebt!"



- E N D E -
 
L

label

Gast
hallo zettels traum

du tust deinem werk einen grösseren gefallen wenn du es nicht bei den gedichten plazierst.

ich finde die idee witzig auch die unterschiedlichen sprachebenen, kurzum, recht amüsant und gut gemacht.

nur hier erwartet leser (ich) eher kurze texte.
und dann entrollt sich das ganze lang und länger, wenn man nur auf häppchen eingestellt bin.

liebe grüsse
label
 



 
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