ursula lächelt

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blaustrumpf

Mitglied
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[ 6]ursula lächelt
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[ 6]längst ist ihr das ahnen
[ 6]zum schauen geworden
[ 6]und was sie weiß
[ 6]macht sie lächeln in milde
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[ 6]zwischen uns ragt
[ 6]flamme und dunst
[ 6]mehr als nur kerzen
[ 6]und abendgebet
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[ 6]ruhigen auges
[ 6]steht sie vor der welt
[ 6]deren taumeln
[ 6]dem meinen gleicht
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[ 6]das wissen der heiligen
[ 6]folgt ihnen nach
[ 6]wer im leben nicht glaubt
[ 6]lernt nichts von den toten
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Montgelas

Mitglied
die heilige ursula und tausend jungfrauen

liebe blaustrumpf,

es ist für mich immer eine besondere
intellektuelle und ästh. erfahrung
und herausforderung,wenn ein text
von dir in der lupe erscheint.

diese zeilen, die an den opfertod der hl. ursula,
an engländer und hunnen erinnern
und wo die ängstliche cordula mitgedacht werden muss,
korrespondiert für mich augenfällig
mit der aktuellen diskussion über opfer und täter.
am lächeln der heiligen ursula
gelingt es dir mit großer metaphorischer tiefe
dieser diskussion die wendung zu geben,
die über den tag hinaus bestand hat.

der name mag ein zufall sein,
ich las vorgestern gerade wieder einmal
" Zum Opfertod der Studentin Ursula Goetze"
eine schrift von werner krauss.
Ursula Goetze gehörte dem widerstandskreis
um Harro Schulze-Boysen und Arvid Harnack an,
ebenso wie Werner Krauss. sie war seine freundin.

Ursula Goetze wurde am 29.03.1916
in berlin geboren und am 5.8.1943 19.12. Uhr
in plötzensee hingerichtet.

nicht nur an diesem tag arbeitete
das fallbeil im dreiminutentakt !

durch das fallbeil
hingerichtet am 5.8. 1943:

Stanislaus Wesolek 19.00 Uhr
Emil Hübner 19.03 Uhr
Dr. Adam Kuckhoff 19.06 Uhr
Frieda Wesolek 19.09 Uhr
Ursula Goetze 19.12 Uhr
Maria Terwiel 19.15 Uhr
Oda Schottmüller 19.18. Uhr
Rose Schlösinger 19.21 Uhr
Hilde Coppi 19.24 Uhr
Klara Schabbel 19.27 Uhr
Else Imme 19.30 Uhr
Eva Maria Buch 19.33 Uhr
Annie Krauss 19.36 Uhr
Ingeborg Kummerow 19.39 Uhr
Cato Bontjes van Beek 19.42 Uhr
Liane Berkowitz 19.45 Uhr

ich komme auf deinen text zurück,
der mir menschen ins gedächtnis rief,
deren leben mich sehr bewegt,
und deren opfertod viel zu wenig bekannt ist.

herzlich

montgelas

p.s. über ahnen, schauen,
lächeln und milde,

und über
"wer im leben nicht glaubt
lernt nichts von den toten

später mehr !
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe blaustrumpf,

die Schlichtheit Deines Textes, die so Vieles durch die Zeilen hindurchschimmern lässt, spricht mich hier besonders an.
Die Gelassenheit,die aus dem Verstehen erwächst, ist geradezu identisch mit Deiner Sprechweise in diesem Gedicht, so dass hier niemand überzeugt werden muss von Deiner Aussage, sondern sie steht als sie selbst in Deinen Worten.

Die Flamme, das Feuer ist das Verbindende zwischen denen, die schon alles vollbracht und uns, die wir noch auf dem Wege sind. Am Feuer werden wir mit unseren Lebensprüfungen nicht vorbei kommen und es ist gut zu wissen, dass andere es geschafft haben, hindurch zu gehen.
Das ist es, was es von den Toten zu lernen gibt, diese Unerschrockenheit, dieses unausweichliche Hindrängen, dem zu folgen, was wir als Idee des Guten in uns erkannt haben, gleichviel welche Kosequenzen das zunächst für uns haben wird.

Dein Text spricht mir aus dem Herzen.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

Uschka

Mitglied
Hallo Blaustrumpf. Mir gefällt es sehr gut. Nicht nur, weil es meinen Vornamen trägt. Gibt nichts zu meckern:). Und ich schließe mich Vera Lenas Meinung voll an.
Herzlichst Uschka
 

Montgelas

Mitglied
liebe blaustrumpf

manchesmal in der kirche steht
man vor den heiligen bildern
fühlt sich - ü b e r l ä c h e l t -
von ihnen und ahnt, dass im ende ihnen
eine freiheit winkte, zu der mann/frau
heute keinen zugang hat.
die antwort auf die frage
-"soll der mensch sich für die wahrheit totschlagen lassen?"- ,
ein ja wird von der aufklärung strikt verneint,
erledigt sich oft dadurch von selbst,
dass bereits totgeschlagen wurde,
bevor eine antwort formuliert werden konnte.

dein dichter text wird mich noch lange beschäftigen.


herzlich

montgelas
 

Dorothea

Mitglied
Das Schöne ist wahr und schlicht

Hallo Blaustrumpf,

vieles ist schon gesagt worden über Deinen beeindruckenden Text, der auch mich berührt hat. Da muss ich mich nicht unbedingt auch noch profilieren, sondern sage schlicht Danke!
 
L

Lotte Werther

Gast
An blaustrumpf

Wenn jemand wie ich mit biblischen Legenden und ihren Heiligen nie Berührungsflächen hatte ...

Wenn dein Gedicht dennoch Saiten anschlägt in seiner Schlichtheit, jenseits der durch Titel suggerierten engen Grenzen des Glaubens ...

Dann war dein Ringen um einfachen und wahrhaften Ausdruck nicht umsonst.

Lotte Werther
 



 
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