verwirrt

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Rhea_Gift

Mitglied
verwirrt

die zeit - sie peitscht durch splitterräume
sie wellt sich - doch ich seh nur schäume
mein weg - ein labyrinth aus nacht
mein spiegel - täglich neu erdacht

wo ist der faden, der mich führt
der eine, der mein herz berührt
der muster webt in meine karte
die nicht mehr sagt, moment noch, warte - -

ich wünsch' mir google-psych herbei
wo find ich bloß mein zukunfts-ei
bei karmaville im facelook-zap
nen link für nächste-schritte-map
den routenplaner für mein leben
gehe rechts für weiter streben
geradeaus, da find'ste nix
auch links wird's nur ein Satz mit X -

mein weg - ein labyrinth aus nacht
mit glück mein traum bald noch erwacht
und splitter fügen sich zu räumen
die lange schon im blute schäumen

und im spiegel gleißt mein bild
das grinsend aus dem rahmen quillt
auf wellen reitend treibt's voran
wie immer schon - von anfang an.
 
H

Heidrun D.

Gast
Liebe Rhea,

als erstes fällt mir am Gedicht der Wechsel zwischen Alltags- und Schriftsprache auf. Das finde ich geradezu genial! So wird die spontane Unlust, der augenblicklich empfundene Weltenschmerz von Gedanken umschmiegt, die schon länger im Hirn kreisen, quasi ausformuliert sind. Super!!! Besonders der Ariadnefaden *schmelz.

Zudem bringst du durch den modernistischen Part (facebook und all das) der sich im Spontanteil tummelt, eine große Aktualität in den Text.

Es ist aber gleichwohl kein kalkulierter, herzferner Text. Im Gegenteil! Das Gefühl, des Verlustes, der Angst, immer und immer wieder bei 0 anfangen zu müssen, trotz der Erfahrungen, die inzwischen gemacht worden sind, kommt sehr anschaulich rüber.

Ein eindrucksvolles, mit Tintenblut geschriebener Gedicht.

Heidrun
 

Rhea_Gift

Mitglied
kurzer Sprung hier rein - herzlichen Dank für die anerkennenden Worte, liebe Heidrun :)
Ja, das is mal wieder so hier reingehackt, tatsächlich Tintenblut, keine Konstruktion - das werden oft die Besten... :)

LG und hoffentlich bald mal wieder mit mehr Zeit,

Rhea
 

presque_rien

Mitglied
Hi Rhea,

mir gefällt das Gedicht auch sehr gut! Obwohl ich gerade das konstruierte loben will ;)

Sehr schön, wie du Wörter und Bilder aus den ersten beiden Strophen in den letzten beiden aufgreifst, und die Bedeutung verkehrst --> vom Suchen nach einer Lösung zur Erkenntnis, dass die Lösung schon immer da war.

Und die mittlere Strophe ist köstlich... die hätte sogar ruhig noch länger sein können!

Ein paar Kritikpunkte hätte ich dennoch:
sie wellt sich - [red]doch[/red] ich seh nur schäume
Das "doch" erklärt sich mir hier nicht ganz...
nen link für[blue]s[/blue] nächste-schritte-map
klänge m.E. besser
gehe rechts für weiter streben
Diesen Vers finde ich metrisch und inhaltlich, und auch vom erzwungenen Reim her, etwas schwach... mir fällt aber leider im Moment nichts besseres ein... wenn du "leben" mit etwas anderem ersetzt vielleicht?
mit glück mein traum bald [red]noch[/red] erwacht
Hier ist das "noch" etwas bemüht. Vielleicht kannst du etwas in die Richtung "doch wenn / jedoch mein Traum zum Glück erwacht" machen - dann hättest du auch eine schöne Ambiguität bei "zum Glück"!
[strike]das[/strike] grinsend aus dem rahmen quillt
ich finde, ohne "das" hätte es mehr Pep, und würde den schönen Rhytmuswechsel in dieser letzten Strophe noch betonen

Meine Lieblingsstelle ist übrigens
geradeaus, da find'ste nix
auch links wird's nur ein Satz mit X
Ein Reimproblem clever gelöst :D

Und die zweite Strophe ist toll... und die dritte... und überhaupt!!

LG,
presque
 
Liebe Rhea,
ich schließe mich Heidrun an. So einen tollen Kommentar könnte ich gar nicht schreiben. Der Ariadnefaden gefällt mir auch besonders gut. Ihn braucht man einfach, um aus dem Labyrinth des Lebens herauszufinden.

Es grüßt dich
Marie-Luise
 

Rhea_Gift

Mitglied
Hallo und lieben Dank für die Auseinanderetzung und Freude am Text :)

Presque - ich habe deine Vorschläge überdacht, aber sie funktionieren entweder klanglich (für mein Ohr) oder inhaltlich nicht.

Logik welle - schäume:

Feststellung: Zeit wellt sich.
Wahrnehmung: ich seh nur Schäume - die Welle selbst sehe ich nicht.

fürs nächste-schritte-map - das klingt in meinem Ohr nicht so gut...

jedoch mein traum zum Glück... - ändert den Inhalt, würde ja sagen, dass er tatsächlich bald erwacht - das mit Glück... noch... betont die Hoffnung, dass es so sein könnte - muss aber nicht eintreten...
wenn ... verlangt ein "dann fügen splitter sich" - die wenn-dann-Schleife möchte ich aber ungern drin haben so betont

grinsend... quillt - dann fragt man sich - was quillt denn grinsend aus dem Bild?? Das "das" ist nötig (das bild quillt ja, relativisches "das" wird gebraucht)

mit leben - streben sehe ich kein Problem, finde es nicht unglücklich gewählt - soll inhaltlich so sein und reimt sich... vielleicht erscheint der Reim abgegriffen, da oft benutzt - aber er funktioniert genau so, wie er soll hier, und häufige Verwendung ist nichts, was mich abschreckt - hab genug anderes ja noch drin im Gedicht, was es nicht platt wirken lässt :)

Mariechen - thanx, freut mich, dass es dir gefällt :) Ich mag das Ariadne-Faden-Labyrinth-Bild sehr :)

LG, Rhea
 



 
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