@ Sandra
Danke für das Kompliment - und auch die Kritik. Ein Gedicht hat für zwei Aspekte, die ich beachte. Zum Einen muß der Inhalt eine Aussage haben, die aus der Verdichtung des Themas erwächst. Hier ist die Aussage klar: Auf der einen Seite die "Welt", die - obwohl wir uns ja sehr anstrengen, sie kaputt zu machen, sie weigert sich bisher standhaft, unserem Ansinnen Folge zu leisten -. Auf der anderen wir: Wir tanzen weiter auf dem Vulkan und sind selbstverliebt wie die Pfauen dabei.
Auf der anderen Seite die Endlichkeit der Tanzenden: Egal wie sie sich spreizen, "der letzte Schlag klickt". Das Glockenspiel klickt, wenn seine Vorspannung abgelaufen ist, dann macht das treibende Zahnrad "klick" oder "klack", und der Hammer schlägt das Glockenspiel nicht mehr an, weil ihm die Kraft dazu fehlt. In der doppelten Bedeutung Wortes "Schlag" verbirgt sich zusätzlich die Bedeutung "Hirn"-Schlag / "Herz"schlag. Und wer die Literatur und die Wortspiele "das Herz hämmert" und das Bild "mechanisches Uhrwerk" "schlagendes Herz" kennt, der weiß, wie sich hier der Kreis schließt. Nun ja, vielleicht war dieses Bild doch zu indirekt und zu komplex. Wer kann sich heute noch eine mechanische Uhr mit einem mechanischen, aufziehbaren Schlagwerk vorstellen. Hat ja fast keiner mehr im Haus.
Zum Anderen hat auch dieses Gedicht eine strenge Form. Es ist liedhaft und bricht die Reimtradition in den ersten beiden Versen auf, um mit ihr, dennoch wieder streng, zu spielen. Daher muß Bild und Sprache sich auch der Form anpassen, sich in sie schmiegen. Wobei im Gedicht selber das Holpern des Herzschlags zu spüren ist. Aber das, gut, das sehe ich, darauf muß man kommen. Am besten ist es eben doch, der Tradition folgend, die Gedichte laut vorzulesen, damit man alles hört und spürt, was der Dichter eingebaut hat.
@ Jongleur
Man muß meine Beiträge immer lakonisch-ironisch lesen. Nicht zuviel Moral hineininterpretieren. Es geht gar nicht um den erhobenen Zeigefinger. Es geht vielmehr, in der letzten Strophe, um den Widerspruch zwischen Endlichkeit und der eigenen Selbstverliebtheit, die uns Menschen qua Grundmuster eigen ist. Bewertungen überlasse ich bewußt dem Leser. Der soll, wenn er will, durch das Weiterspinnen des Gelesenen, Deine dargelegten Erkenntnisse haben oder auch nicht. Ich liefere auch keine Arbeitsanweisung, was denn nun ein gutes und richtiges Leben sei. Um Himmels willen, was würde ich mich armer kleiner Feierabenddichter da verheben.
Dein Vorschlag ist gut gemeint, die Bedenken sind wohl berechtigt. Soll aber das Formschema des Gedichts beibehalten werden, muß die letzte Strophe, die den Stein des Anstoßes gibt, weil ihr offensichtlich nicht gelingt, die Tiefe des verwandten Bildes ans Licht zu bringen, völlig neu formuliert werden. Da aber habe ich noch keine Lösung. Aber das wird ja vielleicht noch. Schließlich werden gute Texte eher selten in einem Wurf geboren.
Liebe Grüße und einen guten Rutsch wünscht Euch und allen Leselupenden
der W.