Traumdeutung?

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flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wirrer Traum ohne einleuchtende Deutung

Eine dickliche, ältere Frau geht zu einer bekannten Traumdeuterin und erzählt weitschweifig, was sie in finstrer Nacht geträumt hat:
Endlich habe ich eine günstige Anstellung gefunden. Ich soll in einem renommierten Hotel das gutgehende Restaurant betreuen. Fröhlich erhob ich mich aus den molligen Federn, wusch mich gründlich mit warmem und kaltem Wasser, zog mich passend an und ging pfeifend aus dem Haus. Auf der fast unbelebten Straße begegnete mir ein kleines Nachbarmädel in einem dünnen Mäntelchen. Sie hängte sich munter bei mir ein und stellte wissbegierig viele kindliche Fragen. Geduldig und ausführlich erklärte ich ihr alles.
Endlich kamen wir zu dem großen Hotel. Eine ungeduldige, rundliche, stark geschminkte Dame empfing uns schimpfend: „Sie kommen ja so spät, jetzt kann ich Sie nicht mehr richtig in Ihre Arbeit einweisen wie es nötig wäre, sehen Sie zu, was die anderen machen und tun Sie es ihnen fleißig und ordentlich gleich.“ Sie zog donnergleich von hinnen.
Die hübsche Kleine an meiner Seite wurde nun von allen Angestellten – ob jung oder alt - bewundernd angesehen. Sie hatte ihr dürftiges Mäntelchen ausgezogen und schillerte in einem zarten, duftigen, kurzärmeligen, silbrig schimmernden Kleidchen aus allerfeinster Seide. Es war mit etlichen Spitzenrüschen versehen. Ihr goldenes Haar fiel lang und sehr gefällig auf ihre schmalen Schultern und ihre hellen blauen Augen blitzten schelmisch. Dies Schelmische wirkte dämpfend auf ihre engelgleiche Erscheinung. Aber ich musste sie schnell nach Hause schicken, damit sie mich nicht bei der Arbeit störend behindert.
Sofort eilten die Frauen geschäftig durch den hohen Saal. Einige hatten graue Kleider an und trugen weiße Schürzchen, andere waren sehr adrett blau-weiß kariert gekleidet, andere in schlichtes taubenblau. Alle trugen schwarze Schuhe, die vorn spitz waren, aber hinten klobige Absätze hatten. Die blauweißen legten bunte Decken auf die Tische, darüber zogen sie mühsam zierlich geklöppelte Spitzendeckchen, die blauen stellten rote Kerzen, niedliche Pfeffer und Salz-Streuer, kristallene Aschenbecher und entzückende Blumengebinde auf die Tische, die grauen gingen langsam von Tisch zu Tisch, richteten alles geschmackvoll aus und zündeten geradezu feierlich die Kerzen an.
Ich sah an mir herunter, ergründend, zu welcher Kategorie ich gehöre. Da ich ein graues Kleid trug, hatte ich mich unbewusst auf die höchste Ebene der Dienerinnen gestellt. Also ging auch ich von Tisch zu Tisch – ein Feuerzeug habe ich wohlweißlich immer bei mir.
Schon eilten die willkommenen Gäste herbei, unter ihnen ein eherner Bischof mit prächtigem Gefolge. Die blauweißen stoben eilig in die Küche, die blauen in die oberen Etagen und die grauen hinaus zu ihren schmucken Autos. Mir dämmerte, daß sie einkaufen fahren. Ich hatte keine weiteren Anweisungen erhalten und fuhr nach Hause. Der Heimweg führte mich an der frisch angemalten Zoomauer vorbei und mir fiel ein, daß ich mutig am sonnigen Vortag mehrere übermütige Jugendliche daran gehindert hatte, einen Hirsch grausam zu quälen.
Ich hatte einen freien Nachmittag, warum also nicht noch einmal in den Zoo gehen? Entschlossen stieg ich aus der stinkenden Bahn. Ein dicker, stabiler Ast neigte sich über die gepflegte Straße. Auf ihm saß ein wunderliches Tier, halb Affe, halb Kuh und sah mich mit seinen großen, feuchten Augen an. Es sprang behände zu mir aufs steinige Pflaster, schmiegte sich zärtlich an mich und ging mit mir wie ein folgsamer Hund. Sein goldbraunes, lockiges Fell war kuschelig und weich, sein inniger Blick treu und ergeben. Ich war so benommen vor Glück, daß dieses seltene Tier so zutraulich war – wir waren schon weit weg vom Zoo, als ich wieder zu mir kam. Ich wollte das herrliche Tier nicht selbst zurückbringen, es hätte das als feigen Vertrauensbruch angesehen. Ich spähte suchend umher, ob nicht ein hilfreicher Polizist in der Nähe wär, aber es ließ sich keiner blicken. Einen vorübergehenden Passanten um sein Handy anzusprechen kam mir blöd vor, denn ein Notfall war ja nicht gegeben. Also nahm ich Lumpi, wie ich ihn nannte, mit nach Hause und lebte mit ihm glücklich und zufrieden bis an mein Lebensende. Und nun sagen Sie bitte, werte Traumdeuterin, was Sie davon halten.
Düsteres Schweigen erfüllte den Raum. Die Traumdeuterin ließ geheimnisvoll den Tabakrauch in einem blauen Kringel durch den Raum schweben, dann sagte sie mit ihrer kehligen Stimme: “Nun, das ist ja allerhand, was Sie da zusammengeträumt haben. Ich glaube, Sie lassen sich zu leicht von Frauen und anderen untergeordneten Wesen dominieren. Machen Sie sich frei von alledem, gehen Sie mal wieder an den FKK-Strand.“
 
S

Sansibar

Gast
hallo flammi,
zunächst: Ein klitzekleiner Rechtschreibfehler, Traumdeutung wird doch groß geschrieben.
Also, vielleicht deutet der Inhalt an, das du dir menschliche und tierische Gesellschaft wünscht? Vielleicht ein Kuscheltier: Hund Katz, Maus? Egal was, hauptsache kuschelig.
Lieben Gruß
Sansibar
 
P

paedag

Gast
danke, fürs mitnehmen...!

ja, flammi - finde ich toll von sansibar und bin einfach mal so vermessen - , danke für das mitnehmen in deiner phanthastischen erzählung!
das mädchen, ein eherner bischof und dann auch noch ein
oder zu gebrauchener hilfreicher polizist...
danke, flammi!
norbert
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
oh,

danke für euer interesse und die reaktion. ja, vor allem hatte ich spaß beim schreiben und hoffe, daß andere spaß beim lesen haben. der fehler ist mir unterlaufen, weil ich erstmal alles klein schreibe, sorry. ganz lieb grüßt
 



 
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